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Veranstaltungsberichte

KAS AMMAN auf dem World Congress for Middle Eastern Studies (WOCMES)

Event: Internationale Konferenz Datum/Ort: 19 – 24. Juli, Universitat Autònoma de Barcelona/Institut Europeu de la Mediterrània, Barcelona, Spanien.Konzept: Dr. Martin Beck Organisation: KAS Amman Office

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Mittwoch, 21. August 2010

PD Dr. Martin Beck - Leiter des Auslandsbüros, Konrad-Adenauer-Stiftung, Amman Jordanien

Thomas Birringer - Leiter des Auslandsbüros, Konrad-Adenauer-Stiftung, Abu Dhabi – VAE

Heba Negm - Zweiter Sekretär, Botschaft und Ständige Vertretung Ägypten, Wien - Österreich

Dr. Christian Koch - Direktor für Internationale StudienGulf Research Center, Dubai - VAE

Prof. Dr. Carlo Masala - Universität der Bundeswehr MünchenInstitut für Politikwissenschaft, Professur für Internationale Politik

Dr. Yasar Qatarneh - Direktor, Third Way Institute, Amman - Jordanien

1. Überblick

Der WOCMES-Kongress (World Congress for Middle Eastern Studies) ist eine der wichtigsten internationalen akademischen Konferenzen über Studien des Nahen Ostens, die nur alle vier Jahre stattfindet. Der KAS Amman, die durch den Leiter des Auslandsbüros Abu Dhabi, Thomas Birringer, unterstützt wurde, bot sich durch die Teilnahme an dem Kongress die Gelegenheit, ihre Arbeit einem sachkundigen und einflussreichen Publikum aus dem Nahen Osten, Europa sowie den USA vorzustellen und ihr Netzwerk mit der akademischen Welt und den Medien auszubauen. Die KAS Amman, die durch den Leiter des Auslandsbüros Jordanien, PD Dr. Martin Beck, und die wissenschaftliche Mitarbeiterin Léa Collet vertreten wurde, präsentierte ihre Arbeit an einem Informations- und Buchstand auf der Buchmesse des WOCMES. Darüber hinaus organisierte die KAS Amman ein Panel zum Thema “The Multi-Level Facet of Middle Eastern Security”. Im Rahmen eines Panels über “(No) Regional Power in the Middle East” stellte Martin Beck außerdem ein Papier über “The Concept of Regional Power as Applied to the Middle East” vor. Martin Beck fungierte ebenfalls als Kommentator im Panel „Rethinking the Mediterranean: New Perspectives on Interaction between ‘Us’ and ‘Them’”.

Die Mitarbeiter der KAS, die durch den deutschen Professor für Internationale Beziehungen, Dr. Carlo Masala, unterstützt wurden, führten viele informative und beratende Gespräche mit den Teilnehmern der Konferenz. Darüber hinaus trafen Dr. Martin Beck and Thomas Birringer den Chefberater des Generalsekretariats der neu gegründeten Union für das Mittelmeer, Herrn Kamal El-Mahdaoui.

2. Ablauf

Vier Wissenschaftler aus dem Nahen Osten und Deutschland nahmen an dem Panel der KAS auf dem WOCMES teil: Dr. Carlo Masala (Universität der Bundeswehr München, Deutschland), Heba Negm (London School of Economics, London, Vereinigtes Königreich), Dr. Yasar Qatarneh (Third Way Institute, Amman, Jordanien) and Dr. Christian Koch (Gulf Research Center, Dubai, Vereinigte Arabische Emirate). Dr. Martin Beck übernahm den Vorsitz des Panels, während Thomas Birringer als Diskutant fungierte. Ausgangspunkt des Panels bildete die These, dass Wissenschaftler bei einer Analyse der regionalen Sicherheit im Nahen Osten insbesondere die zwischenstaatlichen Verhältnisse und die US-amerikanische Einmischung in der Region hervorheben würden. Zweifellos lassen sich aus den Analysen, die den Nahen Osten als ein von Au-ßen durchdrungenes Staatensystem verstehen, wichtige Schlüsse ziehen. Gleichwohl gewinnen andere Akteure seit den 1980er Jahren an Bedeutung im Nahen Osten - sowohl auf der staatlichen wie auf der nichtstaatlichen Ebene. Die Referenten des KAS-Panels befassten sich zunächst mit den Grenzen der Einflussnahme regionaler Staaten im Nahen Osten und diskutierten anschließend die Frage, ob und auf welche Weise regionale Organisationen und bewaffnete nichtstaatliche Akteure eine Chance bzw. Gefahr für die Sicherheitspolitik des Nahen Ostens darstellen. Das Panel wurde mit einem theoretischen Beitrag eröffnet und anschließend stellten die Referenten drei praktische Fallbeispiele vor.

