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Veranstaltungsberichte

Internationale Klimaverhandlungen und Mexikos Umweltschutzpolitik nach der COP17

Forum KAS mit der Cátedra in Guadalajara

Am 16. Februar veranstaltete die Konrad-Adenauer-Stiftung zusammen mit der Cátedra für Soziale Marktwirtschaft in Guadalajara ein Forum zum Thema Klima- und Umweltschutzpolitik mit dem Ziel, über die umwelt- und klimagerechte wirtschaftliche Entwicklung in Mexiko zu reflektieren.

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Rodolfo Godinez Rosales, zuständiger Generaldirektor für Umwelt- und Klimapolitik im Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten, begrüßte die Veranstaltungsteilnehmer mit einer ernüchternden Beurteilung über die Fortschritte und Ergebnisse der internationalen Klimaverhandlungen der letzten zwanzig Jahre. Er erklärte, dass die grundlegenden Ziele der UN-Klimarahmenkonvention sowie die des Kyoto-Protokolls, sprich die Minderung der Treibhausgaskonzentration in der Atmosphäre, eine effiziente Anpassung an die Folgen der heutigen Klimaveränderungen und ihrer geographischen, geologischen Konsequenzen sowie die weitreichende finanzielle Unterstützung für umweltverträgliche Technologien, bislang nicht in einem zufriedenstellenden Maße eingehalten wurden. Gründe dafür sieht er in der fehlenden Verbindlichkeit für große Industrienationen die vereinbarten Emissionsziele einzuhalten, sowie der Tatsache, dass Entwicklungsländer nach wie vor nicht rechtlich dazu verpflichtet werden, zur globalen Emissionsminderung beizutragen. Die USA und China stoßen zusammengenommen die Hälfte an CO2-Gasen weltweit aus. Dennoch blockieren diese verbindliche Klimaschutzziele. Er räumte ein, dass die letzte internationale Klimaverhandlung im südafrikanischen Durban Spielraum für neue Hoffnungen ließ. Denn das in diesem Rahmen verabschiedete Dokument, die sogenannte Durban-Plattform, basiert auf der Erkenntnis, dass der globale Charakter des Klimawandels eine möglichst breite Zusammenarbeit aller Länder und deren Beteiligung an einer effektiven und angemessenen internationalen Reaktion erfordert. So wurde sich erstmals darauf geeinigt, dass auch Entwicklungsländer stärker involviert werden müssten. Dennoch, so betonte er, sei dieses Ergebnis mehr als unbefriedigend, insbesondere in Anbetracht der Tatsache, dass der Weg zu verbindlichen Zielen zur Begrenzung des Ausstoßes an Treibhausgasen noch ein sehr langer sei. Erst ab 2020 soll ein internationaler Reduktionsplan in Kraft treten, über den man sich bis 2015 einigen zu können glaubt.

Basierend auf die Frage des Moderators Dr. Rodrigo Flores Elizondo, Koordinator für Nachhaltigkeit an der Universität ITESO, wie die Weltwirtschaftskrise auf das politische Engagement einzelner Staaten in Sachen Klima- und Umweltschutz wirke, sprach Johann Wilhelm Gottschal, Professor für Umweltökonomie der ITESO, über die Rolle der Wirtschaft für die Begrenzung des Ausstoßes an Treibhausgasen. Er konstatierte, dass die Ökonomie grundsätzlich über ausreichende Mittel und Möglichkeiten verfüge, sich in diesem Thema verstärkt einzubringen. Wichtig sei dabei, ein Bewusstsein dafür zu schaffen, dass der Klimawandel nicht nur Gefahren, sondern auch wirtschaftliche Chancen biete. Weitläufige Investitionen im grünen Industrie- und Techniksektor und der Export dieser Produkte könnten sehr positive Effekte auf Wirtschaft und Beschäftigung in Mexiko haben. Aus diesem Grund betonte er, dass auf dem Weg zu einem wirkungsvollen Klimaschutz globale und nationale politische Strategien sinnvoll seien, die einen Handlungsraum für Akteure des privaten Wirtschaftssektors schafften. So könnten die Interessensgruppen an einer konstruktiven Entscheidungsfindung mitwirken aber auch stärker in die Pflicht genommen werden. Hinsichtlich des Verhältnisses zwischen der Weltwirtschaftskrise und dem Klima- und Umweltschutz sagte er, dass eine globale Rezession den internationalen und politischen Fokus vermehrt auf Wirtschaftsfragen lenke und sich folglich die Besorgnis um eine stetige Erderwärmung und möglichen Umweltkatastrophen in Grenzen halte. Was hierbei jedoch in Vergessenheit gerate, sei die offensichtliche und tiefgründige Verbindung der beiden Themenblöcke, dahingehend, dass die klimatischen Krisen zwangsläufig auch zu wirtschaftlichen Notlagen führen würden. So kam es in Afrika beispielsweise aufgrund der sehr langen Dürreperioden zu einer lang anhaltenden wirtschaftlichen Depression, die wiederum soziale Unruhen bis hin zu Bürgerkriegen verursachte. Außerdem merkte er an, dass Umweltkatastrophen oder extreme Wetterschwankungen hohe wirtschaftliche Kosten, insbesondere in der Landwirtschaft, verursachen würden. Dementsprechend verabschiedete er sich von den Forumsteilnehmern mit dem Aufruf, Wachstum und Klimaschutz in Einklang zu bringen. Dabei dürfe aber nicht allein ein politischer Top-Down-Ansatz, sondern auch ein technologischer und sozialer Bottom-Up-Ansatz verfolgt werden.

