Asset-Herausgeber

Fachkonferenz

Regionale Herausforderungen

Wasser- und Katastrophenmanagement

Die vorerst letzte Konferenz der Reihe "Nepals Nationale Interessen" widmet sich den drängendsten Umwelt- und Energiefragen Nepals sowie der gesamten Region Südasien.

Asset-Herausgeber

Details

Regionale Herausforderungen: Wasser- und Katastrophenmanagement in Südasien

Am 11. und 12. Februar 2012 fand in Kathmandu, Nepal, die vom Regionalprojekt SAARC der Konrad-Adenauer-Stiftung in Neu-Delhi gemeinsam mit dem Centre for South Asian Studies (CSAS) in Kathmandu veranstaltete Fachkonferenz zu dem Thema „Regionale Herausforderungen: Wasser- und Katastrophenmanagment“ statt. Ziel der Konferenz war eine Analyse der Auswirkungen des Klimawandels auf die Umwelt- und Energiesituation in Südasien. Hierzu waren Experten aus Bhutan, Bangladesch, Nepal, Indien und Sri Lanka geladen, um sowohl die Sitution in ihren jeweiligen Heimatländern als auch ihre Sicht auf den gesamtsüdasiatischen Kontext zu erörtern.

Eröffnet wurde die Konferenz von Dr. Nishchal Nath Pandey, Direktor des CSAS, der in seiner Rede betonte, das der Klimawandel mitnichten nur ein reines Umweltproblem, sondern darüber hinaus ein Problem für die wirtschaftliche und politische Sicherheit der ganzen Region darstelle.

Udo Weber, Leiter der entwicklungspolitischen Abteilung der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in Nepal, hob anschließend hervor, dass der Klimwandel aus Sicht Deutschlands eine der wichtigsten Herausforderungen des 21. Jahrhunderts darstelle. Die Auswirkungen des Klimawandels stellten mithin nicht nur eine regionale, sondern eine globale Herausforderung dar. Bislang sei die Reaktion der globalen Gemeinschaft indes hinter ihren Möglichkeiten zurückgeblieben. Ein wichtiger Teil der Außen- und Entwicklungspolitik der Bundesrepublik Deutschland sei daher die Unterstützung von umwelt- und klimabewussten Projekten zur Förderung eines nachhaltigen und energieffizienten Wirtschaftswachstums weltweit.

Dipak Gyawali, ehemaliger Minister Nepals für Wasserressourcen, eröffnete die Konferenz sodann mit einer kritischen Rede über die Folgen des Klimawandels in der Region. Seiner Ansicht nach sei es falsch, die dadurch entstehenden Herausforderungen allein den volatilen natürlichen Gegebenheiten zuzuschreiben. Vielmehr wären die wirtschaftlichen und sozioökonomischen Probleme, denen Südasien infolge des Klimwandels ausgesetzt sei, vornehmlich menschlichem Unvermögen geschuldet. Anstatt Institutionen weiter zu zentralisieren, gelte es lokale und dezentrale Behörden zu schaffen, um unmittelbar auf die Situation vor Ort reagieren zu können. Anstatt die Wetterbedingungen kontrollieren zu wollen, gelte es, sich den natürlichen Zyklen anzupassen und demgemäß zu planen. Hier sei es für die Länder Südasiens letztlich unabdingbar, zusammenzuarbeiten und voneinander zu lernen.

Krishna Gyawali, Staatssekretär im nepalesischen Ministerium für Umwelt, betonte, dass die Stärkung personeller Kapazitäten auf der lokalen Ebene mindestens ebenso wichtig sei, wie die Pflege bestehender Institutionen. Im Zuge des „Nepal Climate Change Support Programme“ sei daher geplant, bis zum Jahr 2015 80 Prozent des Budgets von 15 Mrd. Euro in lokale Initiativen zu investieren. Die nepalesische Regierung habe zudem alle internationalen Konventionen zu Klimafragen unterzeichnet und plane darüber hinaus, die betreffenden Institutionen im Land zu stärken, so Gyawali. Defizite bestünden indes nach wie vor in der fehlenden Koordierung der Behörden untereinander sowie den unzureichenden gesetzlichen und rechtlichen Rahmenbedingungen.