Im Rahmen der theoretischen Analyse wurde das Konzept der Region vorgestellt, dem in den letzten Jahren zunehmende akademische Aufmerksamkeit geschenkt wird. Dabei standen die verschiedenen Ebenen der Sicherheitspolitik und ihr Zusammenspiel im Mittelpunkt der Debatte. Die erste Fallstudie bezog sich auf einen Staat, der noch in den 1960er Jahren eine Regionalmacht war, sich allerdings heute den Grenzen der Gestaltung der regionalen Verhältnisse gegenübersieht: Ägypten. Die zweite und dritte Fallstudie befassten sich mit Analysen von bedeutenden subregionalen Akteuren und regionalen Organisationen: der Hamas sowie dem Gulf Cooperation Council.

Dr. Carlo Masala präsentierte ein Arbeitspapier mit dem Titel “The Concept of Regionalism in Security Studies”. Die Arbeit gibt über einen wachsenden Trend in der Sicherheitspolitik auf globaler Ebene Aufschluss. Immer mehr Staaten vereinigten ihr Leistungsvermögen, um Vereinbarungen über regionale Sicherheitskooperationen zu treffen. Diese Vereinbarungen blieben häufig weit hinter einer Allianzbildung zurück. Die existierende Literatur über Annäherungen hin zu regionalen Sicherheitskooperationen erkläre dieses Phänomen entweder in einem traditionell realistischen / neorealistischen Sinn — wobei hier vernachlässigt wird, dass regionale Sicherheitsvereinbarungen von klassischen Allianzen zu unterscheiden seien — oder in einer konstruktivistischen Weise, die allerdings durch eine übermäßige Betonung gemeinsam geteilter Normen und Werte die zur Schaffung von regionalen Sicherheitsvereinbarungen konstituierend wirkende Bedrohungs- und Machtdimension vernachlässige. In seiner Präsentation zielte Dr. Carlo Masala darauf ab, die beiden Betrachtungsweisen durch die Verwendung des Ansatzes des ‘analytical eclecticism’ von Katzenstein und Silk, d.h. den Gebrauch rationaler und reflexiver Argumente, zu kombinieren, um den beobachtbaren Regionalismus in der Sicherheitspolitik im Nahen Os-ten erklärbar und verständlich zu machen.

Heba Negm eröffnete ihren Vortrag über “State Actors: The Case of Egypt” mit der Beobachtung, dass der Nahe Osten gemeinhin als ein Schauplatz und häufig als eine Quelle für politische und wirtschaftliche Unruhen während der gesamten zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts beschrieben wird. Diese Überzeugung habe sich in den Studien über den Nahen Osten darin niedergeschlagen, die systemischen Eigenschaften als den Dreh- und Angelpunkt für das Verständnis der Sicherheitsstrukturen des Nahen Ostens heranzuziehen. Als ein wichtiger regionaler Akteur stelle Ägypten keine Ausnahme dar. In ähnlicher Weise wie die Staaten der Region habe Ägypten einen realpolitischen Ansatz übernommen und sei an Vereinbarungen über militärische Aufrüstung beteiligt. Der erste Abschnitt des Papiers umfasste einen Überblick über die zahlreichen theoretischen Modelle innerhalb der Disziplin. In diesem Abschnitt wurden die Theorien, ihre Kernaussagen sowie die an sie gerichtete Kritik analysiert. Der zweite Teil zielte darauf ab, ein zusammenfassendes Modell vorzustellen, das die diversen Sicherheitsthemen der Region sowie die nationalen Sicherheitspolitiken der die Region konstituierenden Staaten, wie Ägypten, auf eine angemessene Weise berücksichtigt.Während der Fokus der Arbeit auf die Staatsebene gerichtet wurde, stand die Fallstudie über Ägypten im Mittelpunkt der empirischen Anwendung.

