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Veranstaltungsberichte

Premiere in Senegal: Interreligiöser Dialog aktiv gelebt

Treffen von vier Religionen

Theologen, Experten und Gläubige vier Religionen trafen sich Mitte Juni in der Konrad-Adenauer-Stiftung Dakar, um den in Senegal aktiv gelebten interreligiösen Dialog zu beleuchten, der vielen Ländern als Beispiel gilt. Jedoch ist das Zusammenleben der Religionen auch in Senegal nicht von Spannungen ausgenommen. Diese wurden in Workshops aufgedeckt und Lösungsvorschläge erarbeitet. Das gemeinsame Schlussgebet war der Höhepunkt dieses einmaligen Ereignisses.

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„Weltweite Premiere“ titelte die Wochenzeitschrift Nouvel Horizon, denn noch nie haben sich in Afrika die drei abrahamischen Religionen Judentum, Christentum und Islam mit Vertretern der traditionellen afrikanischen Religionen getroffen.

Mehr als 130 Vertreter der vier Religionen tagten auf Einladung von Konrad-Adenauer-Stiftung, israelischer Botschaft, Universität Dakar und ASECOD im Konferenzsaal der KAS, um Erfahrungen auszutauschen und das senegalesische Modell des Zusammenlebens der Religionen zu beleuchten.

Während der christlich-islamische Dialog schon zu einer festen Einrichtung in Senegal geworden ist, werden die traditionellen afrikanischen Religionen in der Regel nicht einbezogen. Die Begegnung mit dem Judentum ist in Senegal ebenfalls eine Neuheit.

Rabbiner Dov Maimon war eigens von Jerusalem nach Dakar gereist, um sich – wie er sagte – von der senegalesischen Erfahrung des aktiv gelebten interreligiösen Dialogs inspirieren zu lassen. Aus Deutschland war der renommierte Theologe und ehemalige Staatssekretär Klaus-Jürgen Hedrich gekommen, mehrere westafrikanische Länder waren vertreten und viele Teilnehmer waren extra aus den senegalesischen Regionen angereist, sogar aus Ziguinchor und Kedougou.

Der Hochschulminister Moustapha Sourang betonte in seiner Eröffnungsansprache die Bedeutung des senegalesischen Modells beim interreligiösen Dialog. Es sei schon eine Besonderheit, dass der erste Präsidenten des unabhängigen Senegals; Leopold Sédar Senghor, als Christ mehr als zwanzig Jahre lang in einem Staat mit mehr als 90 % Muslimen mehrfach wieder gewählt worden sei. Der interreligiöse Dialog würde in Senegal täglich in allen Familien und in der öffentlichen Sphäre gelebt.

Der Botschafter Israels, Gideon Behar, unterstrich ebenfalls das harmonische Zusammenleben der Religionen in Senegal, das als Beispiel für viele Länder der Welt gelten könnte. Behar begrüßte die Teilnehmer in den Sprachen Wolof (Senegal), Deutsch, Arabisch und Französisch und gab somit den Ton für eine variantenreiche und lebhafte Diskussion zwischen den Teilnehmer mit sehr unterschiedlichen Horizonten an.

Der senegalesische „Sonderfall“ wurde auch vom Nuntius unterstrichen, in dessen Ansprache durchklang, dass das harmonische Miteinander der verschiedenen Konfessionen vom Vatikan einen Modellcharakter habe, der – so hofft der Nuntius – auch die Länder inspiriert, die noch von interreligiösen Spannungen durchzogen sind. Die intensiven Gespräche zwischen Rabbiner Dov Maimon und dem Nuntius zeugten von der Exzellenz der jüdisch-christlichen Beziehungen.

Der KAS Repräsentant Dr. Stefan Gehrold beglückwünschte die senegalesischen Teilnehmer zum Modellcharakter des religiösen Zusammenlebens. Die Veranstaltung hätte aber auch zum Ziel, Faktoren herauszuarbeiten, die den Dialog zwischen den Religionen blockieren könnten. Senegal sei von gewissen fundamentalistischen Tendenzen nicht ausgenommen und es gelte, die ausgezeichneten Beziehungen zwischen den Religionen zu stärken, indem sie immer wieder kritisch beleuchtet würden.

Dem Kolloquium vorangegangen war die Publikation eines pädagogischen Comics für junge Erwachsene zum gleichen Thema. Die Schlüsselmomente des menschlichen Lebens Geburt und Taufe, Jugend- und Initiationsriten, Heirat und Tod in den vier verschiedenen Religionen bilden im Comic die Grundlage für ein vertieftes Verständnis der Jugendlichen für ihre eigene Religion und für die Religion der anderen.

