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Veranstaltungsberichte

Grenzübergreifende Umweltpolitik ist auch Friedenspolitik

Um sich über Perspektiven der Umweltpolitik im Nahen Osten zu informieren, traf sich am 11. Mai Landesministerin Tanja Gönner (Baden-Württemberg) im Rahmen ihres Israel-Aufenthalts mit Umweltexperten des Israeli-Palestinian Center for Research and Information (IPCRI).

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Das Treffen wurde vom Büro der Konrad-Adenauer-Stiftung in Jerusalem organisiert und fand im Konrad-Adenauer-Konferenzzentrum Mishkenot Sha’ananim statt. Themen waren unter anderem die wachsende Gefahr einer Wasserknappheit in der Region und die Perspektiven erneuerbarer Energien. Auch die aktuelle politische Lage wurde im Rahmen der Veranstaltung diskutiert.

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Landesministerin Gönner

Nach einer Begrüßung durch die KAS gab Ministerin Gönner zunächst einen Einblick in die Arbeit ihres Ministeriums und die Herausforderungen für die Umweltpolitik in Deutschland und Baden-Württemberg. Gönner wies auf die teils beachtlichen Erfolge im Bereich der Müllreduzierung, Wasserreinheit oder Luftverschmutzung hin: „Die Luftverschmutzung wurde seit 1980 deutlich reduziert, zum Teil bis zu 85%. Heute zeigen auch 80% unserer Flüsse entweder keine oder sehr geringe Verschmutzungsgrade”. Dies lasse sich durch verschiedene Handlungsansätze erklären: Zunächst werden heute klare rechtliche Vorgaben gemacht und Grenzen gesetzt. Von großem Wert für eine nachhaltige Umweltpolitik sei auch der Bürgeranteil. Außerdem, so Gönner, leiste die Wissenschaft ihren Anteil, um Innovation und saubere Technologien voranzutreiben.

Im Anschluss an den Vortrag der Ministerin stellte Dr. Gershon Baskin, Co-Vorsitzender von IPCRI, zur Situation in Israel und Palästina fest: „Die Umwelt und Umweltverschmutzung kennen keine Grenzen!” Er wies darauf hin, dass zwar politisch Grenzen geschaffen werden, man sich den Herausforderungen von Wassermangel und wachsender Trockenheit gemeinsam stellen müsse. Baskin wies unter anderem auf den sinkenden Meeresspiegel im Toten Meer von jährlich über einem Meter hin. In Bezug auf die rechtliche Lage in Israel stellte er klar, dass die Umweltgesetzgebung zwar sehr gut sei, viel aber letztendlich an der Durchsetzung scheitere. Er zeigte sich optimistisch, dass sich dies in Zukunft ändern könnte, da viele Kinder und Jugendliche mit einer ganz anderen Einstellung zum Umweltschutz aufwachsen. „Hier lernen die Eltern von ihren Kindern”, so Baskin. Um die politische Brisanz der Umweltpolitik zu verdeutlichen, hob er eine Wasserflasche aus Plastik vom Tisch hoch. „Mit diesem Wasser unterstützen wir ein Siedlungsprojekt. Dort wird es produziert und vermarktet!” Laut Baskin stellt der Wasserverbrauch der israelischen Siedlungen ein großes Problem für die Umwelt dar.

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Mitte v.l.n.r.: KAS-Auslandsbüroleiter Dr. Lars Hänsel und Felix Dane

Hanna Siniora, der zweite Vorsitzende von IPCRI, wies auf Wassermangel infolge wachsender Bevölkerung hin. Der Wassermangel im Jordan sei ein enormes Problem. Man müsse verhindern, dass der Fluss zu einem Rinnsal werde. Dies wurde auch von Rafael Benvenisti, einem weiteren IPCRI-Experten, bestätigt. Es gebe einen Mangel an Bereitschaft auf allen Seiten, die Probleme konsequent anzugehen. Benvenitsi erläuterte auch die Problematik um das Tote Meer näher: Unter anderem gebe es verschiedene Ansätze, um dem Wasserverlust zu begegnen. Er erläuterte unter anderem ein Pipelineprojekt, das Wasser von Rotem Meer oder Mittelmeer zum tiefsten Punkt der Erde befördern könnte. Mit internationaler Unterstützung laufen bereits Pilotprojekte, um die folgen einer solchen Pipeleine für die Umwelt zu untersuchen, die bei einer Mischung von Wasser mit so unterschiedlichem Salzgehalt zu testen.

Einem andern Thema wandte sich Robin Twite, der Direktor des Umwelt- und Wasserprogramms von IPCRI, zu. Er sprach zum Thema Energieverbrauch und erneuerbare Technologien. Schon einmal, so Twite mit einem Augenzwinkern, habe man versucht, in Jerusalem die Windkraft zu nutzen. Er deutete auf die alte Windmühle oberhalb des Konferenzzentrums. Damals jedoch stand weniger die Energiegewinnung als vielmehr das Bewegen der Mühlsteine im Vordergrund. Die Nutzung erneuerbarer Energien war auch das zentrale Thema im Beitrag von Azzam Shawwa. Neben Projekten zur Energiegewinnung durch Windkraft gewinne auch Geothermie an Bedeutung für den israelischen Energiehaushalt. Hier komme es jedoch auf technische Innovationen in Zukunft an, um die Technologie massentauglich und kostengünstig zu gestalten.

Das letzte Thema auf der Tagesordnung war die derzeitige politische Situation. Gershon Baskin erläuterte unter anderem Probleme, die den derzeitigen Friedensprozess überschatten. Für ihn sei das Engagement von US-Präsident Obama zwar lobenswert, jedoch konzeptionell nicht stabil. Dies sei auch ein Grund dafür, dass der US-Sondergesandte Mitchell zwar innerhalb von zwei Wochen nach Obamas Amtsantritt in der Region gewesen sei. Mitchell sei jedoch in eine „Falle” der Israelis und Palästinenser getappt. „Man verhandelt nun über Verhandlungen und nicht über Inhalte”, so Baskin. Dies sei nicht hinnehmbar. Mit Blick auf die aktuellen indirekten Friedensgespräche brachte Baskin das Beispiel der Gespräche von Camp David in den 1970er Jahren, um die Erfolgsaussichten darzustellen. Immerhin hätten Israel und Ägypten damals auch nicht direkt miteinander verhandelt.

Zwar stünden in Europa und den USA derzeit andere Themen im Fokus der Tagespolitik, etwa die Gesundheitsreform in Amerika oder die europäische Finanzkrise, doch die Entwicklungen im Nahen Osten blieben deshalb nicht stehen. „Es könnte sein”, deutete Baskin die derzeitige Entwicklung, „dass Europa sich in etwas mehr als einem Jahr damit konfrontiert sieht, einen palästinensischen Staat anzuerkennen.”

Dominik Vorholt

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