In dem anschließenden Vortrag befasste sich Dr. Yasar Qatarneh mit dem Thema der “Non-State Actors”. Die Arbeit betonte, dass nichtstaatliche Akteure in den letzten Jahren eine immer wichtigere Rolle im Nahen Osten gespielt hätten - einer Region, die von hoher Unsicherheit und Instabilität geprägt sei. In dem Glauben, dass Einheiten wie die Hamas oder Hizbullah durch den exklusiven Einsatz von hard power besiegt werden könnten, strebten die Regierungen der Region danach, diese nichtstaatlichen Akteure zu marginalisieren, zu delegitimisieren und zu entrechten.

Dieser hardpower Ansatz verfehle nicht nur das Ziel, diese Akteure zu besiegen, sondern fördere deren Anerkennung im Volk und minderte die moralische Autorität der Regierungen. Darüber hinaus argumentierte Dr. Qatarneh, dass es für die staatlichen Akteure an der Zeit sei, nichtstaatliche Akteure bei der Konfliktbearbeitung miteinzubeziehen. Im Interesse der regionalen Sicherheit und des Strebens nach einer nachhaltigen und konstruktiven regionalen Ordnung in der Zukunft sollten Wissenschaftler des Nahen Ostens mehr zur Erfoschung und Entwicklung von Strategien für eine “smarte“ Politik im Nahen Osten bei-tragen–einer Region, in der heute nichtstaatliche Akteure an Einfluss gewönnen.

Dr. Christian Koch leitete seinen Vortrag über “The GCC as a Regional Security Organization” mit einem kurzen historischen Überblick ein und hob hervor, dass der GCC als Antwort auf die regionalen Unruhen der Iranischen Revolution und des Iran-Irak-Krieges geschaffen worden sei. Die Frage der Sicherheit sei eine der wichtigsten Gründe für die Etablierung des GCC gewesen. Seit seiner Gründung habe der Golf-Kooperationsrat trotz vieler Unzulänglichkeiten eine wichtige Position eingenommen. Überdies habe der GCC in seinem fast drei Jahrzehnte langen Bestehen begonnen, eine bedeutendere Rolle in politischen und sicherheitsverwandten Angelegenheiten auf der subregionalen Ebene in der Golf-Region zu spielen. Als Ergebnis habe sich ein regionales Dreieck bestehend aus Iran, Irak und dem GCC gebildet. Das vorgestellte Papier untersuchte die Eigenschaften des GCC als einer Sicherheitsorganisation, wobei Potentiale und Defizite analysiert wurden. Darüber hinaus wurde die Rolle der Organisation in der Diskussion über Regionalismus dargelegt.

In Anbetracht der Tatsache, dass das Thema Sicherheit im Golf unberechenbar geblieben ist, war es dem Autor ein weiteres Anliegen, den Einfluss des GCC bei regionalen Sicherheitsangelegenheiten zu erörtern. In diesem Zusammenhang sollte die Frage geklärt werden, ob der GCC möglicherweise eine zunehmend aufeinander abgestimmte Rolle spielen könnte, um zwischen seinen Anrainerstaaten auf längerfristige und stabile Beziehungen hinzuwirken.

Der Gedanke hinter dem Panel “(No) Regional Power in the Middle East?” basierte auf der Beobachtung, dass die Weltregion des Nahen Ostens hochgradig konfliktgeladen ist. Die derzeitige Abwesenheit einer eindeutigen regionalen Macht könne sowohl als Grund als auch als Konsequenz dieses strukturellen Charakteristikums interpretiert werden. Gleichzeitig seien signifikante Machtgefälle zwischen den schwächeren und den mächtigeren und daher zu den potentiellen regionalen Mächten zählenden Staaten des Nahen Ostens wie Ägypten, Saudi Arabien und Iran zu konstatieren. Daher stelle sich die Frage, auf welchem Weg regionale Akteure regionale Politik in Abwesenheit einer regionalen Macht ausübten. Wie werde regionale Politik, wenn nicht durch regionale Mächte, bestimmt? Welche spezifischen Optionen stünden regionalen Akteuren zur Verfügung? In welcher Art und Weise determinierten außerregionale Mächte die Politik des Nahen Ostens? Welche Implikationen würden sich für die regionale Rolle in der Weltpolitik ergeben?

