Asset-Herausgeber

Veranstaltungsberichte

2. Internationaler Kongress der Politikwissenschaften

Bereits zum zweiten Mal organisierte der Mexikanische Verband für Politikwissenschaften AMECIP einen dreitägigen internationalen politikwissenschaftlichen Kongress, der dieses Jahr in Toluca, Mexiko stattfand. Zur Auftaktveranstaltung am 11. September 2014 kamen interessierte Studenten, politikwissenschaftliche Experten und Ikonen des Fachs aus Mexiko sowie aus aller Welt zusammen, um sich über neueste Entwicklungen auszutauschen. Der Kongress, der unter dem Motto „Zivilgesellschaft und demokratische Kultur“ stand, wurde auch in diesem Jahr wieder von der KAS Mexiko gefördert.

Asset-Herausgeber

„Das Wichtigste an diesem Kongress ist der Austausch mit den Experten“, so Dr. José Manuel Luque Rojas, Vorstandspräsident des AMECIP, in seiner Eröffnungsrede. Aus diesem Grund bedankte er sich ausdrücklich bei den Koorganisatoren und Förderern, der Universidad Autónoma del Estado de México (UAEM), der Konrad-Adenauer-Stiftung Mexiko, dem Instituto Electoral del Estado de México (IEEM) und dem Instituto Nacional Electoral (INE) dafür, sechs herausragende Sachverständige auf dem Gebiet für den Kongress gewonnen zu haben: Dr. Jon Elster (Columbia University), Dr. Adam Przerworski (New York University), Dr. Laurence Whitehead (Oxford University), Dr. Mariana Llanos (GIGA Hamburg), Dr. Marta Lagos (Latinobarómetro) und Dr. John Dunn (Cambridge University).

Prof. Dr. Stefan Jost, Repräsentant des Auslandsbüros der KAS in Mexiko, freute sich in seiner Begrüßungsrede besonders über die Wahl des Titels der diesjährigen Konferenz. Er zitierte eine Studie, nach der nur 4 % der mexikanischen Gesellschaft bejahten, sich außerhalb des familiären Umfelds oder der Arbeit für die Zivilgesellschaft oder Demokratie einzusetzen. Deshalb sei die Gründung der AMECIP ein so bedeutsamer Schritt gewesen und der Kongress ein Mittel zur Bewusstseinsbildung, zu der er im Namen der Konrad-Adenauer-Stiftung herzlich gratulierte.

Das Wahlinstitut des Bundesstaates Mexiko wurde durch seinen Präsidenten Mtro. Jesús Castillo Sandoval vertreten. Er betonte die enge Zusammenarbeit, die seit der Gründung seines Instituts mit der UAEM und insbesondere der Fakultät für Politik- und Sozialwissenschaften besteht, und lobte gleichermaßen die gute Kooperation mit AMECIP. Die Funktion des Wahlinstituts, nämlich eine demokratische und politische Kultur in Mexiko zu stärken und fördern, werde auf diesem Kongress aufgegriffen und der Austausch von Ideen diene der Politikwissenschaft als Ganzes.

Zuletzt ergriff Mtra. Yanet Socorro Valero Vilchis, die leitende Professorin der Fakultät für Politik- und Sozialwissenschaften, im Namen des Rektors der UAEM, Dr. Jorge Olvera García, das Wort. Sie bedankte sich bei allen Teilnehmern und Förderern und erklärte die Veranstaltung für eröffnet.

In direktem Anschluss an die Eröffnungsreden hielten zwei der Gastredner, Dr. Adam Przeworski und Dr. Laurence Whitehead, ihre Vorträge. Dr. Przeworski widmete seine Ausführungen dem Thema „Wahlen als Konfliktverarbeitung“. Zu Beginn stellte er die Fragen: Was macht den Wahlgang attraktiv und welches sind seine Alternativen? Er erläuterte, dass sich im Laufe der Geschichte immer wieder bewiesen hat, dass Menschen ihre Autonomie ungern abgeben, Wahlen jedoch als „zweitbeste Lösung“ angesehen werden: das Volk kann zumindest entscheiden, wer es regieren soll, und die Regierung bei Unzufriedenheit wieder abwählen. Danach ging er darauf ein, dass es auf der ganzen Welt (nicht nur politische) Konflikte gibt, die es zu verarbeiten gelte. Er vermied bewusst den Begriff Konfliktlösung, da es sich um einen fortlaufenden Prozess handele. In den letzten 200 Jahren habe es mehr Regierungswechsel durch Gewaltanwendung als durch Wahlen gegeben, hier gebe es in letzter Zeit jedoch eine Entwicklung hin zu mehr Wahlen. Diese würden nur dann friedlich ablaufen, wenn es ein solch ausgeglichenes Machtverhältnis auf beiden Seiten gebe, dass beide in einem gewaltsamen Konflikt gewinnen könnten, und wenn die Gesellschaft nicht polarisiert sei, sondern sich tatsächlich Veränderung durch die Wahl erhoffe.

