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Veranstaltungsberichte

Religion und Politik - Glaube in Zeiten des Aufruhrs

von Eva Keeren Caro
Vom 26. bis 30. Juni diskutierten 50 junge jüdische und katholische Führungskräfte in Jerusalem über ihren Glauben, das Wechselspiel zwischen Religion und Politik sowie über Berührungspunkte zwischen Judentum und katholischer Kirche. Mitveranstaltet wurde das dreitägige Seminar von der Pontifical Commission for Religious Relations with the Jews und dem International Jewish Committee for Interreligious Consultations (IJCIC).

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Es war die vierte "Emerging Leaders Conference" unter der Ägide der Vatikanischen Kommission und des IJCIC, jedoch die erste der in zweijährigen Abständen stattfindenden Reihe in Israel. Im Jahr 2014 unterstützte die KAS das Projekt bereits bei der dritten Tagung in Berlin. Die jeweils 25 jungen christlichen und jüdischen Gläubigen, Kleriker und Rabbiner engagieren sich in ihren Heimatgemeinden für interreligiösen Dialog und reisten aus sämtlichen Teilen der Welt nach Jerusalem an - selbst ein Teilnehmer aus Lateinamerika nahm den weiten Weg ins Heilige Land auf sich.

Am Montagmorgen (27.6.) eröffneten Rabbi Daniel Polish und Pater Norbert Hofmann das inhaltliche Programm mit einem Vortrag über die Erklärung „Nostra Aetate“, welche einen Wendepunkt in Hinblick auf die öffentliche Haltung der katholischen Kirche gegenüber dem jüdischen Volk darstellte. Mit der 1965 durch das 2. Vatikanische Konzil veröffentlichten Erklärung habe sich der Vatikan zum ersten Mal zu seiner Verantwortung zur Aufarbeitung der Shoah bekannt und sich zur Anerkennung Israels als Heimat des jüdischen Volkes bekannt, so Polish. Mit Verweis auf das Zitat von Papst Franziskus Christen aus dem Jahr 2013 fügte Hofmann hinzu, ein Christ könne aus verschiedenen Gründen keine judenfeindliche Haltung haben: Zum einen sei Jesus als Jude geboren und als Jude gestorben, zum anderen basiere die christliche Religion auf der jüdischen. Der Dialog mit Juden sei „aus theologischen Gründen“ eine „Verpflichtung“ für alle Christen.

Am Nachmittag wurden die Teilnehmer bei einer Führung durch die Altstadt von Jerusalem mit zentralen Stätten der beiden Weltreligionen bekannt gemacht. Zudem stand ein Gespräch mit Pater Nikodemus Schnabel in der Dormitio-Abtei auf dem Programm, in welchem der Abteisprecher auch zu den Schwierigkeiten im Zusammeneben der Religionen auf dem Zionsberg und die damit verbundenen Angriffe auf die Abtei referierte. Im Anschluss daran begrüßten Dr. Michael Borchard und die Co-Organisatoren die Gäste im Rahmen eines Begrüßungsessens und wünschten anregende Diskussionen. Oft werde behauptet, Religion sei die Ursache vieler aktueller Konflikte, so Borchard. Aus seiner Sicht könne sie jedoch Teil der Lösung sein.

Der zweite Programmtag wurde mit einem Vortrag der Co-Leiterin des langjährigen KAS-Partners Search for Common Ground Jerusalem, Sharon Rosen, eröffnet. Hierin ging sie auf die Projekte der Organisation in Israel ein, welche auf ein friedlicheres Zusammenleben der Konfessionen vor allem im Umfeld von heiligen Stätten hinwirken. Unter anderem stellte sie ein Dialogprojekt für Bewohner des Zionsbergs verschiedenster Konfessionen vor, in dessen Rahmen sich die Akteure miteinander direkt austauschen und dadurch Missverständnisse und Interessenskonflikte vermeiden. Sie berichtete zudem von der neu geschaffenen freiwilligen Patrouille von Zivilisten auf dem Zionsberg, welche zu einem Mehr an Stabilität vor Ort beigetragen habe. Auch biete SfCG Seminare für an heiligen Stätten tätige Polizisten an, um diese für religiöse Besonderheiten anderer Konfessionen zu sensibilisieren, so Rosen.

Daran anschließend diskutierten die Teilnehmer, inspiriert durch Impulse der Teilnehmer Rebecca Cohen, Evan Miller und Matthew Fox, in Kleingruppen über die Bedeutung von Religionsfreiheit und dessen Implikationen in ihren jeweiligen Herkunftsländern. Die Ergebnisse wurden im Anschluss durch Moderatoren vor der gesamten Gruppe präsentiert und debattiert.

Am Nachmittag wurde die Delegation durch den stellvertretenden Knesset-Sprecher MK Hilik Bar im israelischen Parlament empfangen. Bar Ging zunächst vor allem die Situation von Christen in Israel, aber auch im Allgemeinen auf die Rechte von Minderheiten ein. Er arbeite an einem Gesetzesentwurf zur Änderung des rechtlichen Status von Christen hin zu einer religiösen Minderheit. Derzeit sind diese lediglich als religiöse Gruppe anerkannt und genießen daher nicht dieselben Privilegien wie z.B. Drusen. Dem Gespräch folgte eine Führung durch die Knesset mitsamt ausführlicher Einführung in das israelische Parlamentssystem.

Der dritte und letzte Programmtag begann mit einer regen Podiumsdiskussion unter Mitwirkung von Pater David Neuhaus (Lateinisches Patriarchat, Jerusalem) und Rabbi David Nekrutman (Jewish-Christian relations & Bible study center, CJCUC) zum Thema Schutz von religiösen Minderheiten. Unter anderem betonte Pater Neuhaus in diesem Zusammenhang, dass es an den Christen in Israel sei, das Jahrhunderte andauernde Leiden und daraus resultierende Trauma der Juden zu verstehen und anzuerkennen. Aus diesem Trauma resultiere eine differenzierte Herangehensweise an den Schutz religiöser Minderheiten im eigenen Land. Er selbst lehre über das Judentum an palästinensischen Institutionen.

In Arbeitsgruppen wurde anschließend zu den Themen „Transforming Religious Conflicts“, „Religious Leaders as Peace-builders” sowie „Most pressing global conflicts” diskutiert und die Ergebnisse im großen Kreis vorgestellt. Am Nachmittag referierten Edy Schopping (Fokolare Movement) und Noam Marans (AJC) über die Bedeutung der heiligen Stadt Jerusalem für Christen und Juden.

Zum Abschluss des dreitägigen Seminars lud die KAS Israel zum Farewell Dinner in die Jerusalemer Büroräume. Hier bedankten sich die Organisatoren bei Teilnehmern und Mitwirkenden für die aktive Mitarbeit und resümierten, dass auch die vierte Emerging Leaders-Konferenz ein voller Erfolg für die Verständigung unter jungen Katholiken und Juden gewesen ist.

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