„Verankerung und Öffnung“ war dann auch der Titel des Kolloquiums: dieses Zitat Senghors, begleitete die Teilnehmer wie ein Postulat. Häufig sind in der Tat das Unwissen, die Unkenntnis der eigenen Religion und noch mehr der Religion der anderen Ursprung und Anlass für Missverständnisse, Vorurteile und Ablehnung.

Die Veranstaltung bot deshalb Vertretern aller Religionen die Gelegenheit, ihre Konzeption vom interreligiösen Dialog darzulegen und Informationen über die eigene Religion weiter zu geben.

Das erste Panel „Fundamente des interreligiösen Dialogs“ wurde vom Rabbiner Dov Maimon eröffnet. Anhand zahlreicher Beispiele aus den heiligen Büchern und eigenen Erfahrungen breitete Maimon die theologischen Grundlagen des Judentums für den interreligiösen Dialog aus. Eine einzige Wahrheit gäbe es nicht, jede Religion sei ein Weg zu Gott und ein legitimer Weg, keine Religion könne die alleinige Wahrheit für sich beanspruchen. Jedoch sei er als Rabbiner natürlich davon überzeugt, dass sein Weg für ihn der beste sei, was ihn aber nicht taub gegenüber den anderen Religionen machte. Im Mittelpunkt aller Religionen stehe der Mensch und die Würde des Menschen, die um keinen Preis angetastet werden dürfe.

Dov Maimon stellte sein Konzept des „gegenseitigen Paternalismus“ vor: Jeder kann glauben, sein Weg sei der beste, wenn er dabei die anderen respektiert. Dieses Konzept, das Fundamentalismus und Fanatismus vorbeugt, müsse erst noch populär gemacht werden. Er hätte jedenfalls schon seinen Anfang gemacht: Es sei in der Tat das erste Mal, dass ein Rabbiner nach Senegal kommt, um an einer Dialogveranstaltung teilzunehmen. Der jüdische Theologe, Islamwissenschaftler und Religionsanthropologe schloss seinen Vortrag mit der Maxime: Wenn Menschen nicht sprechen, tun es die Waffen. Ganz konkret erhoffe sich Maimon Impulse vom senegalesischen Modell für einen dauerhafte Friedensregelung in Nahost.

Pater Leon Diouf ging im Anschluss auf die Grundlagen des Christentums für den Dialog aus. Auf die Frage, was er unter interreligiösem Dialog verstehe, präzisierte er, dass „Gläubige verschiedener Religionen, von ihren unterschiedlichen Traditionen ausgehend, sich besser kennen lernen sich gegenseitig akzeptieren und respektieren und dabei ihre religiösen Unterschiede nicht verschweigen.

In Anlehnung an die tägliche Praxis des harmonischen Zusammenlebens der Religionen in Senegal differenzierte er den interreligiösen Dialog auf mehreren Ebenen. Der jeden Tag gelebte Dialog zwischen Gläubigen der verschiedenen Konfessionen (Lebensdialog), die gegenseitigen Besuche bei religiösen Festen und anderen Anlässen zeigen, dass das Zusammenleben keine größeren Probleme aufwirft.

Tiefer gehend ist der Dialog des Engagements, der Taten, wenn Gläubige der verschiedenen Religionen sich in der gemeinsamen Überzeugung geteilter Werte für gemeinsame Ziele einsetzen (Menschenrechte, Umweltschutz, gute Regierungsführung u.ä.).

Der intellektuelle Dialog deckt Gemeinsamkeiten und Unterschiede auf und bereitet den Weg für einen wahrhaften Dialog durch die gegenseitig Annahme mit dem Respekt der jeweiligen Besonderheiten.

Die letzte Stufe ist der bereichernde existentielle Dialog, in dem die Gesprächspartner sich gegenseitig spirituell bereichern, wissend dass „das Unterschiedliche, das Andere einen selbst ändert“. Dieser Dialog kann eine intensive innere Erfahrung oder eine Begegnung mit einer Persönlichkeit sein, die zu Reflexion über die eigene Spiritualität und Existenz anregt.

Der Weg des Dialogs führe zu menschlicher Größe, seine Grundlage befinde sich in unseren Händen. In Afrika mobilisiert der interreligiöse Dialog Energien für die so notwendigen Prozesse von Versöhnung, Gerechtigkeit und Frieden.

In den Diskussionen gingen die Teilnehmer ausführlich auf Beispiele des in Senegal gelebten Dialogs ein. Jeder Gesprächsteilnehmer trug Erfahrungen vor, die deutlich zeigten, dass der interreligiöse Dialog in Senegal alltägliche Praxis ist. Bei der Definition des Wortes „Dialog“ muss bemerkt werden, dass es sich hier vielmehr um ein gemeinsames Leben mit verschiedenen religiösen Überzeugungen handelt. Dieses setzt gegenseitigen Respekt und Akzeptanz voraus, nicht aber unbedingt einen bewussten Dialog zwischen den Religionen. Das Unwissen und die Unkenntnis der Religion der anderen wurden vielfach beklagt, da sie nicht selten zu Vorurteilen führt. So schwelen zeitweise unter einer Oberfläche von harmonischem Miteinander durchaus Konflikte, die in Krisenzeiten ausbrechen können.

