Religionsfreiheit als Menschenrecht - Auslandsbüro Marokko
Expertengespräch
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Die Religionsfreiheit gehört zum Kernbestand der Menschenrechte. Für die Durchsetzung von Religionsfreiheit ergeben sich jedoch in vielen Staaten der Welt immer wieder gravierende Probleme. Aktuellen Zahlen zufolge kommt es in über 60 Staaten weltweit regelmäßig zum Teil zu gravierenden Verletzungen. Auf einer zweitägigen Veranstaltung des Büros der KAS in Rabat und in Kooperation mit der juristischen Fakultät der Universität sowie dem Centre Marocain des Etudes Juridiques (CMEJ) konnte jedoch am 19. und 20 März das gesamte Spektrum dieser Probleme offen angesprochen werden.
Zur Eröffnung sprach Prof. Dr. Heiner Bielefeldt, Inhaber eines Lehrstuhls für Menschenrechte an der Universität Erlangen-Nürnberg und Sonderberichterstatter für Religions- und Weltanschauungsfreiheit des UN-Menschenrechtsrats in der Aula der juristischen Fakultät vor ca. 150 Zuhörern über das Thema: „La liberté de religion et de conviction“. Im ersten Teil seines Diskurses sprach er über die Angst vor der Freiheit sowie die Angst vor der (anderen) Religion als den strukturellen Ursachen für alle Versuche, die Religionsfreiheit einzuschränken. Im Hauptteil seiner Rede betonte er zunächst, dass allein das Individuum in seinem Menschsein Träger des Rechts auf Religionsfreiheit sein kann, nicht aber die Religion als solche. Danach behandelte er das Ausmaß und die Einschränkungen dieser Freiheit sowie das Beziehungsgeflecht zwischen der Gleichheit aller Menschen und der Pflicht zur Nicht-Diskriminierung. Zum Abschluss skizzierte er noch den „Rabat Plan of Action“, der im vergangenen Oktober aus einer Serie von Workshops der OHCHR hervorgegangen ist, deren Abschluss hier in Rabat erfolgte. Das Ziel dieses Plans ist das Verbot jeglicher Befürwortung von nationalistischer, rassistischer oder religiöser Hassrede, die zu Diskriminierung, Feindseligkeit oder Gewalt führen kann.
Am folgenden Morgen fand dann ein intensiver Austausch in Form eines Expertengesprächs statt, bei dem mehrere Repräsentanten von marokkanischer Seite zu Wort kamen. Hierzu gehörten vor allem:
■ Prof. Mohammed Madani, Politologe an der Université Mohammed V Rabat, der die verfassungsrechtliche Verankerung der Religionsfreiheit in Marokko erläuterte sowie die größere Anerkennung der gesellschaftlichen Pluralität betonte, die sich damit eröffne.
■ Prof. Lahcen Oulhaj, der Doyen der juristischen Fakultät und Président de commission au conseil économique et social, der das Verständnis von und die Diskussion über Säkularismus in Marokko beschrieb. Aus seiner Sicht ist eine Stärkung des Säkularismus in Marokko nicht nur mit der Kultur des Landes vereinbar, sondern ein Element der Freiheit, die in der neuen Verfassung von 2011 garantiert ist.
■ Prof. Mohammed Doukkali, einer der bekanntesten Philosophen des Landes, der sich gegen jegliche Bindungen an Herkunftsreligionen oder gar an eine Staatsreligion aussprach und stattdessen vehement für die Freiheit des Gewissens und der persönlichen Glaubensüberzeugungen jedes einzelnen eintrat.
■ Prof. Mohammed Amine Smaili, Theologe „en dogme musulman et religions comparées“ an der Université Mohammed V Rabat, der eine Gegenposition zu seinen Vorrednern bezog. Für ihn haben die Rechte der Menschen eine geringere Bedeutung als die Rechte Gottes und eine säkulare Ordnung der Gesellschaft erscheint lediglich als Ausdruck von Bequemlichkeit und Egoismus.