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Symposium

Diversität, Gleichstellung und weibliche Führungskräfte in der Arbeitswelt

Leadership féminin : briser le plafond de verre

Die KAS veranstaltete in Kooperation mit der Association des Gestionnaires et Formateurs des Ressources Humaines (AGEF) am 20. März ein Symposium in Casablanca zum Thema "Diversität, Gleichstellung und weibliche Führungskräfte in der Arbeitswelt".

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Auf dem Arbeitsmarkt müssen Frauen häufig bei gleicher Qualifikation deutlich mehr Leistungen erbringen als ihre männlichen Kollegen, um Führungspositionen zu erlangen. Frauen in Führungspositionen stecken in einem Dilemma: einerseits müssen sie mehr Leistungen erbringen, um ihre Führungskompetenz zu beweisen, gleichzeitig aber wird erwartet, dass sie sich konform des vorherrschenden Musters an ein adäquates Verhalten von Frauen anpassen. Auch wenn viele Unternehmen ihre Strategien bereits mehr auf weibliche Führungskräfte ausgerichtet haben, bleibt es ein langwieriger Prozess, die sozial und kulturell verankerten Denkmuster und Stereotype in der Gesellschaft, die Frauen in Führungsrollen entgegenstehen, zu überwinden.

Dr. Ellinor Zeino-Mahmalat, Projektkoordinatorin der Konrad-Adenauer-Stiftung, sprach in ihrer Begrüßungsrede von den Errungenschaften innerhalb der universitären Ausbildung. Selbst an Universitäten in stark geschlechtsdiskriminierenden Staaten wie Saudi-Arabien oder Iran stellen weibliche Studenten oftmals die Hälfte der Studierenden und erbringen mitunter bessere Leistungen. Jedoch erinnerte sie daran, dass ein erfolgreicher Universitätsabschluss nicht gleichbedeutend mit Erfolg auf dem Arbeitsmarkt sei. Im Berufsleben und vor allem auf Führungsebene bestünden Ungleichheiten nach wie vor. In Deutschland wären laut einer Statistik im Jahr 2013 lediglich 11% der Vorstandspositionen in börsennotierten Unternehmen von Frauen besetzt gewesen. Diese geringe Anzahl habe sich in den letzten zwei Jahren bereits verdoppelt. Ferner existierten in Deutschland geschlechtsspezifische Gehaltsunterschiede. Frauen würden demnach bei gleicher Qualifikation und Tätigkeit 7% weniger verdienen als Männer.

Forschungsberichten zufolge bestünde zudem eine Ungleichheit bei der Leistungsbewertung von Frauen und Männern von Seiten der Arbeitgeber. Eine Studie des Baruch Colleges in New York hat 500 Manager eines großen Finanzkonzerns über zwei Jahre hinweg beobachtet und festgestellt, dass Frauen deutlich mehr Leistung erbringen mussten, um eine Beförderung zu erhalten, als Männer.

Zakia HAJJAJI, Personalleiterin bei Meditel, betonte ebenfalls, dass das Verhältnis der Geschlechter an marokkanischen Universitäten nahezu ausgeglichen sei, dass Frauen jedoch auf dem Arbeitsmarkt und vor allem beim Erlangen von Führungspositionen große Hindernisse überwinden müssten. Das Bildnis der sogenannten gläsernen Decke („plafond de verre“), die nur schwer durchstoßen werden könne, stelle immer noch eine Realität für berufstätige Frauen dar. Hajjaji kritisierte die Stereotype und Vorurteile, die nach wie vor hinsichtlich der Führungsqualitäten von Frauen bestünden, und das obwohl einer Studie von McKinsey zufolge Frauen in der Führungsebene die Leistung von Unternehmen deutlich erhöhen würden. Leadership-Kompetenzen werden in der gesellschaftlichen Meinung immer noch als „maskuline“ Eigenschaften gewertet. Ein weiterer Kritikpunkt von Seiten Zakia Hajjajis war, dass Frauen im Alter von Anfang bis Mitte 30 nicht zur beliebtesten Zielgruppe der Unternehmen gehören würden, da bei ihnen eine zeitnahe Familienplanung und gleichzeitig ein Abbruch ihrer Karriere angenommen werde. Damit werde Frauen gleichzeitig unterstellt, sie könnten Beruf und Familie nur schwer in Einklang bringen.

Nach Hajjaji sei dringend eine Sensibilisierung für geschlechtstypische Berufe auf Ebene der Schulen notwendig, um Mädchen zu einer Karriere in technischen oder naturwissenschaftlichen Fächern zu animieren respektive um aufzuzeigen, dass eine solche Karriere trotz der vorherrschenden Stereotype möglich sei. In Ingenieursstudiengängen seien nach wie vor wenige Frauen vertreten. Starke Netzwerke von und für Frauen seien notwendig, um die bestehenden Ungleichheiten zu bekämpfen. Hajjaji kritisierte die Tatsache, dass Frauen andere Frauen im Berufsleben zu wenig unterstützen würden.