Als Hauptgrund dafür, dass nur wenige Länder Wahlen abhalten, nannte Dr. Przeworski die Angst der aktuellen Regierungsmächte vor der ungewissen eigenen Position nach einem Wahlverlust. Statistiken belegten jedoch, dass es nach jedem ersten Regierungswechsel einfacher sei auch in Zukunft einen politischen Wechsel zu erreichen, da die neue Regierung an der Macht wisse, „dass nichts Schlimmes passieren wird“. Je mehr Regierungswechsel es also in einem Land in der Vergangenheit gab, desto mehr Wahlen werde es in der Zukunft geben. Wahlen als institutionalisierter Mechanismus würden dann vor gewaltsamen Putschversuchen schützen.

Zusammenfassend erklärte Dr. Przeworski, Wahlen seien attraktiv, weil sie zeigten, dass „nicht alles für immer verloren ist und man wieder gewinnen kann“, und diese Hoffnung der Opposition auf einen zukünftigen Wahlgewinn minimiere gewaltsame Konflikte.

Dr. Laurence Whiteheads Vortrag stand unter dem Titel: „Neue Herausforderungen der Demokratisierung in der heutigen Welt und in Amerika“. Die Demokratisierung sei ein langfristiger und multidimensionaler Prozess, die von verschiedenen Aspekten abhänge. Dennoch gebe es immer wieder Schlüsselmomente, die eine Auswirkung darauf hätten, in welche Richtung sich Demokratien bewegten. Das Datum der Eröffnung des Kongresses, der 11. September, sei in der Vergangenheit ein Datum mit weit reichenden Folgen für Demokratisierungsprozesse gewesen: 9/11 in den USA oder der Staatsputsch Pinochets in Chile am 11.9.1973. Gleichermaßen könne der heutige 11. September ein wichtiger Tag werden, da es sich um den Nationalfeiertag Kataloniens handelt, das danach strebt unabhängig zu werden. Diese Beispiele zeigten wie vielfältig die Demokratisierungsprozesse seien und dass sie in jedem Land und jeder Kultur eine andere Ausprägung finden.

Aus diesem Grund seien auch die Herausforderungen vielfältig, und auf drei ging Dr. Whitehead konkret ein. Zuerst nannte er die internationalen Reaktionen auf Systeme, die sich demokratischen Prozessen widersetzen. Die Konflikte in Georgien oder der Ukraine zeigten, dass es antidemokratische Bewegungen gebe, die aufgehalten werden müssten. Länder wie Russland oder Saudi-Arabien hätten politische Modelle, die keine Alternative darstellten oder in denen die Einführung der Demokratie aufgrund ihrer Struktur schlichtweg nicht möglich sei.

Die zweite Herausforderung sei das „Experiment mit direkter Demokratie“, wie zum Beispiel in Venezuela die Möglichkeit des Widerruf des Regierungsmandats oder dass in Uruguay ein vom Kongress verabschiedetes Gesetz durch den Volkswillen rückgängig gemacht werden kann. Diese Elemente direkter Demokratie seien eine Konsequenz der Unzufriedenheit der Menschen mit der repräsentativen Demokratie und könnten vielleicht Schwachstellen auffangen.

Als dritte Herausforderung nannte Dr. Whitehead die Parteien, die früher autoritäre Macht ohne Opposition ausübten, und sich nun in einigen Ländern nach einem politischen Umbruch in die Reihe der „normalen Parteien“ eingliedern müssten. Oftmals habe sich in diesen Parteien das politische Gedankengut nicht verändert und auch die Parteimitglieder seien in der neuen Ordnung nicht ersetzt worden, sodass man sich die Fragen stellen müsse: Können diese Parteien wirklich demokratische Parteien sein? Haben sie aus der Vergangenheit gelernt?

Am Nachmittag (und 12./13.9.) wurde die Veranstaltung mit einer Vielzahl an Vorträgen und Workshops fortgesetzt. Das vollständige Programm findet sich unter: https://www.dropbox.com/s/3rxsrg76bmdo96r/Programa2CongresoInternacional_Fast.pdf?dl=0

Asset-Herausgeber

comment-portlet

Asset-Herausgeber