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Symposium

Auf dem Weg zum Menschen

Facetten europäischer Kultur - Etappen einer teleologischen Anthropologie

Bei der gemeinsam mit der Universität Gregoriana organisierten Veranstaltung "Auf dem Weg zum Menschen" handelt es sich um die erste von drei Tagungen, die sich mit der Entfaltung des europäischen Menschenbildes befassen.

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Details

Die Tagungen werden in den drei europäischen Kulturkreisen des Ersten, des Zweiten (Byzanz) und des Dritten Roms (Moskau) stattfinden. Da es bislang eine entsprechende wissenschaftliche Forschung nur in Ansätzen gibt, betreten wir mit dieser Veranstaltung Neuland.

Programm:

13. Oktober 2010

9:30 - 10:00 Uhr

Grußwort: P. François-Xavier Dumortier, Direktor der Gregoriana, und Wilhelm Staudacher, Direktor Repräsentanz der Konrad-Adenauer-Stiftung in Rom, Staatssekretär a.D.

Einführung: Christoph Böhr, Politikwissenschaftler, Gründungsvorsitzender der Wertekommission der CDU Deutschlands

10.00 – 12.00 Uhr

Eröffnungsvortrag: Prof. Dr. Remi Brague, Romano-Guardini-Lehrstuhl für Philosophie der Religionen Europas an der Universität München: Die heutigen Schwierigkeiten des ‚Humanismus‘ – Selbstverhältnis, Selbstvergewisserung und Selbstverständnis des Menschen

13.00 – 15.45 Uhr

Teil 1:

- Prof. Dr. Jean-Louis Ska, Pontificio Istituto Biblico, Rom: Geschaffen nach Gottes Bild und Gleichnis: Der Mensch und seine Würde in biblischer Deutung

- Prof. Dr. Micha Brumlik, Professor am Institut für Allgemeine Erziehungswissenschaft der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main: Die rabbinische Heiligung des Menschen. Jüdische Wurzeln des europäischen Begriffs menschlicher Würde

- Prof. em. Fredrick Brenk SJ, Professor für Geschichte der Griechischen Philosophie in Beziehung zum Neuen Testament: Die griechische Philosophie und ihr Einfluss auf das christliche Dogma

16.15 – 19.15 Uhr

Teil 2:

- Prof. Dr. Dr. Norbert Hinske, Professor für Philosophie an der Universität von Trier: An den Grenzen unseres Wissens: Zur Deutung der Beziehung zwischen Mensch und Gott aus dem Blickwinkel des Gebetes - eine antike Quelle der christlichen und modernen Welt.

- Prof. Dr. Hans-Dieter Spengler, Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Römisches Recht und Antike Rechtsgeschichte an der Universität Erlangen-Nürnberg: Die Frage nach dem Menschen und die Antwort der römischen Gesellschaft: Der Mensch unter dem Recht

- Prof. Dr. Kevin Flannery SJ, Professor für Philosophie an der Päpstlichen Universität Gregoriana, Rom: Ratio und Dignitas: Thomas von Aquin über den Menschen

14. Oktober 2010

9.15 – 10.30 Uhr

Teil 1: Prof. Dr. Antonio Loprieno, Rektor der Universität Basel: Wo alles seinen Anfang nahm: Gott und Mensch in der Kultur des alten Ägypten – Umrisse eines Menschenbildes

11.00 – 13.00 Uhr

Teil 2:

- Prof. Dr. Theo Kobusch, Professor für Philosophie des Mittelalters, Universität Bonn: Die Entdeckung des Willens. Der Beitrag der Philosophie zur Frage nach der Würde des Menschen

- Prof. Dr. Felix Körner SJ, Dekan der Missionswissenschaftlichen Fakultät und Leiter des Instituts für interdisziplinäre Studien zu Religion und Kultur, Päpstliche Universität Gregoriana, Rom: Umrisse eines Gottes- und Menschenbildes in frühen islamischen Quellen

14.30 - 16.00 Uhr

Teil 3:

- Prof. Dr. Adnane Mokrani, Dozent am Institut für interdisziplinäre Studien zu Religion und Kultur, Päpstliche Universität Gregoriana, Rom: Anthropologie im Islam: Die Frage nach dem Menschen in der islamischen Philosophie und Theologie

- Prof. Dr. Markus Krienke, Professor für Christliche Sozialethik an der Universität Lugano: Conscientia – Selbstverhältnis und Selbstverständnis des Menschen: Das forum internum als Ort der Bestimmung des Menschen in der Form seiner Vergewisserung

16:30 – 17.45 Uhr

- Prof. Dr. Dario Antiseri, Lehrstuhl für sozialwissenschaftliche Methodologie, Universität LUISS, Rom: Vernunft und Glaube: Denken an den Grenzen unseres Wissens – zu einer Signatur der europäischen Philosophie

18.00 Uhr

Schlusswort: Wilhelm Staudacher, Direktor Repräsentanz der Konrad-Adenauer-Stiftung in Rom, Staatssekretär a.D.

Einleitung in das Thema:

Von ihren Ursprüngen an war die europäische Kultur der Frage nach dem Menschen auf der Spur. So versteht sie sich, von Anfang an, als Suche nach dem Menschen, seinem Selbstverständnis und den Bedingungen seiner Bestimmung. Dabei waren die „Europäer“ offen für Einflüsse anderer, fremder Kulturen, ohne dabei jedoch die Bildung eines eigenen, gemeinschaftsstiftenden Selbstbewußtseins zu vernachlässigen.

