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Diskussion

Rolle und Rechte der Opposition in der neuen Verfassung

 

Am 08. Februar veranstaltete die KAS in Kooperation mit dem Centre Marocain des Etudes Juridiques (CMEJ) in Rabat eine Debatte zum Thema "Rolle und Rechte der Opposition in der neuen Verfassung".

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In Kooperation mit dem Centre Marocain des Etudes Juridiques (CMEJ) hat die Konrad-Adenauer-Stiftung am 8. Februar eine Debatte zur Rolle und den Rechten der Opposition in der neuen

marokkanischen Verfassung veranstaltet. Dabei wurde eine Vielfältigkeit von Meinungen und

Reaktionen durch die teilnehmenden Politiker verschiedener Parteien, Professoren sowie

Studentinnen und Studenten der Universität Mohammed V-Agdal reflektiert.

Professor Mohamed Jalal Essaid von der Universität Mohammed V-Agdal, der ehemalige

Parlamentsvorsitzender, begrüßte in seiner Rede die neuen Rechte der Opposition in der neuen

Verfassung und bezeichnete sie „als größte und wichtigste Veränderung zur wahren Demokratie“.

Ihm zufolge verbrachte er selbst „mehr Zeit mit der Opposition, als mit der eigenen Familie“.

Deshalb kennt er sich bestens mit den Schwierigkeiten und Hürden, die der Opposition bei ihrer Arbeit

begegnen, aus. Insbesondere Artikel 10 der neuen Verfassung, im dem der Opposition zwölf

Rechte garantiert werden, stand im Mittelpunkt seines Vortrages. Es erschiene ihm sogar so, als sei

der Text von Mitgliedern der Opposition für die Opposition verfasst worden: Meinungsfreiheit,

wirksame Beteiligung am Gesetzgebungsverfahren, sowie verstärkte Kontrolle der Regierungsarbeit

u.a. verleihen der Opposition mehr Macht, so dass die Regierung aus ihrem alleinherrschendem

Status herausgerissen wird. Mohamed Jalal Essaid zufolge sollte der Text aber keineswegs

überinterpretiert werden. Es bedarf mehr als nur einer schriftlichen Veränderung, damit Marokko

über eine „echte Opposition“ verfügen kann. Hierbei spielen Mentalität und Zusammenarbeit

zwischen den verschiedenen politischen Parteien, allem voran aber zwischen den regierenden

Parteien, der Opposition und insbesondere den Bürgern, eine ausschlaggebende Rolle.

Mohamed Hanine, Parlamentsabgeordneter und Vorsitzender der Kommission für

Gerechtigkeit, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte, sprach sich für die neue Verfassung aus und

bezeichnete sie als demokratisch. Ergänzend zu Mohamed Jalal Essaid wies er auf Artikel 82 der

neuen Verfassung hin, welcher besagt, dass mindestens ein Tag monatlich für die Prüfung von

Gesetzesvorschlägen einschließlich jener der Opposition reserviert ist. Die neue Verfassung ist seiner

Meinung nach vorbildlich, sie stärkt die Rechte der Opposition und versetzt sie in eine optimale

Lage, um die Regierungsarbeit zu kontrollieren, gleichwohl aber auch um dabei mitzuwirken. Für

Mohamed Hanine allerdings besteht ein großer Unterschied zwischen Theorie und Praxis. Denn die

Mehrheit in der Regierung ist derart mächtig, dass sie die Oppositionsarbeit kontrolliert und nicht

umgekehrt. Deswegen spricht er sich für eine starke Opposition aus, die sich darüber im klaren ist,

welche Aufgaben sie hat und wie sie diese konsequent durchführen kann.

Die Fragen und Kommentare der Anwesenden Politiker und Professoren bezogen sich

hauptsächlich auf die folgenden Punkte:

– Gibt es wirklich eine Opposition in Marokko und wenn ja existiert sie nur deswegen, weil

sie a priori zum gesunden demokratischen System gehört.

– Wie definiert man den Begriff „Opposition“ bzw. was ist überhaupt die Opposition.

– Ist die Opposition ein Teil der Mehrheit? Wenn ja, was macht es für einen Sinn von einer

„Opposition“ zu sprechen. Wenn nein, wo ist dann diese Opposition, über die wir

debattieren.

Die Studentinnen und Studenten der Universität Mohammed V-Agdal waren sich darüber einig,

dass sowohl die regierenden Parteien als auch die Opposition ihre Aufgaben vernachlässigen. Sie

haben jegliches Vertrauen in die Politik verloren, weil sie ständig nur leere Versprechen anstatt

Resultate erhalten. Deswegen haben sie absichtlich die Wahlen boykottiert bzw. "weiß gewählt".

„Die Opposition existiert und handelt gemäß ihrer Rolle“ lautet Mohamed Hanines Antwort.

