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"Nur unbefriedigende Optionen..."

Wie umgehen mit dem iranischen Atomprogramm?

Wunstorfer Gespräche 2012 eröffnet

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Die Wunstorfer Gespräche 2012 drehen sich um die Entwicklung dreier Staaten, die erhebliche Auswirkungen auf die sicherheitspolitische Stabilität weltweit haben wird: um Iran, Pakistan und Nordkorea. Es geht um Chancen friedlicher Annäherung wie auch um Gefahren für die internationale Sicherheit. Nicht zuletzt geht es bei all diesen Staaten um den Besitz von Atomwaffen, und als Auftakt der Reihe wurde der in dieser Hinsicht brisanteste Fall, die zukünftige Entwicklung des Irans, behandelt.

Dustin Dehéz vom Global Governance Institute in Brüssel machte gleich zu Beginn seines Vortrages deutlich, dass die Politik des Irans aus vielen Gründen schwer einzuschätzen sei. Allein bereits die Frage zu beantworten, wer die Macht in den Händen hält, sei schwierig. Auch im Iran wurde das Milizsystem als Gegengewicht zur Armee aufgebaut, als Schutz vor einem Militärputsch. Diese Revolutionsgarden seien inzwischen so mächtig geworden, daß Politik ohne sie nicht gemacht werden könne. Sie verfügen nicht allein über militärische Macht, sondern durch die Lenkung von wesentlichen Teilen der Wirtschaft und Überwachung der „Straße“ auch über gesellschaftspolitische. Hat es bereits unbemerkt einen Putsch gegeben? Das ist unklar. Völlig offen sei zudem, was nach dem absehbaren Tod des Staatsoberhauptes Ali Chamene'I geschehe. Angesichts der Arabellion wies Dustin Dehéz auf ein wenig bekanntes Phänomen hin: die iranische Bevölkerung ist gespalten in pro-amerikanisch (westlich) und anti-amerikanisch denkende Menschen, insgesamt kann sie jedoch als die pro-westlichste Bevölkerung der ganzen Region gelten. Daher sei das Potential für eine Revolution also durchaus vorhanden. Zumal viele Freiheiten, wie die Nutzung des Internets, von Facebook, Twitter etc., wieder eingeschränkt worden seien, nachdem die Jugend sie bereits intensiv genutzt und kennengelernt hatte. Dadurch entsteht ein erhebliches Maß an Frustration.

Das Nuklearprogramm sei auf vielen Gebieten weit fortgeschritten. Der Iran unterhalte etwa eine eigene Zünderforschung, fortgeschritten sind die Entwicklungen auf dem Gebiet des strategischen Raketenbaus sowie des Anreicherungszyklus. In der Gesamtschau machen all diese Aktivitäten nur Sinn, wenn es um eine militärische Nutzung von Atomenergie gehe. Alle Versuche, Iran zur eindeutigen Aussetzung seines Atomprogramms zu bringen, sind bislang gescheitert. Die Sanktionen kann der Iran jedenfalls noch ca. zwei Jahre durchhalten, ohne dadurch in seinen Aktivitäten erheblich eingeschränkt zu werden. So blieben der internationalen Gemeinschaft grundsätzlich drei Optionen für den Umgang mit Iran, die aber allesamt unbefriedigend seien:

1.Mit einer iranischen Atombombe leben. Immer mehr Experten empfehlen genau diese Variante für die Zukunft. Allerdings wäre damit das Nichtverbreitungsregime für Nuklearwaffen am Ende, viele Staaten würden dem Beispiel des Iran folgen. Außerdem ist natürlich die Gefahr groß, daß in einem Konfliktfall Atomwaffen in der Region oder besonders gegen Israel eingesetzt werden.

2.Eine Eindämmung (containment) des Irans. Dies würde in Anlehnung an die Erfahrungen des Kalten Krieges bedeuten, daß die westlichen Staaten auch die Bereitschaft mitbringen müssten, eventuell Kriege an der Peripherie zu führen, damit die Eindämmung erfolgreich sein kann. Iran liegt nicht nur im Streit mit Israel, sondern mit allen Nachbarn in der Region.

3.Den Bau von Atomwaffen auch durch den Einsatz militärischer Macht verhindern. Dies sei durch einzelne Angriffe nicht möglich, da kaum sicher sei, alle Ziele effektiv zu treffen und zu zerstören. Im besten Fall würde das Atomprogramm des Irans um fünf Jahre zurückgeworfen. Das Zeitfenster für einen Angriff Israels werde immer kleiner, denn nach der Wahl in den USA sei nicht mehr mit unbedingter Unterstützung durch die USA zu rechnen. Ein Angriff Israels scheint Dustin Dehéz aber eher unwahrscheinlich.

Zahlreiche Thesen des Experten wurden dann im Anschluss eine Stunde lang mit den Gästen aus Wunstorf und den Soldaten des Standorts intensiv diskutiert. In einem abschließenden Wort dankte der Kommodore des LTG 62, Oberst Henrich, dem Referenten für seinen spannenden Beitrag und der Konrad-Adenauer-Stiftung für die gemeinsame Vorbereitung und Organisation der Reihe. Außerdem wurde Reinhard Wessel als neuer Mitarbeiter im Bildungswerk Hannover eingeführt und begrüßt: er wird sich um die Fortsetzung der guten Kooperation zwischen LTG62 und dem Bildungswerk kümmern. Weiter geht es am 15. November: Dann wird Dr. Barak Khalatbari, der Leiter des Büros der Konrad-Adenauer-Stiftung in Islamabad, über die Situation in Pakistan berichten.

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