Konservatismus in Russland und Deutschland - Russland
Fachkonferenz
Details
Konservatives Denken und konservative politische Theorie erleben
im postsowjetischen Rußland derzeit eine ungeahnte Renaissance.
Zahlreiche politische Parteien nehmen dort für sich das
Wort „konservativ“ als Selbstzuschreibung in Anspruch. Die russische
Tagespublizistik und der öffentliche politische Diskurs vor
Ort sind erfüllt vom Gespräch über konservative Werte, Konservativismus
und Kirchlichkeit, Konservativismus und „Russische
Idee“, Konservativismus und „Westlichkeit“. Charakteristisch für
diesen Konservativismus-Diskurs erscheinen dessen begriffliche
Unschärfe und sein weitgespannter inhaltlicher Referenzrahmen,
der zum Teil an Beliebigkeit grenzt. Zugleich verbindet er sich mit
einem starken antiwestlichen bzw. antiamerikanischen Affekt,
der nicht selten in antidemokratische Gesinnung umschlägt. Die
Grenzen zum Rechtsradikalismus, aber auch zum Postkommunismus,
sind fließend und werden bisweilen überschritten.
Angesichts dieser verwirrenden Gemengelage empfiehlt es sich,
den russischen Konservativismusbegriff auf seine historischen
Wurzeln, seine intellektuelle Aussagekraft und seine Bezogenheit
zum westeuropäischen „Vorbild“ hin zu befragen. Diesem
Ziel dient eine Konferenz, die im Rahmen der 2010 begründeten
Universitätspartnerschaft zwischen der Staatlichen Universität
Voronezh und der Technischen Universität Chemnitz
in Voronezh durchgeführt wird. Russische und deutsche Konservativismus-
Experten – Historiker, Politikwissenschaftler und
Soziologen – diskutieren an vier Tagen das komplizierte Wechselverhältnis
zwischen russischem Konservativismus und deutschem
konservativen Denken in interdisziplinärer Perspektive.
Das Tagungsthema soll dabei mittels eines chronologischen
Durchgang durch mehr als zwei Jahrhundert konservativer
Theorie und Praxis erschlossen werden. Die Tagungsbeiträge
dienen der wechselseitigen Vermittlung aktueller Forschungsbefunde
zwischen deutschen und russischen Konservativismusexperten
und werden im Anschluss an die
Konferenz in einem zweisprachigen Sammelband publiziert.
PROGRAMM
Donnerstag, 15. September 2011
14:00 - 15:00 Uhr: Eröffnung und Grußworte
15:00 - 15:30 Uhr Prof. Dr. Hans-Christof Kraus, Passau:
Ursprung und Entstehung des politischen Konservativismus in Deutschland
und Westeuropa.
15:30 - 16:00 Uhr Dr. Arkadiy Yurievich Minakov, Voronezh:
Ursprung und Entstehung des russischen Konservativismus in gesamteuropäischer
Perspektive.
16:00 - 16:30 Uhr: Kaffeepause
16:30 - 17:00 Uhr Prof. Dr. Petr Vladimirovitsch Akulschin, Rjazan:
Politische Erfahrung des Westens und die Entstehung des Konzepts des
„aufgeklärten Konservatismus“ in der zweiten Hälfte des XIX. Jahrhunderts.
Freitag, 16. September 2011
09:00 - 09:30 Uhr Prof. Dr. Frank-Lothar Kroll, Chemnitz:
„Konservativer Sozialismus“. Ein ideenpolitischer Sonderweg im XIX. Jahrhundert.
09:30 - 10:00 Uhr Prof. Dr. Valerij Leonidovitsch Stepanov, Moskau:
Deutsche Nationalökonomie und konservatives ökonomisches Denken in
Rußland.
10:00 - 10:30 Uhr: Kaffeepause
10:30 - 11:00 Uhr Dr. Stanislav Vital’evitsch Khatuncev, Voronezh:
Konstantion Nikolayevich Leont’evs (1831-1891) Vorstellungen vom
Westen.
