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Veranstaltungsberichte

Erdgaskooperation für die vereinigte koreanische Halbinsel

Erfahrungen aus Deutschland

Am 21.November 2014 führte die Konrad-Adenauer-Stiftung (Auslandsbüro Korea) in Zusammenarbeit mit dem Institute of East and West Studies & Yonsei-SERI EU Centre, dem Oxford Institute for Energy Studies, dem Korea Energy Economics Institute, dem U.S.-Korea Institute at SAIS (Johns Hopkins University) und der Korea Gas Corporation eine internationale Energie-Konferenz durch.

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Im Zentrum der Veranstaltung standen die geopolitischen Folgen der im Mai 2014 vereinbarten russischen Gaslieferungen an China für Korea. Auch die deutschen Erfahrungen im Umgang mit der Abhängigkeit von russischen Gaslieferungen wurden analysiert.

Prof. Yeonho Lee (Direktor, Institute for East and West Studies (IEWS), Yonsei University), Prof. Chris Allsopp (Präsident, Oxford Institute for Energy Studies (OIES), Oxford University), Prof. Yang-Hoon Sonn (Präsident, Korea Energy Economics Institute (KEEI)) und Dr. Jae Ku (Direktor, SAIS U.S.-Korea Institute, John Hopkins University) eröffneten die Konferenz. In ihren Grußworten brachten alle ihre Befriedigung über die Fortsetzung dieser internationalen Konferenzreihe in Zusammenarbeit mit der KAS zum Ausdruck.

Die Energieversorgung der EU sowie die deutsch-russischen "Gasbeziehungen"

Dr. Antje Nötzold (Technische Universität Chemnitz) eröffnete mit einem Vortrag zu „Risiken und Abhängigkeiten - eine geopolitische Bewertung der deutsch-russischen Gas-Beziehungen“ das erste Panel. Deutschland habe insgesamt eine sehr robuste Gasnachfrage. Auf der anderen Seite sei die Erdgasproduktion in Deutschland seit Beginn dieses Jahrhunderts in einem stetigen Rückgang. Dies lasse sich auf ein natürliches Ablassen der Förderung von Gasfeldern und auf allgemein schwindende Gasreserven zurückführen. Somit sei Deutschland sehr abhängig von Gasimporten. Doch durch seine geographische Lage, im Herzen Europas, habe Deutschland Zugang zu Erdgasversorgungen aus allen Himmelsrichtungen: im Jahr 2011 kamen 36.6% der Erdgasversorgung aus Russland, 30.6% aus Norwegen und 25.5% aus den Niederlanden. Dank der reichlichen Ressourcen, den langfristigen Verträgen und der gut ausgebauten Pipelineinfrastruktur seien diese drei Länder nun schon seit Jahrzehnten wichtige Gaslieferanten für Deutschland.

Die Europäische Union stehe hinsichtlich der Erdgasversorgung ganz ähnlich da. Auch wenn die EU sehr vielschichtig, wenn es um Energiesicherheit in Bezug auf die Abhängigkeit von Öl- und Gasimporten gehe, seien alle Mitgliedsstaaten betroffen. Insbesondere die osteuropäischen Staaten seien auf Gasimporte aus Russland angewiesen. Dabei berge eine hohe Importabhängigkeit nicht nur wirtschaftliche Risiken für das jeweilige Land, sondern könne auch negative Einflüsse auf die politische Flexibilität und auf die politischen Optionen in seiner Außen- und Sicherheitspolitik haben.

Russland sei einer der größten Energieproduzenten der Welt. Dabei würden dreiviertel der russischen Gasexporte nach Europa gehen. In 2012 habe der russische Öl- und Gassektor einen Anteil von 20% an dem nationalen BIP gehabt, der Energiesektor sei somit ein wichtiger Eckpfeiler der russischen Wirtschaft. Daher versuche Russland seine Rolle als globaler Energieversorger weiter auszuweiten, was bedeute, dass Russland bis 2030 seine Gasproduktion um 30% steigern wolle sowie den Export von Erd- und Flüssiggas in den asiatisch-pazifischen Raum weiter ausweiten wolle. Insbesondere dadurch, dass Russlands verbleibende Gasressourcen hauptsächlich in Ostsibirien und dem Fernen Osten lägen, würde sich eine Ausweitung in den asiatisch-pazifischen Markt durchaus lohnen. Durch die „Schiefergas-Revolution“ seien die USA jedoch zu einem unerwarteten Rivalen im Export von Flüssiggas geworden, was sich jetzt schon im Gaspreis abzeichne.

