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Fachkonferenz

Religion und Frauenrechte im südlichen Mittelmeer nach den arabischen Umbrüchen

 

Vom 21.-23. Juni veranstaltete die KAS in Kooperation mit dem ISIS Center for Women and Development in Fez eine internationale Konferenz zum Thema "Frauenrechte im südlichen Mittelmeer nach den arabischen Umbrüchen".

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Die arabischen Umbrüche haben mit Blick auf die Situation und gesellschaftspolitische Stellung der Frauen eher ambivalente Ergebnisse hervorgebracht. Einerseits haben Frauen aktiv an den arabischen Umbrüchen und Revolutionen mitgewirkt, andererseits werden sie nun vielerorts als "Verlierer" der Revolution bezeichnet. Die neu gewählten Regierungen in Marokko, Tunesien, Ägypten und Kuwait weisen eine schwache - bis gar keine - Repräsentation von Frauen auf. Gleichzeitig kann eine politische Islamisierung der MENA-Region und eine stärkere Präsenz von salafistischen Strömungen beobachtet werden.

 

Welche Rolle spielt bzw. kann und soll die Religion bei der Ausgestaltung der neuen Rolle der Frauen spielen? Säkulare, liberale und islamische Vertreter/innen von Frauenrechten geben teils komplementäre, teils konträre Antworten auf diese Fragen.

 

Frauen und Männer aus über 20 Ländern haben an der Konferenz teilgenommen und entscheidende Fragen zur neuen Situation der Frauen in der MENA-Region diskutiert. Folgende Themen wurden dabei behandelt:

 

1. Gleichstellung in den neuen Verfassungen

 

2. Frauenrechte nach den arabischen Umbrüchen

 

3. Frauenrechte und Islam

 

4. Gender und Macht: Politische Partizipation von Frauen

 

5. Gender-Diskurse in der MENA-Region

 

6. Frauen und ökonomische Gleichstellung

 

7. Frauen und kulturelle Gleichstellung

 

8. Öffentliche und individuelle Freiheitsrechte

 

9. Frauen, Medien und internationale Netzwerke

 

 

Prof. Dr. Fatima Sadiqi, Direktorin des ISIS Center for Women and Development in Fes hat zu Beginn der Konferenz festgestellt, dass Frauen eine entscheidende Rolle in den arabischen Umbrüchen gespielt haben, gleichzeitig aber immer noch Opfer von physischer und psychischer Gewalt, Diskriminierung und sozialer Ungleichheit in den betroffenen Ländern werden. Das Thema sei in der MENA-Region aktuell von großer Sensibilität.

 

Prof. Dr. Valentine Mohgadam, Direktorin des International Affairs Programms an der Northeastern University in Boston/USA, gab in ihrem Einführungsvortrag eine wissenschaftliche Einordnung von Revolutionen und demokratischen Transformationen im Hinblick auf die anschließende Einbindung von Frauen in die neuen politischen Strukturen. Sie unterschied zwischen „egalitären“ und „patriarchalischen“ Transformationsergebnissen. Als eher egalitäre Beispiele nannte sie die Transformationen in Argentinien, Brasilien und Südafrika. Als patriarchalisches Beispiel nannte sie die Transformationen in Russland und Osteuropa nach 1991, die zu einer geringeren politischen Repräsentation von Frauen in den politischen Institutionen geführt haben. Für zukünftige Transformationsprozesse, und vor allem angesichts der aktuellen arabischen Umbrüche, plädierte sie für den Einbezug von Gender-Gerechtigkeit bei der Bewertung einer Demokratie. Gleichheit und Gerechtigkeit innerhalb der Familien, Schutz vor sexueller Belästigung in der Öffentlichkeit oder am Arbeitsplatz, mehr Gleichberechtigung bei der Verteilung von öffentlichen Ressourcen und Ämtern sind alles Faktoren, die bei der Bewertung einer Demokratie berücksichtigt werden sollten.

 

Für die weitere Entwicklung der arabischen Transformationsprozesse hoffe sie auf die Entstehung von stärker „frauen-freundlichen“ Demokratien und hielt einen neuen „Gender-Vertrag“ innerhalb der Gesellschaften für notwendig.

 

Moha Ennaji, Autor und Präsident des internationalen Instituts für Sprachen und Kultur in Fes, wies in seiner Rede darauf hin, dass die Resultate des arabischen Frühlings eher enttäuschend seien. Ihm zufolge seien sich viele darüber einig, dass die Situation in der arabischen Welt vor den Umbrüchen besser gewesen war und nun eine Tendenz der weiteren Beschneidung von Frauenrechten und der Ausgrenzung von Frauen aus der Politik zu beobachten sei. Vor allem die islamistischen Kräfte in der Region scheinen dazu entschlossen zu sein, Frauen von der Politik vollständig auszuschließen.

 

Moushira Khattab, Ägyptens ehemalige Familienministerin und Botschafterin in Südafrika, beschrieb die Verfassung in Ägypten als vorbildlich, da sie Frauen die grundlegenden Rechte zuschreibt, die ihnen in einer gesunden Demokratie zustehen. Die Realität sehe in Ägypten jedoch völlig anders aus.

 

Prof. Dr. Nouzha Guessous, Professorin für Medizin an der Universität Hassan II in Casablanca und früheres Mitglied des Beratungsausschusses für die Reform der des marokkanischen Familien- und Personenstandsrechts (Moudawana), wies in ihrem Vortrag darauf hin, dass die Gleichberichtung von Mann und Frau in der arabischen Welt auf uralte religiöse Traditionen stößt, die von vielen für untastbar und gar heilig betrachtet werden. Diese Traditionen müsse man jedoch überwinden, wenn Frauen und Männer über dieselben Rechte verfügen wollen.

 

Prof. Dr. Frau Simone Susskind, Professorin an der freien Universität in Brüssel, machte darauf aufmerksam, dass man sich viel zu sehr auf den Islam fokussiere. Sie plädierte für einen verstärkten Dialog und vor allem für Solidarität zwischen den beiden Geschlechtern.

 

Die Veranstaltung wurde mit der Deklaration einer Reihe von Empfehlungen geschlossen. Die Teilnehmer riefen dazu auf, das bisher Erreichte im Bereich der Gleichstellung der Geschlechter zu erhalten, Gleichstellung und Nicht-Diskriminierung jeglicher Art in den Verfassungen festzuschreiben, Frauen- und Mädchenbildung deutlich zu stärken sowie die Zivilgesellschaft im Zusammenarbeit mit dem Staat stärker zum Erreichen dieser Ziele einzubinden.

 

Die Konferenzsprachen waren Arabisch, Französisch und Englisch.

 

Ein ausführliches Dossier zur Presseberichterstattung steht anbei zum Download bereit.

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Veranstaltungsort

Fez

Publikation

Frauenrechte in der MENA-Region nach den arabischen Umbrüchen
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Dr. Helmut Reifeld

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Dr. Ellinor Zeino

Ellinor Zeino

Leiterin des Regionalprogramms Südwestasien

ellinor.zeino@kas.de
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