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Länderberichte

Kleine Parlamentswahl mit großen klimapolitischen Folgen?

Politischer Machtwechsel in Grönland

Grönland hat an diesem Dienstag gewählt. Bei einer Wahlbeteiligung von 65,8 % haben 27.079 Wähler den weiteren Kurs der größten Insel der Welt bestimmt. Mit Konsequenzen, die weit über Grönland hinausreichen. Die ideologisch links-grün zu verortende Partei Inuit Ataqatigiit (IA) ging im Ergebnis mit 9.822 Stimmen (36,6%) als Sieger aus der Wahl hervor und liegt so vor der sozialdemokratischen SIUMUT mit 29,4%. Sie hatte seit 1979 mit einer Unterbrechung nur zwischen 2009-2013 die jeweilige Regierung gestellt. Neben diesen beiden großen Parteien haben noch 5 weitere den Einzug ins Parlament geschafft. Normalerweise ist der Ausgang einer Wahl zum Inatsisartut, dem grönländischen Parlament mit seinen 31 Sitzen, nur eine Randnotiz in einigen Zeitungen Nordeuropas wert. Diesmal aber lohnt es sich, etwas genauer hinzuschauen.

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Was ist passiert?

Im Februar 2021 zerbrach die Regierungskoalition unter Führung der sozialdemokratischen Partei SIUMUT über der Frage, ob die grönländische Regierung nach 11-jähriger Planungs- und Erschließungsphase die Lizenz für den Betrieb des Tagebaus Kvanefjeld im Süden Grönlands zum Abbau seltener Erden erteilen könne. Der Koalitionspartner Demokraatit (jetzt 9,1%) hatte sich dagegen ausgesprochen und trat aus der Regierung aus.

Und auch die damals größte Oppositionspartei IA war ein Gegner des Projekts, in erster Linie aufgrund von Bedenken für die Umwelt, denn neben seltenen Erden fördern die Gesteinsschichten in Kvanefjeld auch Uran zutage. Aber auch die Frage nach einem möglichen Verlust von kultureller Identität und Verbundenheit mit der einzigartigen Natur im Süden hat in den lautstarken Protesten der Bewohner der Siedlung Narsaq mit ihren 1.346 Einwohnern eine große Rolle gespielt. Die Grube sollte in 5 Kilometer Entfernung der Siedlung entstehen.

Die Proteste und ihre politischen Repräsentanten haben die 7 Parteien im Parlament, die ansonsten ideologisch kaum voneinander zu unterscheiden sind, in der Frage der Lizenzvergabe gespalten.

Umweltbedenken versus wirtschaftliche Unabhängigkeit
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SIUMUT sah als Befürworter der Lizenz den Tagebau mit seinem geplanten Betrieb von 37 Jahren und 700 neu zu schaffenden Arbeitsplätzen in erster Linie als einen sehr wichtigen wirtschaftlichen Faktor für die Region. Im Süden Grönlands wird zwar etwas Landwirtschaft betrieben, aber die Arbeitslosigkeit und damit einhergehende soziale Missstände sind beträchtlich.

Gleichermaßen benötigt Grönland in seinem deklarierten Streben nach schrittweiser Unabhängigkeit von Dänemark, wofür sowohl IA als auch SIUMUT stehen, neben der Fischerei gewinnbringende Gruben zum Abbau mineralischer Ressourcen. 17 Metalle birgt die Grube in Kvanefjeld, gebraucht werden sie beispielsweise in Datenchips, Windrädern, Bildschirmen, Elektromotoren und auch Waffen.

Das australische Unternehmen Greenland Minerals, an dem ein chinesischer Investor einen Anteil von 11% hält, wollte mit dem Tagebau auch eine Diversifizierung vorantreiben. Derzeit betreibt China 2/3 aller Gruben weltweit zum Abbau von seltenen Erden und stellt 90% der globalen Produktion.

Moratorium für den Betrieb des Tagebaus

Im Wahlkampf hat der jetzige Wahlsieger IA mit seinem Vorsitzenden Mute Egede, voraussichtlich der nächste Ministerpräsident, damit geworben, die Lizenz für den operativen Betrieb der Grube nicht zu erteilen und somit zumindest ein Moratorium auf die weitere Erschließung der Vorkommen zu legen. Natürlich haben mögliche Koalitionspartner auch noch ein Wort mitzureden, aber die Gegner des Tagebaus in der Bevölkerung Grönlands stellen derzeit gemäß Umfragen 65%. Es ist somit sehr wahrscheinlich, dass das Projekt zumindest aufgeschoben wird.
Hinzu kommt, dass IA sich für die Unterzeichnung des Pariser Klimaabkommens ausgesprochen hat. Grönland hatte sich diese Option bisher offengelassen, da man große Bergbauvorhaben nicht gefährden wollte.

Fazit

Gerade klimafreundliche Antriebe wie der Elektromotor, Windräder und andere Hochtechnologien brauchen die seltenen Erden, von denen es große Vorkommen in Grönland gibt. Der Kampf gegen den fortschreitenden Klimawandel, insbesondere in der Arktis, erhält nun aber genau dort nach den Wahlen vom Dienstag einen Dämpfer.
Für mögliche weitere Investitionen in Grönland kann das nur bedeuten, dass sich Investoren aus dem ohnehin schwierigen Umfeld weiter zurückziehen. 

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Kontakt

Gabriele Baumann

Gabriele Baumann

Leiterin des Projekts Nordische Länder

gabriele.baumann@kas.de 0046 8 6117000

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