Ostalgie und Glorifizierung - Unkenntnisse der Nachgeborenen - Politisches Bildungsforum Sachsen
Vortrag
Details
Artikel und Bücher sind über die DDR geschrieben worden, einzelne Aspekte des Systems wurden intensiv analysiert und trotzdem hat man das Gefühl, dass sich das Phänomen „DDR“ einer gerechten Wahrnehmung zunehmend entzieht.
Einerseits neigt ein Großteil der ehemaligen DDR-Bürger zur Verklärung der Vergangenheit. Im Verhältnis zur Gegenwart scheint dann die Vergangenheit ein geradezu erstrebenswerter Zustand gewesen zu sein. Andererseits legt die Bewertung und Aufarbeitung der DDR ihren Fokus auf die verdrängten Teile der Diktaturerfahrung. Sie will und soll bewusst machen, wie verbrecherisch geschlossene Systeme werden können, wenn jede Form einer externen Normierung verloren geht. Wenn man als ehemaliger DDR-Bürger ausschließlich mit diesen Fakten konfrontiert und identifiziert wird, fühlt man sich missverstanden.
Beide Haltungen: Relativierung und Dämonisierung, präsentieren die extremen Pole des Umganges mit der DDR-Erfahrung. Sie werden dem damaligen Alltagserleben nicht gerecht. Nicht jeder lebte in ständiger Angst und dem Bewusstsein des totalen Überwachungsstaates. Das DDR-System war ein Ideologieschwellensystem, das besonders aktiv wurde, wenn man sich nicht systemkonform verhielt. Dann offenbarte es allerdings alle Dimensionen
eines totalitären Staates. Die (Lebens)Kunst des Einzelnen bestand darin, minimale Kompromisslinien zu finden und nicht vorauseilenden Gehorsam zu leisten. Deshalb wird es notwendig, Gewissenserforschung zu betreiben und sich zu erinnern, wie die DDR war und wie sie erlebt wurde.
Wir sollten beginnen, uns unsere Biographien zu erzählen!
Prof. Dr. Klaus Schroeder (Jg. 1949) studierte Biologie, Volkswirtschaftslehre und Politikwissenschaft in Berlin. Anschließend arbeitete er als wissenschaftlicher Assistent am Institut für Soziologie der Freien Universität Berlin mit Schwerpunkt Staat, Organisation und Planung.
1992 war Klaus Schroeder Mitbegründer des Forschungsverbundes SED-Staat, der sich seither mit der deutschen Teilungsgeschichte und dem Wiedervereinigungsprozess auseinandersetzt. Die Ergebnisse seiner Forschung fanden Niederschlag in zahlreichen Publikationen, unter anderem legte er 1998 das Standardwerk „Der SED-Staat. Partei, Staat und Gesellschaft 1949-1990“ vor.
Die Ringvorlesung findet zunächst bis zum 3. Februar 2009, immer Dienstag um 20.00 Uhr, im Festsaal des Stadtmuseums Dresden statt. Auf Wunsch senden wir Ihnen gern den Flyer zur Reihe mit allen Terminen und Themen in der Übersicht zu.