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Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz – ein Expertengespräch

Am 07. März, am Vorabend des Weltfrauentags, organisierte der KAS in Kooperation mit der Association Nationale des Gestionnaires et Formateurs des Ressources Humaines (AGEF) eine Podiumsdiskussion zum Thema „Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz“.

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Nachdem am Eingang zum Konferenzsaal des Sofitel Tour Blanche Casablanca alle weiblichen Gäste mit einer Rose empfangen wurden, eröffnete Amine Oulahyane, Vize-Präsident von AGEF, den Abend. Er gab dann das Wort an die Moderatorin der Podiumsdiskussion, Fadoua El Hassani, weiter, die in einer kurzen einleitenden Rede sexuelle Belästigung als „Quelle des Übels in der Gesellschaft“ bezeichnete.

Als erste der vier marokkanischen Expertinnen und Experten erläuterte Amal Chabach, Sexologin und Psychotherapeutin, ihre Meinung zum Thema der sexuellen Belästigung am Arbeitsplatz. Für sie ist das Verhalten der Täter durch einen Drang zur Machtdemonstration begründet; typische Eigenschaften eines Belästigers seien eine Mischung aus Machtbesessenheit, Freude an der Erniedrigung anderer und Narzissmus. Die Medizinerin betonte auch, dass jede und jeder, auch Männer, Opfer von sexueller Belästigung werden könne und dass es keine bestimmten Veranlagungen gäbe, die jemanden als Opfer prädestinierten. Besonders problematisch sei es, dass von den Tätern Abhängigkeitsverhältnisse schamlos ausgenutzt und die Opfer mit Kündigungen bedroht würden. Auch Beförderungen oder höhere Gehälter würden als Druckmittel eingesetzt, um abhängige Angestellte zu nötigen und ihre Fügsamkeit zu erpressen. Die Handlung selbst tritt Frau Chabach zufolge in vielfältiger Form auf und kann bei den Leidtragenden bleibende Traumata und Ängste auslösen.

Danach beleuchtete der Wirtschaftswissenschaftler und Anthropologe Rachid Achachi die Materie von einer ganz anderen Seite: Er erklärte, dass sexuelle Belästigung ein Phänomen aller modernen Gesellschaften sei. Seiner Ansicht nach ist die Ursache nicht vornehmlich in der Beziehung zwischen Männern und Frauen am Arbeitsplatz, sondern vielmehr in Hierarchien und Abhängigkeitsverhältnissen zu suchen. Im Laufe der Diskussion ergänzte Herr Achachi diese soziologische Perspektive noch durch Bemerkungen zum Einfluss der patriarchalen Gesellschaft Marokkos auf die Machtstrukturen in Firmen, wo Männer für gewöhnlich genauso an der Spitze der Hierarchie stehen wie in den meisten Familien. Der gewaltige Einfluss des Internets spielt seiner Meinung nach ebenfalls eine Rolle, da Jugendliche heutzutage häufig online und durch oft unrealistische Darstellungen von Sexualität aufgeklärt würden.

Als dritter Experte kam Zakaria Rbii, Präsident von AGEF und Vize-Präsident der Abteilung Human Resources von Centrale Danone, zu Wort. Seine extensive Erfahrung im Bereich Personalmanagement habe ihm gezeigt, dass vor allem eine flächendeckende Bekanntmachung und Enttabuisierung des Problems der sexuellen Belästigung notwendig sei. Er beklagte einen Mangel an aussagekräftigen Statistiken über das Phänomen in Marokko und das Fehlen von Schutzvorrichtungen im Straf- und Arbeitsrecht. Besonders wichtig seien in diesem Kontext die Aufklärung auf allen Ebenen und die prägende Rolle, die die Familie in diesem Rahmen schon für kleine Kinder spielen kann und soll.

Die Runde wurde vervollständigt durch den Rechtsanwalt Dr. Naim Sabik, der die Aussagen von Herrn Rbii bekräftigte und erklärte, dass das Problem der sexuellen Belästigung am Arbeitsplatz im marokkanischen Gesetz nicht zufriedenstellend behandelt wird. Ein großes Problem sei das der Beweisbarkeit von Übergriffen, da die meisten Fälle von Belästigung am Arbeitsplatz nicht vor Augenzeugen geschähen und damit kaum nachzuweisen seien. Auch Herr Sabik betonte nochmals, dass die patriarchalische Gesellschaftsform Marokkos und anderer Länder einen nicht zu unterschätzenden Einfluss auf die Existenz und Duldung von sexueller Belästigung ausübe.

Im Anschluss an die Gesprächsrunde stellten die Experten sich den Fragen des Publikums. Von den circa 250 Anwesenden kamen zahlreiche Wortmeldungen, sodass sich eine lebhafte Debatte entspann. Das Thema lag offensichtlich vielen Gästen am Herzen und so musste die Moderatorin die öffentliche Diskussion schließlich aus Zeitmangel beenden.

Der Abend fand in einem gemeinsamen Abendessen schließlich seinen Abschluss. Auch hierbei bot sich reichlich Gelegenheit für Austausch und Diskussionen.

Insgesamt war die Veranstaltung ein großer Erfolg, sowohl in Bezug auf die Diskussion der Experten untereinander als auch im Hinblick auf die Interaktion mit dem Publikum. Das Thema der sexuellen Belästigung, obwohl schon oft diskutiert, besitzt noch immer große gesellschaftliche Relevanz und es bedarf noch einiger Arbeit, um eine zufriedenstellende Lösung zu finden. Vor allem muss es in der Gesellschaft ein allgemeines Umdenken bezüglich der absoluten Gleichberechtigung von Männern und Frauen geben, denn solange diese nicht weithin akzeptiert und verinnerlicht wird, können nur die Symptome, nicht jedoch die Ursachen des Problems bekämpft werden.

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Casablanca

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