Das, was heute als europäische Identität gelten kann, hat sich in einer bis heute nicht abgeschlossenen Entwicklung über die Jahrtausende entfaltet – bis in unsere Gegenwart, der Wende vom 20. zum 21. Jahrhundert. Heute findet die Frage nach der Identität europäischer Kultur – gleichbedeutend mit der Frage nach der europäischen Anthropologie – ihre Beantwortung vor allem im Begriff der Würde des Menschen, die näherhin bestimmt wird als eine unantastbare und unverletzliche Würde. In diesem Begriff sammelt sich, wie in einem Brennglas, die lange europäische Reflexion über die conditio humana. In den letzten beiden Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts hat dieser Begriff – und die mit ihm verbundene Antwort auf die Frage, wie der Mensch sich selbst versteht – Eingang gefunden in viele europäische Verfassungsordnungen. Von ihm her werden heute in der Rechtsprechung nahezu alle Streitfragen entschieden.

Nicht nur die Tatsache, daß dieser Begriff, wie wir ihn heute verstehen, verfassungsgeschichtlich noch jung und wenig eingebürgert ist, führt dazu, daß seine Deutung zu den heftigsten Auseinandersetzungen führt: Spiegelt dieser Begriff den Anspruch des Unbedingten, oder ist auch er Bedingungen unterworfen, die seine Bedeutung eingrenzen und einschränken? Die Auseinandersetzung über diese, für das Verständnis der Ordnung gesellschaftlichen Zusammenlebens so entscheidenden Frage, hat gerade erst begonnen.

Beredten Ausdruck findet dieser Streit in aktuellen politischen und juridischen Auseinandersetzungen – beispielsweise der Bioethik. Aber auch das jüngste Urteil der Strassburger Richter des Europäischen Menschenrechtsgerichtshofes zu der Frage, ob der Staat befugt ist, das Kreuz als nicht nur religiöses, sondern auch kulturelles Symbol für sich zu beanspruchen, läßt sich nicht loslösen von der Anthropologie, wie sie dem Verfassungsstaat vorgeordnet ist. Jede politische, soziale und ökonomische Ordnung ruht auf einem Menschenbild. Es gibt also Gründe genug, sich dieses Menschenbildes zu vergewissern, indem wir es uns von seinen Quellen her vergegenwärtigen. Nur so, in der Bestimmung dessen, was uns Europäern zu einer Gemeinsamkeit geworden ist, läßt sich die Grundentscheidung beschreiben, die dem Zusammenleben der Menschen in Europa Form und Gestalt geben kann.

Wenn heute Jurisdiktion und Politik über diese Frage in einen heftigen Streit geraten sind, dann kann das nicht verwundern: Denn es geht um eine geschichtliche Aufgabe, nach der neu erlangten europäischen Einheit jetzt zu bestimmen, was in Europa das Gemeinsame bei aller Vielfalt unserer kulturellen Strömungen ausmacht. Dieser gemeinsame und gemeinschaftliche Bezugspunkt läßt sich nur in einer Selbstverständigung über die Frage nach dem Menschen finden – als Kern der europäischen Kultur von ihren Anfängen her. Zu eben diesem Ziel will die Wissenschaftliche Tagung über das antike Erbe und die christliche Prägung der europäischen Anthropologie beitragen – im Blick auf die zeitgenössische Aufgabe der Neubestimmung der Ordnung unseres Zusammenlebens, die umso dringlicher – und schwieriger – ist, als die totalitären Ideologien des 20. Jahrhunderts in Europa nicht nur moralische und ökonomische Deformationen, sondern auch Verwüstungen im Denken hinterlassen haben. Wenn Europa sich seiner selbst wieder gewiß werden will, wird es den Aufbau seiner neuen Ordnung dort beginnen müssen, wo Europäer immer den letzten Bezugspunkt ihres Denkens gesehen haben: in der Frage nach dem Menschen und im Blick auf die Quellen, aus denen eine Beantwortung dieser Frage schöpft.

Die Feststellung der unantastbaren Würde des Menschen, wie sie im ersten Satz der deutschen Verfassung dieser gleichsam als Überschrift vorangestellt wird, ruht auf anthropologischen Voraussetzungen, über die in einer freiheitlichen Gesellschaft immer gestritten wird. Diesen Streit fruchtbringend auszutragen, kann jedoch nur gelingen, wenn die Gesellschaft ihr Recht auf Selbstbestimmung wahrnimmt: im Wissen, woher sie kommt, und im Gespräch über das Ziel, wohin sie will. Dieses Ziel findet sich am Ende in nichts anderem als in der Antwort auf die Frage, wie Menschen sich selbst verstehen, wie sie zu leben beabsichtigen und wie sie ihr Zusammenleben gestalten wollen. Nach 1989 ist diese Grundfrage für uns Europäer neu auf die Tagesordnung gesetzt.

Beantworten können wir diese Grundfrage nur, wenn wir uns klar machen, wo die wichtigsten Bezugspunkte einer Antwort liegen: im Denken der Europäer, wie es sich in rund drei Jahrtausenden entwickelt hat: dem Denken über den Menschen, sein Selbstverständnis und seine Stellung in der Welt. Dabei sollen die drei europäischen Kulturkreise in den Blick genommen werden, die sich selbst als das Erste, das Zweite und das Dritte Rom verstanden haben (und bis heute verstehen): Rom, Byzanz und Moskau – drei Facetten kultureller Prägung eines übergreifenden, allen gemeinsamen Menschenbildes: eben des europäischen.

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Veranstaltungsort

Päpstliche Universität Gregoriana, Piazza della Pilotta, 4

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