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Veranstaltungsberichte

Migration: Italien fordert mehr Engagement in den Herkunftsländern

von Patricia Liberatore

EXPERTENGESPRÄCHE MIT MARIAN WENDT MDB

Marian Wendt, MdB hielt sich vom 14. bis 15. September 2016 im Rahmen einer Informations- und Gesprächspreise in Rom auf. Der Schwerpunkt lag dabei auf den Themen Migration und Integration, sowie der aktuellen innenpolitischenLage Italiens. Marian Wendt nutzte die Gelegenheit, um das neue deutsche Integrationsgesetz im Rahmen eines Audits innerhalb des Verfassungsausschuss der italienischen Abgeordnetenkammer zu diskutieren. Darüber hinaus knüpfte Wendt u.a. an Gespräche an, die bereits im vergangenen September aufgenommen wurden.

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Im Rahmen seines zweitägigen Aufenthalts traf Wendt Repräsentanten aus dem italienischen Parlament, aus Ministerien sowie Experten.

Außengrenzen unter Kontrolle

Während Italien insbesondere bei der Erstregistrierung und Unterbringung von ankommenden Flüchtlingen vor einem Jahr noch Lücken aufzuweisen hatte, sei die Situation mittlerweile deutlich verbessert, so die übereinstimmende Aussage der einzelnen Gesprächspartner. Eine Verbesserung der Lage sei auch auf die Einrichtung der Hotspots zurückzuführen. Die Hot-Spots sind Zentren, die speziell für die Aufnahme, Registrierung und Abschiebung vorgesehen sind. Dank dem digitalen Fingerabdrucksystem sei in Italien mittlerweile eine Registrierungsquote von 95% aufzuweisen, so hieß es weiter. Bezüglich der Migrationsströme bestünde zudem kein Grund für Panik: Was die Zahlen der Flüchtlinge betreffe, seien diese gegenüber dem letzten Jahr nicht wesentlich angestiegen (Letztes Jahr 122.000 und in diesem Jahr 129.000 Ankömmlinge). Damit wurde bestätigt, dass es trotz der nahezu nicht mehr existierenden Balkanroute nach März 2016 keine signifikante Erhöhung der Mittelmeer-Route zu verzeichnen sei.

Italien - Pioniere in Subsahara-Staaten

Neben der verbesserten Aufnahmesituation der Flüchtlinge bemüht sich Italien derzeit um ein umfassendes strategisches Konzept in den Herkunftsländern, das den EU-Partnern unter dem Namen „Migration Compact“ vorgelegt wurde. Von italienischer Seite gibt es bereits Initiativen für weitere bilaterale Rückführungsabkommen in Herkunftsländern der Subsahara (Sudan, Niger, Senegal etc.). Italien setze damit eine wichtige Signalwirkung – wenn auch in kleinen Schritten, so die Meinung einzelner Gesprächspartner. Darüber hinaus sei die physische Präsenz in diesen Ländern wichtig. Ein Anfang sei das von Italien initiierte Projekt zum Aufbau eines Ausbildungszentrums in Niger, bei dem man sich unter anderem eine gute Kooperation mit Deutschland vorstellen könne.

Ausbaufähiges Integrationssystem

Auf großes Interesse stoß bei den italienischen Gesprächspartnern das neue deutsche Integrationsgesetz. MdB Wendt präsentierte die Grundsätze und angestrebten Ziele im Rahmen einer Audit-Sitzung im Verfassungsausschuss der Italienischen Abgeordnetenkammer. Das neue Gesetz stehe ganz im Sinne des Grundsatzes „Fördern und Fordern“ so Wendt, und sehe insbesondere mehr Ausbildungs- und Arbeitsmöglichkeiten aber gleichzeitig auch Pflichten für Asylsuchende vor. Trotz des als Best-Practice bekannten italienischen Integrationsmodells der sogenannten SPRAR (einem System das auf die freiwillige Partizipation italienischer Kommunen setzt), stehe vor allem die langfristige Integration von Asylempfängern in Italien noch vor einer großen politischen als auch gesellschaftlichen Herausforderung.

Maßnahmen gegen Terrorismus

Gegenüber der Gefahr islamistischer Radikalisierung arbeitet das italienische Parlament derzeit an einem Gesetz zur Deradikalisierung. Dieses sieht u.a. verstärkte Kontrollen der in Italien tätigen Imame sowie Präventionsprojekte mittels sozialer Medien vor, so ein italienischer Parlamentarier, der an der Ausarbeitung des Gesetzes beteiligt ist. Dabei wurde betont, dass mit den Maßnahmen versucht werden müsse, stärker in die Gesellschaft hineinzuwirken.

Anstehendes Verfassungsreferendum

Innenpolitisch befindet sich Italien derzeit im Vorfeld eines anstehenden Verfassungsreferendums, das den politischen Alltag beherrscht und sowohl die politischen Parteien als auch die Bevölkerung im Land zu spalten scheint. Während Matteo Renzi den Ausgang des Referendums zu Beginn noch an sein politisches Amt geknüpft hatte, ist er mittlerweile – aufgrund der zunehmenden Kritik an einer Politisierung des Verfassungsreferendums- davon abgekommen. Kritisiert wird insbesondere von der Opposition, der Versuch der Regierung, mit dem Referendum von den tatsächlichen Problemen wie Wirtschaftskrise, Steuerbelastung und Korruption abzulenken.

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