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"Wir haben gezeigt, dass wir Widerstand leisten können."

Podcast-Reihe der KAS in der DR Kongo : Interview mit dem Professor für Internationale Beziehungen, Eugène Banyaku Luape

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Prof. Eugène Banyaku Luape
Im Rahmen seiner Podcast-Reihe während der Covid-19-Pandemie sprach das KAS-Auslandsbüro in der Demokratischen Republik Kongo mit Eugène Banyaku Luape, Professor für Internationale Beziehungen an der Universität von Kinshasa, früherer Minister für Rohstoffe sowie Richter am Verfassungsgericht. Wo steht die DR Kongo heute international und welche Themen werden im Vordergrund stehen, wenn Präsident Tshisekedi im kommenden Jahr die AU-Präsidentschaft übernimmt? Das Interview führte Miryam Ilunga, Büro-Assistentin des KAS-Auslandsbüros. Sie können es unter diesem Link nachhören.

 

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KAS DRK: Guten Tag, Herr Professor.

Prof. Banyaku Luape:  Guten Tag.

 

 

KAS DRK: Das Weltgeschehen drehte sich jüngst um den Gipfel der Vereinten Nationen und das im schwierigen Kontext der Gesundheitskrise. Präsident Tshisekedi hat dabei in seiner Rede mehrere Punkte angesprochen. Bitte sagen Sie uns, was Ihnen dabei besonders aufgefallen ist?

 

Prof. Banyaku Luape: Ich fand seine Äußerungen tatsächlich sehr bemerkenswert. Man muss anerkennen, dass Präsident Tshisekedi sehr darauf achtet, mit den erhaltenen Mitteln im Kampf gegen die Pandemie streng umzugehen und dass diese Mittel wirklich nur den am stärksten gefährdeten Menschen zukommen. Das ist für ihn maßgeblich im Austausch mit den externen Partnern. Es geht auch um die Gewährleistung der Transparenz bei der Bewältigung dieser Pandemie.

 

 

KAS DRK: Die Demokratische Republik Kongo wird bald die Präsidentschaft der Afrikanischen Union übernehmen. Denken Sie, sie wird den Erwartungen der anderen afrikanischen Staaten gerecht werden? Eines der Ziele der Afrikanischen Union ist es, Afrika zu einem konfliktfreien Kontinent zu machen. Nun war die DR Kongo oft selbst Mittelpunkt von Konflikten. Glauben Sie, dass sie über die notwendigen Mittel verfügt, um diese Herausforderungen zu bewältigen?

Prof. Banyaku Luape:  Ich denke, beides trifft zu. Diplomatie, das ist immer eine Suche, ein Prozess. Es gibt kein direktes Ziel. Es ist die Suche nach Frieden, eine Suche nach guten Beziehungen, eine Suche nach Verbesserung der Bedingungen der Zusammenarbeit. Ich denke, dass die DR Kongo durch ihr Bedürfnis nach Frieden bereits ein sehr wichtiger Akteur ist. Sie ist auf Frieden angewiesen. Auf der Kehrseite steht allerdings die Schwäche unserer Diplomatie, die seit über zwei Jahrzehnten blockiert ist. Es gibt ein Missverhältnis zwischen Aufwand und Nutzen. Präsident Tshisekedi setzt sich derzeit dafür ein, dass wir den Aufgaben der AU-Präsidentschaft gerecht werden.

 

 

KAS DRK: Wo ist die DR Kongo aktuell im globalen Konzert der Nationen verortet? Wie groß ist das derzeitige diplomatische Gewicht der DR Kongo in ihren Beziehungen zu anderen Staaten?

Prof. Banyaku Luape: Ich würde ähnlich antworten wie eben. Aufgrund ihrer Größe hat sie enormes Potential, eine gewichtige Stellung einzunehmen. Das gehört zu ihren Stärken sowie auch zur Hoffnung für die Zukunft, dass sie dieses Gewicht für eine Erneuerung des Landes und zur Verbesserung des Schutzes der Menschenrechte einsetzt. Ich denke, aktuell befinden wir uns aber erst noch auf dem Weg dorthin.

 

 

KAS DRK: Welchen Beitrag kann die DR Kongo mit der AU-Präsidentschaft zur Bewältigung der Pandemie leisten? Wer sind ihre Partner?

Prof. Banyaku Luape: Hier muss ich Ihnen ernsthaft sagen, dass es schon bemerkenswert ist, dass die DR Kongo, mit der Bevölkerungsgröße, die sie hat, allen dramatischen Vorhersagen, auch der WHO, widerstanden hat. Die Epidemie ist sicher noch nicht vorbei, aber den Schutzmaßnahmen kommt doch insgesamt sehr viel Bedeutung zu.