Die rezente Stigmatisierung von Homosexuellen vor allem durch muslimische Verantwortungsträger in Senegal veranlasste einige Gesprächsteilnehmer zu der Bemerkung, dass diese Art der Ausgrenzung von Minderheiten bei einer kleinen Gruppe beginnt, jedoch niemand voraussagen könne, wer als nächstes die Zielscheibe sein würde. Wachsamkeit sei angesagt.

Hiermit war schon die Überleitung zum zweiten Panel gelegt: die unbewussten und bewussten Einflussmechanismen zwischen politischer und sakraler Welt. Klaus-Jürgen Hedrich unterstrich in seinem Beitrag die vielfachen Wechselbeziehungen zwischen Politik und Religion und betonte wiederholt, dass „Christen nicht darauf verzichten können; sich in die Politik einzumischen“. Nach jahrhundertelanger Entwicklung sei der Staat in Europa heute zwar säkular, aber keineswegs werteneutral.

Die Aufforderung im Neuen Testament: „Macht Euch die Erde untertan“ sei kein Freibrief für die Ausbeutung der unseres Planeten, sondern eine Verpflichtung, die Schöpfung zu bewahren und mit ihren Ressourcen schonend umzugehen. Umweltschutz sei also ein in der religiösen Grundhaltung angelegter Maßstab.

Hedrich sagte: “Wer in unseren modernen Gesellschaften die öffentlichen Dinge mitgestalten will, kommt um ein Mitwirken in öffentlichen Institutionen, einschließlich politischer Parteien, nicht umhin“. Das Konzept der von den Christdemokraten ausgearbeiteten Sozialen Marktwirtschaft könne eine globale Handlungsanweisung für die Herausforderungen der Finanz- und Wirtschaftskrise, aber auch für die Gefahren, die aus Terrorismus, Unfreiheit, Umweltzerstörung und der Verschwendung von natürlichen Ressourcen erwachsen, bieten.

Die Historikerin Penda Mbow von der Universität Dakar unterstrich in ihrem Referat die Überzeugung, dass das Christentum die Grundlage der europäischen Union darstelle und dass Lösungsvorschläge für Probleme des interreligiösen Dialogs bei den frühmittelalterlichen Autoren Thomas von Aquin, dem Heiligen Augustinus und Al Acajou Ibn Arabie gesucht werden müsse, Autoren, die zur Zeit des Zusammentreffens von Christen und Muslime ihre wichtigsten Texte geschrieben haben. Seit dem 9/11 seien die Beziehungen zwischen der westlichen und der arabischen Welt gestört.

Mbow schlägt eine „Reise an die Peripherie“ dieser Welten vor, um den Dialog wieder auf die Füße zu stellen, konkret: Asien und Afrika, wo der Dialog aktiv gelebt wird. Der Sufismus und der Hamallismus seien Alternativen zum fundamentalistischen Islam und trügen in Afrika und Indonesien die Früchte eines toleranten und offenen Islam. Allerdings nähme in Senegal wie auch in anderen afrikanischen Ländern die Gefahr einer starken Einmischung von religiösen Vertretern in öffentliche Belange zu, der säkulare Staat würde mehr und mehr von religiöser Einflussnahme bedroht.

Deshalb sei es heute in Afrika von hoher Notwendigkeit, eine autonome Denkweise des afrikanischen Islam zu definieren. Religiöse Netzwerke, die Friedenskultur, Integration und den Austausch religiöser Erfahrungen sowie den interreligiösen Dialog vorantreiben können, müssen identifiziert und dynamisiert werden. Die Frage eines modernen Islam bleibt eine Herausforderung, insbesondere angesichts der Debatten über Menschenrechte, Geschlechtergleichheit und andere aktueller Fragen.

Die nachfolgende Diskussion wurde vom spritzigen Journalisten Mame Less Camara moderiert, der selber schon lange das subtile senegalesische Wechselspiel zwischen Politik und Religion beobachtet und kommentiert. Wenn die Religion ein Schlüssel zu politischem Erfolg wird, sei eindeutig die Rolle der Spiritualität verfehlt, beklagten verschiedene Teilnehmer. Religion als Wertebarometer in der Gesellschaft, ja, als Steigeisen für politische Posten und Vorteile, nein. Die Einmischung von religiösen Würdenträgern, die teilweise aktiv in die politische Arena steigen, wurde kritisiert, und vor der Gefahr einer Instrumentalisierung der Religion zu politischen und anderen Zwecken gewarnt. Äußerste Wachsamkeit sei vonnöten, um Krisensituationen wie in Nigeria und anderen Ländern zu vermeiden.