Die EU versuche, insbesondere seit dem Ukraine-Konflikt, ihre Abhängigkeit von russischem Gas durch das Nutzen von energiesparenden und erneuerbaren Technologien zu verringern. Jedoch stelle dieses momentan noch keine praktikable Alternative dar. Das Problem sei, dass die EU zu keiner gemeinsamen Energiepolitik fähig sei, da die jeweiligen Mitgliedstaaten nur nach einer europäischen Kollaboration strebten, solange sie darin eine Chance sähen, ihre eigenen Interessen europaweit vertreten zu können. Deutschland und die EU verträten die Ansicht, dass Energie ein rein wirtschaftliches Produkt sei, welches einem marktorientierten Konzept folgen sollte. Russland verfolge auf der anderen Seite einen strategischen Ansatz, und seine Energiepolitik sei gekennzeichnet durch eine Kombination an hoher Staatsbeteiligung im Öl- und Gasbereich, weitgehenden Investitionen, um die Anzahl an Ressourcen zu vergrößern, einem eingeschränkten Wettbewerb sowie der Begrenzung des Einflusses ausländischer Firmen an strategisch wichtigen Unternehmen.

Insgesamt würden Russland und Deutschland bzw. Europa wesentliche Gemeinsamkeiten teilen: beide sähen ihre Energiebeziehungen als eine gegenseitige Abhängigkeitsbeziehung an. Sie würden des Weiteren von einer noch engeren Kooperation profitieren, und sie seien sich einig, dass Energie der „Lebensnerv“ ihrer Wirtschaft sei. Doch wenn es um die Prinzipien und die mögliche Instrumentalisierung von Energieressourcen gehe, würden sich die Herangehensweisen stark unterscheiden. Europa sehe seine Energiepolitik von einem wirtschaftlichen Standpunkt aus, während Russland das ganze aus einer geopolitischen Sicht betrachte. Solange diese verschiedenen Sichtweisen vorherrschten, werde dies zu Spannungen führen und könnte Konflikte zwischen Energie-Handelspartnern und

-konkurrenten hervorrufen.

Philipp Offenberg (EUCERS, King’s College London und Jacques Delors Institute Berlin) referierte zur Energiepolitik der EU und den deutsch-russischen Gasbeziehungen. Diese Gasbeziehungen stützen sich auf die wirtschaftliche Kooperation zwischen deutschen Energieversorgungsunternehmen und dem russischen Staatsbetrieb Gazprom. In der Vergangenheit habe die Beziehung starken politischen Rückhalt in beiden Ländern genossen. In den letzten Jahren jedoch sei, bedingt durch verschiedene Entwicklungen auf EU-Ebene wie der Liberalisierung des Binnenmarkts für Erdgas, diese Partnerschaft unter Druck geraten. Insbesondere die neuen EU-Mitgliedstaaten aus Zentral- und Osteuropa stünden Russlands Rolle als Energieversorger der EU kritisch gegenüber. Diese stärker an Gewicht gewinnende Kritik könnte zu einer zentralisierteren Vorgehensweise, bezüglich der Energiepolitischen Außenbeziehungen, führen. Deutschland habe zwar genug Einfluss um diesen Prozess zu verlangsamen, habe aber bislang davon noch nicht Gebrauch gemacht. Gazprom habe insbesondere durch die russisch-ukrainische Gaskrise 2009 und durch die ständigen Streitigkeiten mit der EU über Pipeline-Regulierungen an Ansehen verloren. Trotz alledem gebe es immer noch eine starke wirtschaftliche Kooperation und sogar Pläne für den Bau eines dritten und vierten Rohrstrangs der North Stream-Pipeline. Soweit würden deutsche Gazprom-Kunden von den günstigen Gaspreisen profitieren und ständen der Idee eines kollektiven Erdgaskaufs eher skeptisch gegenüber.

Durch die Energiewende und Deutschlands Atomausstieg hätten Gazproms deutsche Partnerunternehmen an politischem Einfluss verloren. In der Zukunft werde vieles von den Entwicklungen auf der EU-Ebene abhängig sein. Was man jedoch aus der deutsch-russischen Gasbeziehung lernen könne, sei, dass wenn man wirtschaftliche Interessen an Gazprom knüpfe, dieses zu Interdependenz und Vertrauen führe. Langfristig gesehen sei Kooperation rentabler als Konfrontation. Auch die EU sollte, wenn möglich, eine solche Herangehensweise verfolgen.