Tomislav Delinic, Leiter des Regionalprojekts SAARC der Konrad-Adenauer-Stiftung in Neu-Delhi, dankte den Rednern abschließend für ihre Impulse und wies darauf hin, dass der umwelt- und energiebewussten Politik, die die Bundesrepublik Deutschland inzwischen verfolge, ein langer Prozess vorausgegegangen sei, der auch heute mitnichten abgeschlossen wäre. Die Konrad-Adenauer-Stiftung bemühe sich daher, Klima- und Umweltprojekte weltweit gerade im Hinblick auf politische Lösungsmöglichkeiten zu unterstützen, um die Folgen des Klimawandels einem breiteren Publikum nahezubringen und gemeinsam Lösungsvorschläge zu erarbeiten.

Panel I: Bangladesch und Nepal

Das erste Panel der Konferenz wurde von Maj. Gen. ANM Muniruzzman (retd), Präsident des Bangladesh Institute of Peace and Security Studies (BIPSS) aus Bangladesch, eröffnet. Muniruzzman legte anschaulich dar, dass der Klimawandel nicht nur die individuelle Sicherheit des Einzelnen betreffe, sondern sich darüber hinaus auch zu einer Bedrohung für die Integrität ganzer Staaten oder Regionen entwickeln könne. Werde Wasser knapp, dann wirke sich dies unmittelbar auf die Nahrungsmittelsicherheit der Bevölkerung aus und könne in der Folge insbesondere in den ohnehin politisch volatilen Grenzregionen zwischen Indien, Pakistan, Bangladesch und Nepal zu verstärkten intra- und interstaatlichen Konflikten führen. Bangladesch, das sich mithin im Epizentrum des Klimawandels in Südasien befindet, habe zwar durch jahrzehntelange Erfahrungen mit Umweltkatastrophen einen gewisse Strapazierfähigkeit entwickelt, dies allein genüge jedoch nicht, um die gegenwärtigen Herausforderungen zu meistern. Bangladesch wird voraussichtlich bis zum Jahr 2050 20 Prozent seiner Landmasse durch die steigenden Meeresspiegel verloren haben, was angesichts einer Bevölkerung von ca. 160 Mio. Menschen unvorhersehbare Migrationsströme zur Folge haben könne. Da diese Probleme offenkundig von regionaler Relevanz seien, plädierte Muniruzzaman abschließend dafür, die Gemeinsamkeiten über die politischen Differenzen zu stellen und zusammen Rahmenkonzepte für Wasser- und Katastrophenmenagement zu entwickeln.

Prof. Dr. Riddhi Bir Singh vom Zentrum für Energieforschung der Tribhuvan University in Kathmandu, erläuterte anschließend die Energiesituation Nepals. Nepal, so Prof. Singh, sei habe eine der geringsten Energieverbrauch pro Kopf weltweit und gewinne 90 Prozent seiner Energie aus erneuerbaren Energiequellen – vornehmlich Wasserkraft – im Land. Gleichwohl befinde sich Nepal in einer nahezu dauerhaften Energiekrise: 15 Stunden Stromausfall am Tag sind in Kathmandu (wie auch am Rande der Konferenz deutlich wurde) an der Tagesordnung. Angesichts der im Kyoto-Protokoll festgelegten Ziele zur Emissionsreduktion vertrat Singh die Ansicht, dass die sog. „least developed countries“ wie Nepal – die einerseits kaum zum Klimawandel beitrügen, andererseits jedoch die vollen Konsequenzen zu tragen hätten – inhärent benachteiligen würden. Er plädierte daher für einen finanziellen Ausgleich zwischen Industrie- und den Entwicklungsstaaten. Bezüglich Nepal im Speziellen bemängelte Singh, dass die Regierung keine konsistente Klimapolitik hätte und es an einer allgemeingültigen und intersubjektiven Unterscheidung zwischen erneuerbaren und nicht-Erneuerbaren Energien mangele.