Sie muss aber strukturiert und koordiniert handeln, wenn sie Resultate erzielen will. Man möge sich

über die Politik und die Politiker beschweren, aber „wie will man Veränderungen herleiten, wenn

65% der Bevölkerung an den Wahlen nicht teilnehmen?“ fügte er zu. Keiner der Anwesenden

leugnete, dass die neue Verfassung die Rechte der Opposition stärkt, dennoch ist die

Opposition in der jetzigen Verfassung viel zu schwach, um einfach Nein zu sagen, wie einer der

Teilnehmer mehrmals betonte. Es ist aber auch Aufgabe und Pflicht der Bürger ihre eigene Meinung

zu bilden und an den Wahlen teilzunehmen. Denn sie entscheiden letztendlich wer regieren darf und

wer das Amt der Opposition bekleiden soll. Deshalb ist man sich darüber einig, dass Ausbildung

Quelle und zugleich das Fundament einer gut funktionierenden Demokratie ist. Mohamed Sassi,

Professor an der Universität Mohammed V-Agdal, wies darauf hin, dass er jahrelang daran

gearbeitet hat, die Verfassung zu ändern. Dies sei ihm zu keinem Zeitpunkt gelungen, bis die Jugend

Marokkos für neue Reformen demonstrierte. Deshalb gilt es, sich für die Jugend einzusetzen. Denn

sie sind die Zukunft.

Als Fazit der Diskussionen kann festgehalten werden, dass die Teilnehmer ausnahmslos die

neuen Reformen begrüßen, die Frage allerdings was genau eine Opposition ist und ob sie durch die

neuen Rechte in der neuen Verfassung tatsächlich ein Machtwort aussprechen kann, konnte zu

keinem Zeitpunkt zufriedenstellend beantwortet werden. Das Schlusswort der Debatte übernahm Dr.

Helmut Reifeld, Leiter des KAS-Auslandsbüros in Marokko. Er wies darauf hin, dass Wahlboykott

keine Lösung sei, da es zur parlamentarischen Demokratie keine Alternative gebe.

Auszug aus der Verfassung des Königsreichs Marokko (2011):

Article 10

La Constitution garantit à l’opposition parlementaire un statut lui conférant des droits à même de lui permettre de s’acquitter convenablement de ses missions afférentes au travail parlementaire et à la vie politique. Elle garantit, notamment, à l’opposition les droits suivants :

■ la liberté d’opinion, d’expression et de réunion,

■ un temps d’antenne au niveau des médias officiels, proportionnel à leur représentativité,

■ le bénéfice du financement public, conformément aux dispositions de la loi,

■ la participation effective à la procédure législative, notamment par l’inscription de propositions de lois à l’ordre du jour des deux Chambres du Parlement,

■ la participation effective au contrôle du travail gouvernemental, à travers notamment les motions de censure et l’interpellation du Gouvernement, ainsi que des questions orales adressées au Gouvernement et dans le cadre des commissions d’enquête parlementaires,

■ la contribution à la proposition et à l’élection des membres à élire à la Cour Constitutionnelle,

■ une représentation appropriée aux activités internes des deux Chambres du Parlement,

■ la présidence de la commission en charge de la législation à la Chambre des Représentants,

■ disposer de moyens appropriés pour assurer ses fonctions institutionnelles,

■ la participation active à la diplomatie parlementaire en vue de la défense des justes causes de la Nation et de ses intérêts vitaux,

■ la contribution à l’encadrement et à la représentation des citoyennes et des citoyens à travers les partis politiques qui la forment et ce, conformément aux dispositions de l’article 7 de la présente Constitution,

■ l’exercice du pouvoir aux plans local, régional et national, à travers l’alternance démocratique, et dans le cadre des dispositions de la présente Constitution.

Les groupes de l’opposition sont tenus d’apporter une contribution active et constructive au travail parlementaire. Les modalités d’exercice par les groupes de l’opposition des droits susvisés sont fixées, selon le cas, par des lois organiques ou des lois ou encore, par le règlement intérieur de chaque Chambre du parlement.

Article 69

Chaque Chambre établit et vote son règlement intérieur. Toutefois, il ne pourra être mis en application qu’après avoir été déclaré par la Cour Constitutionnelle conforme aux dispositions de la présente Constitution.

Les deux Chambres du Parlement sont tenues, lors de l’élaboration de leurs règlements intérieurs respectifs, de prendre en considération les impératifs de leur harmonisation et leur complémentarité, de manière à garantir l’efficience du travail parlementaire.

Le règlement intérieur fixe notamment :

■ les règles d’appartenance, de composition et de fonctionnement concernant les groupes et groupements parlementaires et les droits spécifiques reconnus aux groupes d’opposition,

■ les obligations de participation effective des membres aux travaux des commissions et des séances plénières, y compris les sanctions applicables aux absences,

■ le nombre, l’objet et l’organisation des Commissions permanentes, en réservant la présidence d’une ou deux de ces commissions à l’Opposition, sous réserve des dispositions de l’article 10 de la présente Constitution.

Article 82

L’ordre du jour de chaque Chambre est établi par son Bureau. Il comporte les projets de loi et les propositions de loi, par priorité, et dans l’ordre que le gouvernement a fixé.

Une journée par mois au moins est réservée à l’examen des propositions de loi dont celles de l’Opposition.

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Veranstaltungsort

Rabat

Publikation

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Dr. Helmut Reifeld

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Dr. Ellinor Zeino

Ellinor Zeino

Leiterin des Regionalprogramms Südwestasien

ellinor.zeino@kas.de

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