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Workshop

Transnationale Migration in Westafrika, Maghreb und Europa

 

Am 6. und 7. Juni organisierte die KAS in Kooperation mit dem Centre Jacques Berque einen internationalen Workshop zur "Transnationalen Migration in Westafrika, Maghreb und Europa".

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Details

Im Zuge der Globalisierung hat die transnationale Migration im Raum Westafrika, Maghreb und Europa massiv zugenommen. In diesem Workshop befassten sich Wissenschaftler und Experten mit der Frage, welche Auswirkungen die transnationale Migration auf die jeweiligen Gesellschaften haben. Marokko beispielsweise hat sich in den letzten Jahren zu einem Auswanderungs-, Einwanderungs- und Transitland entwickelt. Die Migranten, gleichgültig welche Nationalität oder welchen Status sie besitzen, verbinden verschiedene geografische Räume miteinander, tragen ihre Identität und Kultur mit sich und entwickeln mitunter eine dritte Diaspora-Kultur.

Teilnehmer des Workshops waren Forscher und Experten aus den drei Regionen (Westafrika, Maghreb, Europa). Ziel war es, die Entwicklung, Formen und Auswirkungen transnationaler Migration in fortschreitenden Globalisierungsprozessen zu diskutieren.

Dabei wurden Fragen der Identität, Religion, Marktwirtschaft und sozialer Integration behandelt. Der Workshop diente zudem als Gründungsveranstaltung eines regionalen Forschungsnetzwerks zum Thema transnationaler Migration.

Mehdi Alioua, Forscher an der Université Internationale de Rabat, betonte die Problematik von „permanenten Migranten“, die wie Nomaden keinen festen und geregelten Aufenthalt erlangen. Dies ist zum Beispiel das Schicksal vieler schwarzafrikanischer Migranten in Marokko, die eigentlich nach Europa auswandern wollten, aber denen die Überfahrt nach Europa nicht gelingt.

Eine Visualisierung von Migration präsentierte Chadia Arab, Geografin an der Université d’Angers. In ihrer Präsentation hielt sie die individuellen Routen und Wege, sowie Aufenthalte und Arreste, einzelner Migranten kartographisch fest. Diese Methode hilft, Veränderungen der transnationalen Migration bildlich darzustellen.

Bruno Riccio, Anthropologe an der Universität von Bologna, schilderte in seinem Beitrag die Entwicklung von Mobilität und Migration in Italien. Während in den 1950er Jahren Italien noch von einer internen Migration gekennzeichnet war (Süditaliener ziehen nach Norditalien), ist es heute zu einem Einwanderungs- und Transitland für Migranten aus dem Maghreb und Schwarzafrika geworden. Erst in jüngster Zeit verfolgt der italienische Staat zudem offiziell eine Politik der Integration der Immigranten, während die Einwanderer in den 1980er Jahren noch weitgehend sich selbst überlassen waren.

Rachid Yassine, Sozio-Anthropologe an der Université Gaston Berger de Saint-Louis, Senegal, beschäftigte sich vor allem mit dem Faktor „Sprache“ und die Auswirkungen von Sprache auf die Religiosität in der Diaspora. So werden Imame in Frankreich mittlerweile auf Französisch ausgebildet. Durch die Diaspora vieler Muslime in Europa haben sich zudem viele verschiedene Islamformen herausgebildet, die sich dem Aufnahmeland in Teilen angepasst haben. So könne man heute beispielsweise von einem französischen, deutschen oder italienischen Islam sprechen.

Das Phänomen der Globalisierung und Vermarktung von Bildung wurde von Niandou Touré, Migrationsforscher an der Université Paris Descartes, angesprochen. Der marokkanische und afrikanische Bildungsmarkt hat sich in den letzten Jahren stark internationalisiert. Insbesondere die Hochschulbildung wird durch internationale private Universitäten und Schulen immer stärker vermarktet und globalisiert. Marokko ist mittlerweile ein beliebtes Ziel für afrikanische „Bildungsmigranten“, insbesondere für Management- und IT-Studiengänge. So zählt Marokko bereits 3000 mauretanische Studenten. Zudem wurden in Afrika bereits zahlreiche, insbesondere amerikanische, „Offshore-Universitäten“ gegründet, so dass man heute von einem „Markt des Wissens“ sprechen kann. Touré merkte an, dass die Bildungsmigration in der Migrationsforschung bisher weitgehend außer Acht gelassen wurde. So ist die Aufenthaltspolitik des Aufnahmelandes gegenüber Bildungsmigranten entscheidend für den Erhalt von Kompetenzen im Land. Marokko verfolge eher eine restriktive Aufenthaltspolitik gegenüber Bildungsmigranten, was dazu führt, dass viele ausländische Studenten sich weiter in der Universität einschreiben, um ihre Aufenthaltsgenehmigung zu verlängern.

Nazarena Lanza, Soziologin am Centre Jacques Berque in Rabat, beschrieb die ausgeprägte Mobilität von Handel, Pilgerschaft und Tourismus zwischen Marokko und Senegal. Aufgrund der engen religiösen Beziehungen zwischen Senegal und Marokko (Tijania-Bruderschaft) hat sich eine enge Verbindung zwischen Pilgerschaft, Tourismus und deren Kommerzialisierung herausgebildet. Insbesondere die marokkanische Stadt Fez als religiöses Zentrum für die sufistische Tijania-Bruderschaft ist ein beliebtes Pilgerziel für senegalesische Tijania-Anhänger. Dadurch hat sich eine ganze Berufssparte von „religiösen Reiseführern“ herausgebildet, die den Pilgern ihre Dienstleistung anbieten.

In der anschließenden Synthese haben sich die Teilnehmer des Workshops auf ein weiteres komparatives Vorgehen geeinigt, das verschiedene konkrete Fallstudien miteinander vergleichen soll. Folgende zukünftige Themen wurden als besonders relevant hervorgehoben:

-Die Auswirkungen der aktuellen wirtschaftlichen sowie politisch-institutionellen Krise in Afrika, Nahost sowie Europa auf das weitere Migrationsverhalten sowie auf die Migrationspolitik der betroffenen Staaten

-Das Verhältnis Staat, lokale Gesellschaft und Diasporagesellschaft

-neue Formen von Migration (Bildungsmigration, permanente Migration, Zeitarbeitsmigration („migration circulaire“).

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Veranstaltungsort

Rabat

Kontakt

Dr. Ellinor Zeino

Ellinor Zeino

Leiterin des Regionalprogramms Südwestasien

ellinor.zeino@kas.de
CJB_06-06-2013_Rabat KAS Rabat

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