Panel II: Sri Lanka und Bhutan

Chaminda Hettiarchhi, stellvertretender Direktor des Regional Centre for Strategic Sudies (RCSS) in Colombo, nahm die Tsunami-Katastrophe von 2004, die in Sri Lanka über 30.000 leben an einem Tag forderte, als Ausgangspunkt seiner Ausführungen. Sri Lanka galt vor dem Tsunami als vergleichsweise sicher vor Umweltkatastrophen, weshalb die Flutwelle die Insel umso heftiger traf: Frühwarnsysteme waren entweder nicht existent oder versagten mangels Kapazität, natürliche Barrieren wurden in kürzester Zeit weggespült, die Rettungsarbeiten unmittelbar nach dem Tsunami erfolgten zu langsam und ein Großteil der ausländischen Hilfsgelder (Schätzungen gehen von über 70 Prozent aus) versickerte in nicht nachzuvollziehenden Kanälen, so Hettiarachchi. Obschon sich die Situation in den folgenden Tagen und Wochen besserte, sei die Katastrophe eine schmerzliche Lektion gewesen, deren Folgen bis heute sichtbar seien. So wäre die öffentliche Wahrnehmung für Naturkatastrophen zwar gestiegen, auch Frühwarn- und Rettungsmaßnahmen seien beschlossen worden, allein es gäbe nach wie vor Mängel bei der Implementierung. Bezogen auf die regionale Ebene machte sich Hettiarachchi dafür stark, Umwelt- und Naturkatatstrophen als ein regionales Problem zu erachten, das ob seiner geringeren politischen Sensibilität ermögliche, Expertise und Wissen zu teilen.

Sangay Thinley, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Centre for Bhutan Studies (CBS) in Thimpu, beschloss den ersten Tag der Konferenz mit einer Erörterung der Situation in Bhutan. Bhutan, das sich erst in den 1970er Jahren für die Außenwelt öffnete, verfolgt einen gänzlich anderen Ansatz als die anderen Staaten der SAARC-Region. Die Bewahrung der Umwelt ist als einer der neun Bereiche des inzwischen weltweit bekannten und von Bhutan satrk beworbenen Konzepts des „Gross National Happiness“ (etwa: Bruttoinlandsglück) Staatsräson. So schreibt die Verfassung Bhutans z.B. vor, dass 60 Prozent der Fläche des Landes bewaldet bleiben müssen. Indes ist auch Bhutan zunehmend Umweltbedrohungen ausgesetzt. Insbesondere durch das voranschreitende Abschmelzen der Gletscher des Himalaya sei die Gefahr durch Springfluten und Erdrutsche enorm gestiegen, so Thinley. Besonders gefährlich wären die sog. GLOFs (= „Glacial Lake Outburst Floods“); Flutwellen, die durch den plätzlichen Anstieg des Wasserdrucks – sei es durch Erdrutsche, Schneestürme oder Schneeschmelzen – in glazialen Stauseen entstünden und ganze Landstriche binnen kürzester Zeit wegschwemmen könnten. Ähnlich wie in Sri Lanka hätten die jüngsten Ereignisse dieser Art auch in Bhutan dazu geführt, dass die öffentliche Aufmerksamkeit für Naturkatastrophen gestiegen sei. Die Regierung sei versuche zudem, die Frühwarn- und Überwachunsgsysteme auf der lokalen Ebene auszubauen.

Panel III: Indien und Nepal

Der zweite Konferenztag begann mit einem Vortrag von Nitya Nanda, Experte für Umweltrecht am The Energy and Resources Institute (TERI) in Neu-Delhi. Nanda lieferte eine umfassenden Übersicht der Energiesituation in Südasien, wobei er beklagte, dass viele Probleme nach wie vor rein ingenieurswissenschaftlich und nicht im gesamten sozioökonomischen Kontext betrachtet würden. Das größte Energiepotential (neben fossilen Energiequellen wie Erdöl und –gas, die selbstverständlich nach wie vor einen Großteil des Verbrauchs ausmachten) läge im Bereich der Wasserkraft. Das Potential deren Nutzung sei indes höchst ambivalent, so Nanda: So gälte es aus regionaler Sicht zwischen potentiellen Versorgern (Indien, Nepal, Bhutan und Afghanistan) und potentiellen Abnehmern (Bangladesch, Pakistan, Sri Lanka und den Malediven) und aus technischer Sicht zwischen Großprojekten und lokalen Initiativen zu unterscheiden. Weitere erneuerbare Energiequellen seien entweder zu teuer (Solarenergie) oder bislang kaum erschlossen (Windenergie, Biomasse. Geothermie). Was Indien angeht, so hätten viele der genannten erneuerbaren Energien zwar großes Potential, wären allerdings bisher ebenfalls kaum erschlossen oder scheiterten an dem unzureichenden Stromnetz. Nanda entwarf daher folgendes Szenario für Indien: Da es sowohl an Speicher- als auch an personellen Kapazitäten mangele und die ärmsten Bevölkerungsteil mitunter die höchsten Preise zahlen, sei es mittelfristig notwendig, sowohl den intra- als auch den interregionalen Energiehandel zu stärken und die Kosten gleichmäßiger zu verteilen.