Der letzte Referent des ersten Panels, Kwanghee Yeom (EPRC, Freie Universität Berlin), äußerte sich zu den Strategien der Energiediplomatie. Energie gehöre in unserem Zeitalter zu einer der wichtigsten Lebensgrundlagen. Die nationale Energieversorgung und Energiesicherheit zu gewährleisten sei daher eines der beständigen innenpolitischen Primate. Auf internationaler Ebene beschäftige man sich mit Thematiken wie Umweltschutz, geheimen Preisabsprachen zwischen Exporteuren, Ungleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage und den daraus folgenden Instabilitäten in Erdöl exportierenden Regionen.

Energiesicherheit sei für Deutschland und Südkorea von sehr großer Wichtigkeit, da beide ressourcenarme Länder seien. Die Wirtschaft, insbesondere die Schwerindustrie, sei von einer geregelten Energieversorgung stark abhängig. Trotz alledem habe sich Deutschland nach der Nuklearkatastrophe in Fukushima dazu entschieden, seine Energieversorgung grundlegend neu zu überdenken und von fossil-nuklearen Energiequellen auf erneuerbare Energie umzusteigen. Jedoch müsse dieser Übergang noch mit Erdgas überbrückt werden. Auch wenn Deutschland dabei versuche seine Erdgasversorgung zu diversifizieren, komme der größte Teil immer noch aus Russland. Um weiter unabhängig in der Energieversorgung werden zu können, müsse Deutschland seinen Energieverbrauch allgemein senken.

Südkorea könne aus der deutschen Situation auch gewisse Lehren für sich ziehen. Erst einmal verfolge Deutschland in seiner Energiepolitik eine sehr praktische Herangehensweise. Das heiße u.a., dass Deutschland seine Verbindung zu Russland rein wirtschaftlich betrachte und nicht in einen geopolitischen Kontext stelle. Dies habe früher Westdeutschland ermöglicht, noch während der Teilung Gas aus der UDSSR zu beziehen. Des Weiteren habe Deutschland durch Kooperationsarbeit mit seinen Nachbarländern seine Energiezufuhr aus Russland sichern können. Außerdem strebe Deutschland eine Senkung des allgemeinen Energieverbrauchs sowie eine effizientere Nutzung seiner Energieressourcen an, um somit eine zukünftig nachhaltige Gesellschaft zu schaffen.

In der anschließenden Diskussion lenkten Prof. Young-Kwan Yoon (Seoul National University), Dr. Gi-Woong Son (Korea Energy Economics Institute) und Prof. Keun-Wook Paik (OIES & IEWS) noch einmal den Fokus auf die geschichtliche Perspektive der deutsch-russischen Gasbeziehung und verwiesen darauf, dass es Deutschland möglich gewesen sei, trotz des Kalten Krieges Gas aus der damaligen UDSSR zu beziehen, da Deutschland die Gasbeziehung immer in einem streng wirtschaftlichen Rahmen betrachtet habe. Auch Südkorea sollte sich überlegen, inwieweit es Energiebeziehungen nutzen könne, um inter-koreanische Beziehungen zu verbessern und im Endeffekt somit einer Wiedervereinigung auf der Koreanischen Halbinsel näher kommen könnten.

Energieversorgungsoptionen für Nordostasien

Im zweiten Panel sprach Prof. Keun-Wook Paik (OIES & IEWS) zum Durchbruch des chinesisch-russischen Gas-Abkommens und seinen Auswirkungen auf Korea. Der Öl- und Gasexport sei für die russische Wirtschaft von hoher Wichtigkeit. Russland habe zwar mit Europa einen soliden Abnehmermarkt, jedoch durch die jüngsten politischen Entwicklungen, müsse Russland sich Gedanken machen, wie man den eigenen Gasmarkt anderweitig aufrechterhalten könnten. Asien biete sich dabei als Marktersatz für Russland an. Der chinesisch-russische Gasvertrag könne allerdings mehr als politisch motivierter denn als wirtschaftlicher Deal gewertet werden. Putin brauche ein Abkommen, um zu zeigen, dass Russland nicht komplett isoliert dastehe und um etwas für die Wiederherstellung seines alten Status zu tun. Der daraus resultierende Deal sehe eine Pipelineverbindung zwischen Ostsibirien und Nordost China vor.