Dr. Victor Quintana Silveyra, ehemaliger Abgeordneter von Chihuahua und Mitbegründer der Caravana del Hambre, trug aus der nationalen, mexikanischen Perspektive heraus zum Thema bei. Er machte darauf aufmerksam, dass der Klimawandel bereits seit Jahren seine Spuren in Mexiko hinterlassen habe, vor allem in den nördlichen Regionen. Dies zeichne sich durch eine tiefgreifende und lang anhaltende Dürre aus, die zum größten Teil die Landwirtschaft des Landes negativ beeinträchtige. Seinen Angaben zufolge sei es aufgrund des niedrigen Niederschlagpegels zu bedeutenden Ernteverlusten gekommen, die im Jahr 2010 einen wirtschaftlichen Gesamtverlust von 4 Mrd. mexikanischer Pesos ausmachten. Zudem würden die andauernden Hitzewellen und Trockenheitsperioden im Norden Mexikos die Viehbestände minimieren sowie Waldbrände und Hungersnöte verursachen. Diese Notsituation bewegte viele landwirtschaftliche Verbände und zivile Organisationen dazu, sich zu mobilisieren, so unter anderem die Agrarier- und zivilgesellschaftliche Bewegung „La Caravana del Hambre“. Diese, so dokumentierte Quintana, habe im Januar dieses Jahres eine schriftliche Erklärung erarbeitet, die von der mexikanischen Regierung prinzipiell eine Politik mit stärkerem landwirtschaftlichen Bezug sowie effektivere Regelungen für die Wasserproduktion, -nutzung und -verteilung einfordere. Dieses Dokument fand insofern Gehör, als dass der Präsident der Republik, Felipe Calderón, ein Finanzpaket von insgesamt 33.000 Millionen MXP für die von der Dürre am meisten betroffenen Bundesstaaten zur Verfügung gestellt und einen gemeinsamen Arbeitsplan erarbeitet habe. Dieser sähe regelmäßige Expertenrunden, eine enge Kollaboration zwischen Länderregierung und den dort ansässigen Bauernvereinigungen in den Themen Klima- und Umweltschutz, fortlaufende finanzielle Unterstützungen sowie eine ausreichende Versorgung mit Grundnahrungsmitteln vor. Trotz dieser positiven Entwicklung äußerte er starke Kritik an der derzeitigen Umweltschutz- und Klimapolitik Mexikos. Seiner Meinung nach privilegiere die Regierung Calderon fast ausschließlich die großindustrielle, agrochemische Landwirtschaft, die sich vor allem auf den Export und weniger auf die Unterstützung lokaler, regionaler Nahrungsmittelproduzenten spezialisiere. Zudem ließen sich eine erhebliche Wasservergeudung im Sinne hoher Wasserausfuhren in die USA sowie eine problematische Bergbaugesetzgebung beobachten, die es ausländischen Unternehmen erlaube, in Mexiko Bodenschätze ohne Restriktionen aufzusuchen und zu gewinnen. Auch bemängelte er die langsame Reaktionsfähigkeit der Regierung, Modernisierungen im Bereich der technischen Bewässerung voranzutreiben. Deshalb betonte er die Notwendigkeit, sich zunächst der nationalen Klima- und Umweltschutzproblematiken Mexikos anzunehmen, bevor man sich Gedanken um internationale Umwelt- und Klimaschutzvereinbarungen mache.

TEXT: Janina Grimm-Huber

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