Kann nun die Präsidentschaft auf der Ebene der Afrikanischen Union wirklich ein Vorteil sein? Ja, ich denke schon. Wir können die Erfahrungen anderer Länder nutzen und sehen, wie sich andere Länder verhalten haben. Wir können als internationale Partner, auch mit der WHO, sprechen, wie wir besser zusammenarbeiten. Die EU und ihre Mitglieder wie Deutschland, Frankreich und Italien haben viel Erfahrung im Umgang mit der Pandemie gesammelt.

 

 

KAS DRK: Herr Professor, hat die Covid-19-Krise Ihrer Meinung gezeigt, dass die DR Kongo alleine klarkommt und nicht auf externe Hilfe angewiesen ist?

Prof. Banyaku Luape: Ich würde leider eher sagen, dass wir vermutlich noch abhängiger werden dürften. Die wirtschaftlichen Defizite, auch im Außenhandel, werden größer werden. Aber wir haben gezeigt, dass wir Widerstand leisten können. Wir haben die Krise überlebt. Wir haben eine Balance zwischen Ausgaben für die Wirtschaft und die Gesundheit hergestellt. Wir strengen uns weiter an, unsere Wirtschaft zu diversifizieren und unabhängiger von externer Hilfe zu werden.

 

 

KAS DRK: Präsident Tshisekedi reiste zuletzt mehrmals nach Belgien. Was bedeutet das Ihrer Meinung nach? Und lassen Sie uns auch über die globale Erwärmung sprechen. Welche Strategie kann die Demokratische Republik Kongo zu ihrem Nutzen verfolgen und auch gegenüber Partnern wie Frankreich, die sich für grüne und erneuerbare Energien einsetzen?

Prof. Banyaku Luape: Wir haben eine lange Geschichte mit Belgien. Belgien ist nicht nur der Standpunkt der Europäischen Union, sondern Anlaufpunkt für alle anderen westlichen Mächte in Fragen der Demokratischen Republik Kongo. Diese privilegierte Verbindung leitet unser Staatsoberhaupt. Ich denke jedoch, diese Beziehung ist mittlerweile zu einseitig, Belgien ist nur ein Mitgliedstaat der EU. Was Ihre andere Frage betrifft, so denke ich, dass sich alle Staaten Europas, auch die Vereinigten Staaten von Amerika, bewusst sind, wie wichtig das Amazonas-Gebiet, aber auch die DR Kongo als grüne Lunge sind. Die DR Kongo spielt eine zentrale Rolle für die Erhaltung des globalen Klimas und auch bei erneuerbaren Energien

 

KAS DRK: Wir sind bereits fast am Ende angelangt, Herr Professor. Wie sehen Sie die jüngste Annäherung zwischen der DR Kongo, Ruanda und Uganda?

Prof. Banyaku Luape: Hier muss gesagt sein, dass die DR Kongo nie Konflikt mit Ruanda, Uganda oder ihren Nachbarn im Norden wollte wie Sudan, die ZAR. Oder im Süden mit Angola und Sambia oder im Osten mit Tansania. Wir wollten immer, dass es Frieden in unseren Beziehungen gibt. Unsere eigene Fragilität hat jedoch den Appetit unserer Nachbarn angeregt. Wir sollten trotz alledem weiter danach streben, in guter Nachbarschaft zu leben und die Beziehungen mit unseren Nachbarn zu festigen.

 

KAS DRK: Danke Herr Professor. Meine letzte Frage: Welche Schwächen weist die kongolesische Diplomatie noch auf ? Welche Politik braucht es, damit sie eine regionale, eine afrikanische und eines Tages eine globale Macht wird?

Prof. Banyaku Luape: Bis wir eine Weltmacht werden, das dürfte wohl überhaupt frühestens im 22. Jahrhundert zu erreichen sein. Unsere aktuelle Schwäche sind die Altlasten, die wir geerbt haben.  Eine Diplomatie mit westlichen Stellvertretermächten, eine Diplomatie der Zugeständnisse. Wir versuchen jedoch, uns davon immer stärker zu lösen und eigenständig zu werden, mit unseren eigenen Forderungen und Zielen. Wir wollen keine Militärmacht werden. Wir wollen aber eine Macht mit Systemfunktion in den Beziehungen mit anderen Partnern werden, auch im Rahmen regionaler Organisationen, Investitionen anziehen und das Potential einsetzen, welches wir besitzen, und das zu unserem Nutzen und zum Nutzen Afrikas.  

 

KAS DRK: Wir danken Ihnen für dieses Interview.

Prof. Banyaku Luape: Danke Ihnen.

 

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