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Veranstaltungsberichte

Women in politics – Does gender matter?

Am Mittwoch, den 10.10.2007 hielt die Kommunikationswissenschaftlerin Prof. Dr. Christina Holtz-Bacha der Universität Erlangen-Nünberg einen Vortrag über Frauen in der Politik, zu dem vor allem Politikerinnen der PAN eingeladen waren. Der Vortrag wurde von der wesentlichen Frage bestimmt, welche Rolle das Geschlecht von Akteuren in der Politik spielt.

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In den letzten Jahren haben Frauen in verschiedenen Ländern und Kontinenten die politische Führung übernommen: Tarja Halonen in Finnland, Angela Merkel in Deutschland, Michelle Bachelet in Chile und Ellen Johnson-Sirleaf in Liberia. Wurden sie gewählt gerade weil oder obwohl sie Frauen sind? Weitere Frauen strebten oder streben die höchste politische Verantwortung an, so Ségolène Royal in Frankreich, Hillary Clinton in den USA und Cristina Fernandez de Kirchner in Argentinien.

Um in der Politik Erfolg zu haben, müssen Frauen sich geschickt in den Sphären politischer Kommunikation, also zwischen dem politischen System, den Medien und der Wählerschaft bewegen. Politik ist noch immer ein männerdominiertes Geschäft. Da die Spielregeln feststehen, müssen sich Frauen dieser Logik anpassen, wenn sie Erfolg haben wollen. Für ambitionierte Frauen gibt es weltweit auch nur wenig Rollenbeispiele, von denen man lernen könnte.

Frauen müssen die vorherrschenden Rollenbilder der Bevölkerung von Politikern, politischem Verhalten und weiblichem Verhalten in ihr Kalkül mit einbeziehen. Männern und Frauen traut man Kompetenzen in verschiedenen Bereichen zu. Männer werden eher mit Außenpolitik, Terrorismus, Sicherheitspolitik, Militär und Wirtschaft in Verbindung gebracht, typische Frauenbereiche hingegen sind Sozialpolitik, Gesundheit, Bildung und Umweltpolitik. Männern schreibt man bestimmte Charaktereigenschaften zu, so z.B. Stärke, Aggressivität, Rationalität, Aktivität, Selbstbewusstsein, Ernsthaftigkeit und Durchsetzungsfähigkeit. Frauen gelten als mitfühlend, sanft, warmherzig, sensibel, emotional, gesprächig und vorsichtig.

Um eine erfolgreiche Kampagne entwickeln zu können, müssen sich Frauen dieser Tatsachen bewusst sein. Sie müssen sich an die Medienlogik anpassen, um eine Wahl gewinnen zu können. Da Frauen bestimmte Kompetenzen zugeschrieben werden, variieren die Gewinnchancen je nach den Themen der politischen Agenda. Frauen müssen einen Mix aus männlichen und weiblichen Strategien anwenden, um sich an das politische System anzupassen und gleichzeitig die Erwartungen der Wählerschaft zu befriedigen.

Frauen in der Politik sehen sich einem Dilemma gegenüber, was immer sie auch tun ist falsch. Treten sie sehr feminin auf, hält man sie für nicht tough genug für die Aufgabe, treten sie maskulin auf, wirft man ihnen fehlende Weiblichkeit und Aggressivität vor.

Als Beispiel für die angeführten Thesen analysierte Frau Prof. Dr. Holtz-Bacha die Wahlkampagne von Angela Merkel bei der Bundestagswahl 2005. Frau Merkel sah sich von Anfang an mit der Frage konfrontiert, ob die Deutschen einer Frau das Kanzleramt zutrauten. Bei der Auswahl des CDU-CSU Kanzlerkandidaten im Jahr 2002 war Frau Merkel an den Zweifeln in der eigenen Partei gescheitert – man schickte Edmund Stoiber ins Rennen. Der Spiegel titelte am 11.07.2005: “Was will (kann) Angela Merkel?” Ganz ähnliche Fragen stellten die Medien übrigens auch in anderen Ländern, so schrieb die Newsweek in ihrer Januarausgabe 2007 auf dem Titelblatt über Ségolène Royal: “She dazzles France, but can she lead it?”. In der gleichen Ausgabe erschien ein Artikel über die US-amerikanischen Präsidentschaftswahlen 2008 mit einem Foto von Hillary Clinton und Barack Obama mit dem Titel “Is America Ready?”.

Angela Merkel machte die Erfahrung, dass sich die Medien bei weiblichen Kandidaten oft mehr für Äußerlichkeiten als für Inhalte interessieren. So war ihre Frisur über lange Zeit hinweg ein beliebtes Thema, genauso wie ihr Outfit bei den Bayreuther Festspielen. So hatte eine Nachrichtenagentur ihr im Juli 2005 bei besagtem Ereignis auf einem Foto den Schweißfleck unter dem Arm wegretuschiert und ganz Deutschland fragte sich, ob eine Kanzlerkandidatin denn schwitzen dürfe.

Obwohl die Umfragewerte der CDU-CSU zwischen den Bundestagswahlen 2002 und 2005 immer über denen der SPD lagen, fielen die Werte für den Kandidaten Schröder durchweg positiver als die für Angela Merkel aus. Berücksichtigte Angela Merkel bei ihrem Wahlkampf die Medienlogik und nutzte sie ihre Weiblichkeit? Frau Prof. Dr. Holtz-Bacha beantwortete diese Frage mit einem deutlichen “Nein”. Schröder wurde auf Bildern oft femininer dargestellt als Merkel. Merkel führte den Wahlkampf nicht als “Frau”, sie stellte ihre Weiblichkeit nie in den Vordergund. Auch traditionell “weibliche” Themen spielten keine Rolle. So lässt sich sicherlich auch das bescheidene Wahlergebnis erklären. Viele CDU-CSU-Stammwähler trauten Angela Merkel die Herausforderung nicht zu und blieben der Wahl fern. Andererseits gelang es Merkel nicht, weibliche Wähler mit eigentlich anderen Parteipräferenzen für sich zu begeistern. Im Wahlkampf stellten die Medien Geschlechter-Stereotypen nie in den Vordergrund. Die Frage stellt sich, ob die Medien ihre Lektion gelernt haben oder ob es sich bei Angela Merkel um einen speziellen Fall handelt. Frau Prof. Dr. Holtz-Bacha neigt eindeutig zu der letzteren Erklärung. Ihr Fazit: “Angela Merkel wurde nicht Kanzlerin weil, sondern obwohl sie eine Frau ist”.

Im Anschluss an den Vortrag fand eine angeregte Diskussion zwischen den PAN-Politikerinnen und Frau Holtz-Bacha statt. “Frauen in der Politik” und angebrachte Strategien des politischen Marketings sind in einem sehr maskulin geprägten Land wie Mexiko wichtige Themen.

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