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Computerspiele. Bloße Zeitverschwendung oder ungenutztes Potential?

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Das Thema der Computerspiele oder Gaming zählt zu einem der von Politik, Schule, Kindern und Eltern am kontroversesten diskutierten Themen. Dabei stellt sich die Frage, ob Computerspiele einen positiven Beitrag zur Gesellschaft leisten können oder ob die Vorurteile an ihnen berechtigt sind. Um diese Frage in der Mitte der Gesellschaft nachzugehen und beide Seiten zu Wort kommen zu lassen, hat das Sonderprojekt Gemeinsam.Demokratie.Gestalten des politischen Bildungsforums Thüringen am 03. Februar 2021 ein Onlineseminar unter dem Titel „Computerspiele. Bloße Zeitverschwendung oder ungenutztes Potential?“ veranstaltet. Eingeladen waren Frau Çiğdem Uzunoğlu, (Geschäftsführerin Stiftung Digitale Spielekultur), Frau Elisabeth Secker (Geschäftsführerin der Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle (USK)) und Herr Ingo Weidenkaff (Fachreferent Jugendmedienschutz LAG Thüringen). Moderiert wurde das Webinar vom bekannten Twitch Streamer Daniel Blum aka Writing Bull.

Eröffnet wurde das Onlineseminar durch den Referenten der Konrad-Adenauer-Stiftung Tim Jonas Beyer, welcher nach einer Begrüßung die Arbeit der Stiftung vorstellte. Anschließend kündigte Daniel Blum die Referentinnen an und gab den Teilnehmenden eine Einführung in die Thematik der Computerspiele, indem er diese als ein Bindeglied zwischen Gesellschaft und Spielern beschrieb. Çiğdem Uzunoğlu monierte die vielen Vorurteile, die vor allem ältere Menschen gegenüber Computerspielen hätten. Anhand von Beispielen zeigte sie die große Vielfalt, welche es in der Gamingwelt gebe, auf. Darin kämen Menschen unabhängig von ihrer Lebenswelt, Religion, Geschlecht oder politischen Orientierung zusammen, um gemeinsam zu spielen. Außerdem könnten Computerspiele aufklärende Funktionen übernehmen, so Frau Uzunoğlu und würden dazu beitragen, die Gesellschaft zu digitalisieren. Besonders im Geschichtsunterricht könnten Spiele genutzt werden, da sie es den Schülern ermöglichen, in andere Rollen und Zeiten zu schlüpfen. Somit könne Geschichte anders erlebt werden als durch das Lesen von Büchern. Gleichzeitig bestehe die Möglichkeit Jugendliche für demokratische Werte zu sensibilisieren, wie zum Beispiel mit dem Spiel „through the darkest times“, in dem der Spielende Teil einer Widerstandsgruppe im Berlin der 1930er Jahre werden kann. Spiele würden daher nicht nur im Unterreicht genutzt werden können, sondern auch als Teil der Erinnerungskultur, indem Geschichte erlebbar gemacht würde. Neben all den Potentialen und Möglichkeiten die Computerspiele mit sich brächten, machte Frau Uzunoğlu aber auch darauf aufmerksam, dass Spiele trotz allem in erster Linie Spaß machen sollten und eine Unterhaltungsfunktion erfüllen hätten. Damit kritisierte sie gleichzeitig die hohen Erwartungen an die Gaming-Welt, welche an andere Medien wie Musik oder Film nicht in diesem Ausmaß gestellt würden. 

Auch Elisabeth Secker zeigte auf, dass digitale Spiele mittlerweile in der Lebenswelt von Kindern und Jugendlichen angekommen seien; nur noch 8% der Jugendlichen würden demnach keine Online Spiele nutzen. Gerade diese Verbreitung des Mediums unter jungen Menschen führe zu einem Wandel in der Betrachtung von Online Games. Frau Secker stellt heraus, dass Spiele genauso Kunst oder Kulturgut darstellen könnten, wie andere Medien und von der Gesellschaft als Möglichkeit ernster genommen werden sollten. Ingo Weidenkaff, welcher in engem Kontakt zu besorgten Eltern steht, betonte die Sorgen der Eltern. Diese Sorgen würden durch die negativ geprägte öffentliche Diskussion verstärkt werden. Die gesellschaftliche Debatte über Online-Games sei immer noch stark geprägt von Diskursen über Suchtgefährdung und Gewalt. Über das Potential und die Vielfalt der Spiele würde hingegen nur wenig gesprochen. Weiterhin hob Frau Secker über die Kriterien hervor, welche Spiele erfüllen müssten, um eine Jugendfreigabe zu erhalten. Dabei berichtete sie auch darüber, dass Online-Games im Vergleich zu anderen Medien interaktiv seien und nicht bloß passiv rezipiert werden könnten. Durch die Interaktion entstehe ein Handlungsdruck, welcher sich auf jüngere Kinder negativ auswirken könnte. Herr Weidenkaff machte in diesem Zusammenhang deutlich, dass es besonders diese Interaktion und Komplexität sei, welche Jugendliche im Spiel halte. 

