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Die neue Verfassung von 2011 garantiert grundlegende Partizipationsrechte von Bürgern und Vertretern der Zivilgesellschaft zur Stärkung des lokalen und nationalen Entwicklungsprozesses.

Im Sinne der Stärkung von lokaler Partizipation in den Regionen und der vom König anvisierten "vertieften Regionalisierung" (régionalisation avancée), soll Artikel 139 der neuen Verfassung Bürgern und Vereinigungen der Zivilgesellschaft ermöglichen, ihr Petitionsrecht auf der Ebene der Regionalräte wahrzunehmen. Die Wahrnehmung des verfassungsrechtlich garantierten Petitionsrechts hängt jedoch noch vom Erlassen von konkreten Gesetzen (lois organiques) ab.

Nach Mohamed Zouaq, marokkanischer Jurist und Publizist, hat sich seit den 1990er Jahren eine breite Zivilgesellschaft in Marokko entwickelt. Marokko zählt heute ca. 45.000 aktive Vereinigungen und Verbände. Vertreter der Zivilgesellschaft sind zu grundlegenden Ansprechpartnern und Akteuren von lokaler und nationaler Entwicklung in allen Bereichen (Frauen, Umwelt, Arbeitsrecht, Bildung, etc.) geworden. Zouaq unterscheidet zwischen zwei grundlegenden Typen von zivilgesellschaftlichen Vereinigungen: solchen Vereinigungen, die in erster Linie Dienstleistungen für die Bürger zur Verfügung stellen, sowie Vereinigungen, die sich einer bestimmten Sache verschrieben haben. Die Entwicklung der marokkanischen Zivilgesellschaft hat dazu geführt, dass die Rolle des Staates als ehemals exklusiver Dienstleister gegenüber seinen Bürgern verändert wurde. Gleichzeitig sind zivilgesellschaftliche Organisationen - parallel zum Staat - zu Repräsentanten und Fürsprecher der Bürger auf lokaler, regionaler und nationaler Ebene sowie zu Mittlern zwischen Bürger und Staat geworden.

Bachir Mokrane, Berater beim UNDP, wies darauf hin, dass für die Umsetzung einer anvisierten "partizipativen Demokratie" und einer "erweiterten Regionalisierung" die marokkanischen gewählten Vertreter in den Lokalverwaltungen stärker auf ihre neue Rolle vorbereitet werden müssen. Zudem stellte Mokrane die doppelte bzw. zweigleisige Rolle von zivilgesellschaftlichen Akteuren in den Raum. Die Rolle der Zivilgesellschaft bewege sich zwischen dem Fürsprechen und Verfechten einer bestimmten Sache einerseits und dem Ersetzen von staatlichen Aufgaben und Dienstleistungen andererseits.

Das verfassungsrechtlich garantierte Petitionsrecht (Artikel 14, 15 und 139 der Verfassung) bietet eine erste Grundlage für lokale Partizipation und die Möglichkeit der Gesellschaft "sich auszudrücken". Der Erlass von Organgesetzen, die die Umsetzung und konkrete Wahrnehmung dieses Rechts garantieren, ist für die Glaubwürdigkeit des Projektes einer "partizipativen Demokratie" dringend geboten.

Auszug aus der Verfassung des Königsreichs Marokko (2011):

Article 139

Des mécanismes participatifs de dialogue et de concertation sont mis en place par les Conseils des régions et les Conseils des autres collectivités territoriales pour favoriser l’implication des citoyennes et des citoyens,et des associations dans l’élaboration et le suivi des programmes de développement.

Les citoyennes et les citoyens et les associations peuvent exercer le droit de pétition en vue de demander l’inscription à l’ordre du jour du Conseil, d’une question relevant de sa compétence.

Article 14

Les citoyennes et les citoyens disposent, dans les conditions et les modalités fixées par une loi organique, du droit de présenter des propositions en matière législative. Un ou plusieurs groupes de la Chambre parlementaire concernée peut parrainer ces motions et les traduire en propositions de loi, ou interpeller le gouvernement dans le cadre des prérogatives conférées au Parlement.

Article 15

Les citoyennes et les citoyens disposent du droit de présenter des pétitions aux pouvoirs publics. Une loi organique détermine les conditions et les modalités d’exercice de ce droit.