Ein anderer Deal, der zur Diskussion stehe, sei die Altai-Gaspipeline. Die beiden Gas-Abkommen könnten insgesamt als eine systematische Herangehensweise Russlands, um seine langfristigen nationalen Interessen zu schützen, gewertet werden. Für Xi Jinping passe die von Putin vorgeschlagene Altai-Initiative in Chinas Plan, sich einer “Energierevolution“ zu unterziehen. China wolle langfristig schon alleine aus Gründen der Luftverschmutzung seinen Kohleverbrauch reduzieren. Die Gasnutzung zu maximieren sei daher die effektivste und praktischste Lösung. Des Weiteren sei der chinesischen Führung die steigende Abhängigkeit des Landes von Gas- und Ölimporten via den Pazifik schon immer etwas unbehaglich gewesen. Eine Maximierung der Pipeline-Versorgung würde Chinas Verwundbarkeit bezüglich seiner bis jetzt über Wasserwege geregelten Gas- und Ölversorgung reduzieren.

China verfolge zurzeit sein „Silk Road Economic Belt“-Projekt, welches für eine erfolgreiche Umsetzung indirekt das Einverständnis Russlands benötige. Chinas Zustimmung zur Altai-Pipeline könne somit China helfen, Russlands Gunst zu gewinnen. Auf der anderen Seite, gäbe es zwar Diskussionen bezüglich eines festen Gaspreises, vereinbart sei aber noch nichts. Es könnte sich außerdem eventuell schwierig gestalten, die beiden Pipelineprojekte, die Sila-Sibiri Pipeline und die Altai-Pipeline, gleichzeitig zu finanzieren.

Auch in Südkorea gebe es immer wieder Diskussionen hinsichtlich einer Pipelineverbindung, die Süd-Korea mit russischem Gas versorgen könnte. Eine mögliche Verbindung sei die von der China National Petroleum Corporation vorgeschlagene Unterwasserpipeline, welche von der Provinz Shandong (China) bis zur Gyeonggi-Provinz (Korea) verlaufen solle. Bisher habe sich die südkoreanische Regierung jedoch noch nicht öffentlich zu diesem Vorschlag geäußert. Ein anderes von den Medien immer wieder aufgegriffenes, Szenario sei eine Pipelineverbindung über Nordkorea. Es sei jedoch schwer einschätzbar, inwiefern Russland dazu fähig wäre, Nordkorea zu kontrollieren; derzeit scheine Moskau relativ wenig Einfluss auf die Politikgestaltung in Nordkorea zu haben.

Die Zukunft der Kooperation in Nordostasien bezüglich der Energieversorgung sei ungewiss. Auf der einen Seite könne sich der Wettkampf zwischen Japan, Korea und China weiter intensivieren, auf der anderen Seite könne es aber auch zu einer bis jetzt beispiellosen Kooperation zwischen den drei großen Gaskonsumenten kommen.

Miyeon Oh (SAIS Johns Hopkins University & Brookings Institution) gab in ihrem Vortrag einen Überblick über die Geopolitik im Energiebereich und länderübergreifende Öl-und Gastransporte an einem zentralen Beispiel. Die Region des kaspischen Meeres sei zwar landumschlossen, stelle aber auch dies Verbindung zwischen Westeuropa, Ostasien und dem Mittleren Osten dar. Die Region besitze wertvolle „Offshore“ und „Onshore“-Gasreserven. Jedes Land fahre dabei jedoch eine andere Energiepolitik. Um die geopolitische Konstellation der Region verstehen zu können, müsse man zwischen östlichen und westlichen kaspischen Ländern unterscheiden. Die östlichen Länder wie Kasachstan und Turkmenistan orientierten sich beispielsweise hauptsächlich Richtung China, während Aserbaidschan eher den Energiemarkt in Westeuropa anvisiere.

Die geopolitische Konstellation in der Region um das kaspische Meer scheine sich jedoch langsam zu verändern. Bis jetzt habe zum Beispiel Aserbaidschan aus wirtschaftlichen Gründen eine immer stark pro-westliche Haltung gehabt, aber seit der Krise in der Ukraine scheine Aserbaidschan dem Westen gegenüber kritischer zu werden und eine Politik der Blockfreiheit anzustreben. Kasachstan besitze reichlich Energieressou rcen und sei dabei, die Infrastruktur seines Energiesektors und seinen Exportmarkt weiter auszubauen. Während Kasachstan lange sehr stark in der Abhängigkeit von Russland gestanden habe, habe es durch den Bau von Pipelines nach China eine gewisse Unabhängigkeit erlangen können. Durch Kasachstans geopolitische Lage, sei jedoch eine gute Beziehung zu seinen Nachbarländern inklusive Russland immer noch von hoher Priorität. Turkmenistans Wirtschaft stütze sich hauptsächlich auf seinen Gasexport. Es habe dabei lange unter Gazproms monopolistischer Exportkontrolle gelitten. Doch seit der Präsidentenwahl 2007 habe Turkmenistan angefangen, sich neu auszurichten und vermehrt mit internationalen Unternehmen zusammenzuarbeiten, um somit seine Öl- und Gasproduktion sowie seine Exportmöglichkeiten zu vergrößern. Insbesondere versuche Turkmenistan, vermehrt Russlands wirtschaftliche Vorherrschaft durch China zu ersetzen, was zu zunehmenden Spannungen zwischen Turkmenistan und Russland führe. Zum Abschluss gab Miyeon Oh noch einen Überblick über die verschiedenen Pipelineprojekte im kaspischen Raum.