Frau Uzunoğlu berichtete, dass ihre Stiftung zu Beginn der Corona-Pandemie viele Fragen von Eltern und Lehrkräften nach pädagogisch wertvollen Spielen bekommen hätte. Im Zuge dessen, habe die Stiftung eine Datenbank erstellt, welche Spiele nach den Kriterien: Inhalt, Angemessenheit des Alter, Passung der Unterrichtsfächer und ihrem medienpädagogischen Nutzen beurteilt. Weiterhin sprach sie sich dafür aus, Fortbildungen für Lehrkräfte anzubieten, um diese für den Einsatz und den Umgang mit Games im Unterricht fit zu machen. Neben den Potentialen von Online-Games sah Herr Weidenkaff eine Gefahr in der Monetarisierung von Spielen. Er nahm jedoch die Position ein, dass in diesem Fall die Eltern in der Verantwortung seien, ihre Kinder zu überwachen und zu schützen.

Weiterhin sprachen die Referentinnen über Multiplayerspiele. Dabei handelt es sich um Games, bei denen Spielende untereinander in Kontakt kommen und miteinander spielen. Die Referentinnen waren sich darin einig, dass Multiplayerspiele grundsätzlich das Potential mit sich bringen, Menschen im Internet kennenzulernen, mit anderen Menschen gemeinsame Erfahrungen zu sammeln und sogar Freundschaften zu schließen. Denn besonders Multiplayerspiele würden Jugendlichen dabei helfen, an ihrem sozialen Verhalten zu arbeiten, da sie von den anderen Spielenden beobachtet und für Fehlverhalten kritisiert und sanktioniert würden. Frau Uzunoğlu ging weiterhin auf das Potential von Teamspielen ein, welche dabei helfen würden, Disziplinierung, Logik, Führungsqualität und Strukturierung zu trainieren. Es gäbe viele „serious games“, die auch von Firmen genutzt würden, um zu erfahren, wo die soft skills ihrer Mitarbeitenden liegen. Allgemein sei es für Eltern und Lehrkräfte wichtig, den Trend der Online-Games nicht weiter zu verpassen, sondern mitzugestalten und Games in der Zukunft als Teil des Bildungsweges anzuerkennen. Auch die Politik hat Games als Wählermobilisierung für sich entdeckt; Präsidentschaftskandidat Joe Biden spielte beispielsweise ein Online-Spiel, um mit seinen Wählerinnen in einen Dialog zu treten.   

Auf die Kritik von Lehrkräften, dass zu viel Screentime gesundheitsschädlich sei, antwortet Herr Weidenkaff, dass die Vorurteile gegenüber Games vergleichbar mit den damaligen Vorurteilen gegenüber dem Lesen seien. Damals sprach man von einer „Lesesucht“ bei Jugendlichen. Mit diesem Vergleich wollte er zeigen, dass neue Medien immer vorurteilsbehaftet sind und eher als Gefahr als Potential angesehen werden. Im Verlauf des Gesprächs gingen die Referentinnen noch auf Fragen der Teilnehmenden ein, wie zum Beispiel E-Sport oder zum Einsatz von Games im Gesundheitswesen. Dabei wurde herausgestellt, dass es beim E-Sport einige Vereine gäbe, welche den Trend des E-Sports annehmen würden, anstatt ihn zu verpassen. Im Gesundheitswesen würden „health games“ sowohl bei Demenzkranken oder Verbrennungsopfern eingesetzt als auch um motorische Fähigkeiten zu trainieren. In der Abschlussrunde der Diskussion sprachen sich alle Referentinnen dafür aus, dass das Thema Online-Games gerade durch seine Vielfältigkeit und zahlreichen Potentiale endlich die Aufmerksamkeit im gesellschaftlichen Diskurs erlangen sollte, die es verdiene. 

Tim Jonas Beyer bedankte sich bei allen Referentinnen für ihre Teilnahme sowie Daniel Blums Moderation und das rege Interesse der Teilnehmenden an der Veranstaltung. Bevor die Veranstaltung beendet wurde, wies Herr Beyer die Teilnehmenden auf die nächste Veranstaltung aus der Veranstaltungsreihe „Gaming“ zum Thema „Warum E-Sport nicht nur ballern ist“ am 18. März 2021 mit dem E-Sport Team Gera hin. 

 

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