Den Abschluss der Konferenz bildete eine praktische Bewertung von Pragati Shahi vom nepalesischen Forum für Umweltjournalisten über Frühwarnsystemen für GLOFs (s.o.) im Himalaya. Shahi legte dar, dass gerade die hächsten Gipfel des Himalaya besonders von Klimawandel betroffen seien; von den 54.000 Gletschern, die sich insgesamt über 60.000 km erstrecken, seien in den letzten 30 Jahren in Bhutan 22 Prozent und in Nepal 21 Prozent abgeschmolzen. Die Gefahr für GLOFs sei infolgedessen immens gestiegen und stelle damit auch eine unmittelbare Bedrohung für die Energieversorgung der Region dar. Die vor allem auf lokaler Ebene installierten Frühwarnsysteme widmeten sich bislang vornehmlich vier Aspekten: Kenntnis der Risiken, Überwachung und Evaluierung, Warnung und Verbreitung sowie Ausbau von Kapazitäten. Obgleich hier in den letzten Jahren viel geschehen ist, hätten die meisten Frühwarnsysteme bislang allerdings nur eine durchschnittliche Lebensdauer von zwei bis drei Jahren – sei es durch Verschleiß oder durch falsche Handhabung. Shahi empfahl daher, in Zukunft stärker darauf zu achten, das moderne Technologien auch mit lokalem Wissen verknüpft würden, um die Frühwarnssysteme besser an die örtlichen Gegebenheiten anzupassen.

Fazit und Ausblick

Obschon das Bewusstsein für den Zusammenhang zwischen Klimawandel, Energieversorgung, sozioökonomischer Entwicklung und regionalem Konflikt- wie Kooperationspotential inzwischen mehr und mehr in das Bewusstsein einer informierten Öffentlichkeit zu treten scheint, sind die Initiativen auf nationaler geschweige denn supranationaler Ebene bislang eher spärlich. Vieles scheitert am mangelnden politischen Willen der Eliten auf der einen und an der Schwerfälligkeit administrativer Prozesse auf der anderen Seite. Hinzu kommt, dass gerade der Bereich der Wasserversorgung besonders sensibel ist, das er notwendigerweise immer auch die bi- oder sogar trilaterale Ebene berührt. Die South Asian Association for Regional Cooperation (SAARC), die hier als Vermittler auftreten könnte, ist institutionell zumindest bislang noch zu schwach, um hier wirklich Gewicht in die Waagschale zu legen.

Indessen kann dieser Umstand auch als Chance begriffen werden: Gerade weil Wasserversorgung und Katastrophenschutz in Südasien eine inhärent multilaterale Dimension haben, bieten die insbesondere im Zuge des Klimawandels zunehmenden Herausforderungen auch eine verstärkte Chance zur Kooperation. Letztlich stellt sich die Frage, ob die Entscheidung zur stärkeren Zusammenarbeit noch getroffen wird, wenn sie aus freien Stücken möglich ist oder ob sie erst dann gefällt wird, wenn die Umwelt- und Energiesituation ohnehin keine andere Wahl mehr lässt.

Asset-Herausgeber

Zum Kalender hinzufügen

Veranstaltungsort

Kathmandu, Nepal

Kontakt

Tomislav Delinić

Tomislav Delinic

Leiter der Auslandsbüros Tschechien und Slowakei

tomislav.delinic@kas.de +420 731 276 696
Einzeltitel
12. Oktober 2011
Jetzt lesen
Einzeltitel
12. Oktober 2011
Jetzt lesen

Asset-Herausgeber

Asset-Herausgeber

Partner

Centre for South Asian Studies (CSAS)