Das Panel beabsichtigte zunächst, die wichtigsten begrifflichen Herausforderungen durch die Präsentation eines Konzeptionspapiers zu klären. Anschließend wurden drei ausgewählte Fallstudien vorgestellt. Ägypten sei ehemals eine regionale Macht gewesen, habe dieses Merkmal jedoch 1967 verloren. Wie bewältige Ägypten diese Situation? Welche Elemente seiner ehemaligen Rolle existierten noch heute? Oder sei Ägyp-ten gar nur noch ein Schatten seiner selbst? Auch Saudi Arabien zähle zu den potentiellen regionalen Mächten. Auf der einen Seite bestehe kein Zweifel, dass Riad regionalen Einfluss ausübe. Auf der anderen sei Saudi Arabiens Rolle im Nahen Osten, trotz seiner Rolle als wichtigster globaler Spieler in der Ölpolitik, begrenzt. Zu den nichtarabischen Akteuren mit dem Anspruch auf eine regionale Führungsrolle zähle Iran. Aufgrund seines revolutionären Potentials nutze Iran nichtstaatliche Akteure der Region, speziell die Hizbullah und Hamas, um seine regiona-le Politik auszuüben.

Im Rahmen dieses Panels präsentierte Dr. Martin Beck sein Papier über “The concept of regional power as applied to the Middle East”. Er betonte, dass die spezifischen empirischen Bedingungen der Region des Nahen Ostens – das Fehlen einer eindeutigen regionalen Macht – ein analytisches Design erforderten, das die Dynamiken der Beziehungen und Prozeduren betont. Bei dem Vorhaben, ein solches Design zu entwickeln, nutzte Dr. Martin Beck drei prominente Denkschulen der Internationalen Beziehungen: (Neo) Realismus, Institutionalismus (Neo-Liberalismus), und Konstruktivismus. Mit Hilfe der drei Denkschulen wurde die Rolle der vergleichsweise mächtigeren und daher als regionale Mächte in Frage kommenden Staaten der Region untersucht. Mit der Präsentation war das Ziel verbunden, die Grenzen eines ausschließlich theoretischen Beitrages zu überschreiten. Vielmehr wurden die entwickelten Gedanken an einigen ausgewählten Fallstudien illustriert. So wurde der Schwerpunkt sowohl auf die regionalen Dynamiken durch das Zusammenspiel der potentiellen regionalen Mächte als auch auf die Rolle externer Akteure, speziell der USA, gesetzt. Auf diese Weise wurde demonstriert, dass die Anwendung des Konzepts der regionalen Führungsmacht auch für eine Region ohne eine eindeutige regionale Macht ertragreich ist. Die Powerpoint-Präsentation von Dr. Martin Becks kann hier heruntergeladen werden: http://www.kas.de/wf/doc/kas_1335-1442-1-30.ppt

Außerdem fungierte Dr. Martin Beck als Diskutant im Panel „Rethinking the Mediterranean: New Perspectives on Interaction between ‘Us’ and ‘Them’”. Eine Kurzfassung des Panels und die Papiere können unter folgendem Link gefunden werden: http://wocmes.imed.org/en/preor-rethinking-the-mediterranean.

3. Fazit

Die Teilnahme der KAS Amman, die durch das Büro der KAS Abu Dhabi unterstützt wurde, erfüllte mehrere wichtige Ziele: Die Steigerung der Aufmerksamkeit für die Arbeit der KAS im Nahen Osten, die Präsentation der akademischen Fortschritte und Resultate ihrer Partner und der KAS selbst und die Ausdehnung des Netzwerkes der KAS an den Hochschulen sowie unter den Vertretern der wissensbasierenden Organisationen und der Medien im Nahen Osten und Europa.

Die Resonanz an unserem Informations- und Buchtisch auf der Buchmesse der WOCMES war sehr positiv.

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