Jamal AGHMANI, ehemaliger marokkanischer Arbeitsminister, setzte sich für die Förderung von Gender-Gerechtigkeit ein. Laut Aghmani gab es im Jahre 1997 nur zwei Frauen mit Ministerposten. Heute sei in manchen Abteilungen ein Frauenanteil von 50% und mehr erreicht, in anderen jedoch bestehe noch Entwicklungsbedarf. In der öffentlichen Verwaltung Marokkos gebe es zudem kaum Frauen in Führungspositionen. Ferner bemängelte er, dass es keine Gender-Kultur im Ministerium gebe und keine Politik, um der Ungleichheit entgegenzuwirken. Seinen persönlichen Erfahrungen zufolge seien Frauen in Top-Positionen eher bereit, Herausforderungen zu begegnen und zeigten mehr Engagement und Verantwortungsbewusstsein als ihre männlichen Kollegen. Aghmani zufolge hätten sich die rechtlichen Rahmenbedingungen in Marokko bereits geändert, jedoch fehle noch die entsprechende Umsetzung. Beispielsweise sei jedes Unternehmen per Gesetz verpflichtet, eine Kinderkrippe einzurichten, dem jedoch nur ein kleiner Anteil an Unternehmen nachkomme. Neben der Gesetzeslage müssten sich insbesondere auch die Mentalitäten in der Gesellschaft ändern.

Amina BOUAYACH, Generalsekretärin der Fédération internationale des ligues des droits de l'homme (FILDH), sah es als positive Errungenschaft an, dass Unternehmen heute über genderspezifische Fragen nachdenken und mit der Einleitung von Gleichstellungsmaßnahmen begonnen wurde. Sie betonte, dass es beim Thema "Diversität am Arbeitsplatz" nicht nur um die Gleichstellung der Geschlechter gehe, sondern um die Integration aller Menschen, die möglichen Diskriminierungen ausgesetzt sind. Die Integration und Gleichbehandlung von Mitarbeitern mit unterschiedlicher kultureller, ethnischer oder sozialer Herkunft seien nach Bouayach Teil der „sozialen Verantwortung von Unternehmen“. Letztendlich gehe es dabei um den Grundsatz der Nichtdiskriminierung, der in der Verfassung von 2011 klar verankert wurde. Bouayach zufolge brauche man neue zivilgesellschaftliche Strukturen und Organisationen, wie beispielsweise die AGEF, die sich für die Diversität und Chancengleichheit in der Arbeitswelt engagieren. Eine große Herausforderung für Marokko liege, laut Bouayach, in der hohen Analphabetisierungsrate, die vor allem Frauen betreffe.

Sanaa EL AJI, Journalistin und Soziologin, bemerkte, dass Diskriminierung von Frauen im Arbeitsleben auf subtile Art und Weise omnipräsent sei. In Marokko unterscheide man beispielsweise immer noch zwischen verheirateten und ledigen Frauen, was in der Anrede "Madame" bzw. "Mademoiselle“ zum Ausdruck käme. Ferner kritisierte sie, dass in Einstellungsgesprächen ausschließlich Frauen mit der Frage konfrontiert würden, wie sie Beruf und Familie in Einklang bringen. Die Frau sehe sich dadurch, laut El Aji, gezwungen, sich für ihre Karriereambitionen zu rechtfertigen. Die vorgefestigten Rollenbilder seien trotz der Änderungen in den Unternehmensstrategien und politischen Rahmengesetzen nach wie vor präsent. El Aji zufolge sei eine Weiterführung sowie Hinterfragung des gesellschaftlichen Diskurses enorm wichtig.

In der anschließenden Debatte wurde zunächst auch die Gefahr der Übernahme einer "Opferrolle" durch die Frauen diskutiert. Frauen mit Familie, die sich für eine Karriere auf Führungsebene entscheiden, müssten bereit sein, mobil zu bleiben, Dienstreisen wahrzunehmen, Überstunden zu akzeptieren und sich eigenständig um eine Kinderbetreuung zu kümmern.

Des Weiteren wurde kritisiert, dass in Marokko staatliche Sozialleistungen an den Ehemann als Familienoberhaupt und nicht an die Ehefrau überwiesen würden. Dies unterstütze die Wahrnehmung der Rolle des Mannes als „Familienoberhaupt“ innerhalb der Gesellschaft.

Anstatt von einer „gläsernen Decke“ zu sprechen, müsse man, laut Publikum, eher von einer „Betondecke“ („plafond de béton“) hinsichtlich der Aufstiegschancen von Frauen sprechen.

Es wurde angeregt, dass mehr Mentoring-Programme für Frauen auf Managementebene eingerichtet werden sollen und dass auch künftige Generationen auf die Thematik der Gender-Diversität vorbereitet werden sollen. Zudem wurde erneut betont, dass sich die Unternehmenspolitik ändern müsse und es keine diskriminierenden Fragen oder eine geschlechtsspezifische Voreingenommenheit mehr in Einstellungsgesprächen geben dürfe.

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Casablanca

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Dr. Helmut Reifeld

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Dr. Ellinor Zeino

Ellinor Zeino

Leiterin des Regionalprogramms Südwestasien

ellinor.zeino@kas.de
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