An der Diskussion beteiligten sich Prof. Nina Poussenkova (Institute of World Economy and International Relations, Russian Academy of Science), Yuki Yu (Senior Reporter, Energy Observer Magazine), Dr. Sung-Hoon Jeh (Korea Institute International Economic Policy) und Dr. Sung-Kyu Lee (Korea Energy Economic Institute). Sie gaben insbesondere einen Einblick in die chinesische und russische Sichtweise gegenüber der allgemeinen Erdgaskooperation sowie dem chinesisch-russische Gasabkommen und dessen geopolitische Auswirkungen.

Nina Poussenkova gab dabei zu bedenken, dass die Beziehungen zwischen Nordostasien und Russland zwar wichtig seien, aber nicht auf Kosten der Beziehungen zu Europa gebaut werden sollten. Insbesondere der chinesisch-russische Gasvertrag möge zwar Russlands Abhängigkeit vom Europäischen Gasmarkt als Hauptabnehmer verringern, allerdings würden die „Flitterwochen“ zwischen China und Russland auch irgendwann verstreichen und die „wahre Heirat“ beginnen.

Yuki Yu stellte noch einmal die Wahrnehmung des chinesisch-russischen Gasabkommens innerhalb Chinas dar. Während die Welt das Gasabkommen als Gewinn für China werte, sähe die chinesische Öffentlichkeit sich eher als Verlierer dieses Abkommens, da China immer noch einen höheren Gaspreis als die EU bezahle.

Die US-"Schiefergasrevolution"

Im letzten Panel hielt Dr. Jan Kalicki (Kennan Institute, Wilson Centre) einen Vortrag zur US-Schiefergasrevolution: Ist sie real und welche Konsequenten hat sie für Asien? Durch Ultra-Tiefseebohrungen und Schiefergaserschließungen hätten die USA es geschafft, einer der führenden Gasproduzenten zu werden. Die Schiefergasrevolution in den USA sei damit durchaus real, die Zukunft des Projektes sei jedoch langfristig von der Wachstumsentwicklung, dem allgemeinen Energieverbrauch und dem Energiepreis abhängig. Die USA hätten allerdings schon positive Wachstumseffekte verzeichnen können und die ostasiatischen Wirtschaften würden sicherlich bald dem amerikanischen Model folgen. Ob Schiefergas auch in anderen Ländern gefördert werden könne, sei abhängig davon, welcher Schiefer vorhanden sei sowie von dem rechtlichem Umfeld, den relevanten Ressourcen und der Infrastruktur.

Die Konsequenzen der Schiefergasrevolution könnten nur positiv für Korea und Asien sein, da dadurch große Mengen an Öl und Gas auf den internationalen Markt kommen würden. Dies wiederum hätte Auswirkungen auf die Preisentwicklung und würde langfristig dazu führen, die Preisdifferenzen zwischen den asiatischen, europäischen und amerikanischen Märkten zu reduzieren. Insbesondere durch das Freihandelsabkommen mit den USA sei Südkorea in einer guten Position, um in der Zukunft Öl und Gas aus den USA zu importieren.

Insgesamt aber, betonte Dr. Kalicki, sei die weltweite Energiestruktur überholt und müsse dringend modernisiert werden. Es müsse ein mehr einheitliches, globales Energiehandels- und Sicherheitsnetz geschaffen werden. Ein globales Energiesicherheitssystem sollte unkonventionelle Energien wie Schiefergas propagieren, einen globalen wettbewerbsfähigen Gasmarkt schaffen, Notfallmaßnahmen auf größerer Ebene koordinieren, Energiearmut bekämpfen, sich weltweit engagieren sowie internationale Seelinien sichern. In der heutigen Welt seien rein nationale Energiepolitiken nicht mehr ausreichend. Was die Welt brauche, seien starke bilaterale, regionale und globale Energiebeziehungen.

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Stefan Samse

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Leiter des Rechtsstaatsprogramms Asien

stefan.samse@kas.de +65 6603 6171

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