11:00 - 11:30 Uhr Dr. Tatiana Evgen’evna Pljaschenko, Voronezh:
Deutsche Philosophie und „Russischer Boden“. Alexander Dmitrijevich
Gradovskijs (1841-1889) Theorie des Nationalstaates.
11:30 - 14.00 Uhr: Mittagspause
14:00 - 14:30 Uhr Prof. Dr. Igor’ Vladimirovitsch Omel’jantschuk, Vladimir:
Autokratie und Parlamentarismus in der Ideologie der russischen Konservativen
des frühen XX. Jahrhunderts.
14:30 - 15:00 Uhr Dr. Andrej Ivanov, Sankt Petersburg:
Zwischen Anziehung und Konfrontation. Vladimir Mitrofanovich Purishkevichs
(1870-1920) Vorstellungen über Deutschland und die Deutschen.
15:00 - 16:00 Uhr: Kaffeepause
16:00 - 16:30 Uhr Prof. Dr. Alexandr Vital’evitsch Repnikov, Moskau:
Das Deutschlandbild der russischen Konservativen vor und während des
Ersten Weltkriegs.
16:30 - 17:00 Uhr: Dr. Vadim Borisovitsch Kolmakov, Voronezh:
Deutsche und Russen im publizistischen Werk von D.V. Skryntschenko
(1914-1916).
17:00 - 17:30 Uhr: Prof. Dr. Sergej Vladimirovitsch Kretinin, Voronezh:
Deutsche national-konservative Vereine in Polen. Ideologische Positionen
und politische Praxis in den 1920er und 1930er Jahren.
Samstag, 17. September 2011
09:00 - 09:30 Uhr Irina Knyazeva, M.A., Chemnitz:
Die Rolle Rußlands im Europadenken der „Konservativen Revolution“.
09:30 - 10:00 Uhr Dr. Sergej Georgievitsch Allenov, Voronezh:
Wechselwirkungen zwischen der deutschen „Konservativen Revolution“
und russischem konservativen Denken.
10:00 - 10:30 Uhr: Kaffeepause
10:30 - 11:00 Uhr Dr. Hendrik Thoß, Chemnitz:
Problematische Partnerschaften. Reichswehr, Rote Armee und
„Konservative Revolution“.
11:00 - 11:30 Uhr Michael Vollmer, M.A., Chemnitz:
Wider die Mésalliance. Das Rußlandbild Thomas Manns.
11:30 - 14:00 Uhr: Mittagspause
14:00 - 14:30 Uhr Dr. Peter Jahn, Berlin:
Struktureller Konservatismus. Die öffentliche Erinnerung an den Großen
Vaterländischen Krieg in der Sowjetunion 1960-1985.
14:30 - 15:00 Uhr Prof. Dr. Helmut König, Aachen:
Konservativismus und Vergangenheitsbewältigung in Deutschland und
Rußland.
15:00 - 16:00 Uhr: Kaffeepause
16:00 - 16:30 Uhr Martin Munke, M.A., Chemnitz:
Geschichte als Waffe. Zur Instrumentalisierung von Geschichtsbildern
am Beispiel der „National-Konservativen Bewegung der
Rußlanddeutschen“.
16:30 - 17:00 Uhr Dr. Dmitrij Nikolaevitsch Netschaev, Voronezh:
Zwischen Theorie und Wirklichkeit. Konservative Positionen in den
Programmen der politischen Parteien Russlands.
17:00 - 17:30 Uhr: Kaffeepause
17:30 - 18:00 Uhr Prof. Dr. Alfons Söllner, Chemnitz:
Die deutschen Konservativen und der Westen. Verwestlichung des
deutschen Konservatismus durch die Emigration?
18:00 - 18:30 Uhr Valerij Anatol’evitsch Senderov, Moskau:
Zur deutschen Orientierung des russischen Konservatismus.
Sonntag, 18. September 2011
10:00 Uhr Podiumsdiskussion:
Aktuelle Probleme und Perspektiven des Konservativismus in Rußland
und Deutschland