Der nächste Morgen bescherte den Teilnehmern zwei weitere spirituelle und intellektuelle Höhenflüge mit dem renommiertesten senegalesischen Islamwissenschaftler Abdoul Aziz Kébé und dem traditionellen Religionsforscher Issa Laye Thiaw. Kébé ging in seinem Vortrag „Religion und Menschenrechte“ auf Konvergenzen und Divergenzen ein. In Europa sei das Thema der Menschenrechte mit der Ablehnung der göttlichen Herkunft des Rechtes einher gegangen. Im Islam hingegen hat es die Aufklärungsperiode nicht gegeben, hier wird weiterhin das Recht direkt auf göttliche Herkunft zurück geführt, hier werden weiterhin religiöses Dogma und politische Ideen verbunden. Die religiösen Kodifizierungen sind jedoch von ihrer Entstehungszeit und –Ort geprägt und können so keine dauernde Gültigkeit haben, sie müssen ständig neu interpretiert werden.

Kébé sucht in den ethischen Prinzipien der Religionen die Grundlage für die universellen Handlungsrichtlinien des Rechts, in der sich alle Legislativorgane wieder finden können: die Unantastbarkeit des Lebens, des Glaubens, der Ehre, der Güter. Der Geist des Islam könne nicht im Widerspruch zu den Menschenrechten stehen. Es handele sich nun darum, das Recht auf der Basis der Prinzipien von Gerechtigkeit und Gleichheit vor dem Gesetz aufzubauen.

„Religion und Umwelt - Religion und Bäume in den Jahrhunderten“ war das Thema von Issa Laye Thiaw, der zunächst feststellte, dass die ältesten Religionen Afrikas (Altägypten, Sumerer, Babylonier) als Agrarreligionen der Natur einen hohen Stellenwert einräumten. Im Judentum sei „Gott der erste Gärtner“ gewesen. Der Baum habe schon immer eine große symbolische Bedeutung gehabt. Die traditionellen Religionen Afrikas, hier illustriert am Beispiel der Serer, geben dem Baum eine zentrale Stellung.

Thiaw erklärte dem interessierten Publikum, dass die Religion der Serer monotheistisch sei, es gäbe nur einen Gott mit dem Namen Rog Sene. Rog bedeutet Gott und Sene sei nicht ein Nachname der Serer, wie manchmal behauptet wird, sondern beziehe sich hier auf die Überzeugung, dass Gott nirgends und überall sei. Im Gegensatz zu den Buchreligionen gäbe es bei den Serer kein Gotteshaus, da man gott eben nicht fixieren könne. Gott werden keine Opfer dar gebracht, es wird lediglich zu ihm gebetet. Es gibt allerdings verschiedene Mittlerinstanzen zwischen Gott und den Menschen, auch die Bäume als können dazu gehören. Deshalb müssen, bevor ein Baum gefällt wird, erst mystische Rituale initiiert werden. Thiaw sieht den Unterschied zwischen afrikanischen und Buchreligionen darin, dass die abrahamischen Religionen zur Transzentenz tendieren, während bei der Religion der Serer der Mensch im Mittelpunkt stehe.

Kiné Camara, Juristin und Expertin in Fragen der Rolle der Frauen in der traditionellen Religion, übernahm die Moderation dieses Panels. Alle Diskussionsteilnehmer waren der Überzeugung, die Religionen als solche würden mit ihren Werten und ihrer Ethik eine Garantie für die Anwendung der Menschenrechte und Freiheit bieten. Sie würden aber leider häufig von Menschen mit Halbwissen ausgelegt. So käme es dann immer wieder zu beklagenswerten Prozessen von Ausgrenzung und Diskriminierung Andersgläubiger und Andersartiger.

Besonders die Rolle der Frau in der Religion und die Einstellung des Islam zur Frau wurden thematisiert. Kébé, Rabbiner Maimon und andere Experten ermutigten die Frauen, sich intensiv mit den religiösen Texten ihrer Religionen zu befassen, ihre Religion besser kennen zu lernen.

Weder im Judentum noch in den anderen Religionen gäbe es Indizien für eine Diskriminierung der Frauen. Die heiligen Bücher seien in einem historischen und geographischen Kontext, in einer patriarchalischen Gesellschaft geschrieben worden. Die Werte seien universell, die Bücher müssten aber im Rahmen des aktuellen Kontextes immer wieder neu ausgelegt werden.

Eine Herausforderung unserer Zeit seien die Menschenrechte und der Umgang mit den natürlichen Ressourcen der Erde. Alle Religionen geben Grundwerte und ethische Handlungsrichtlinien vor, nach denen die menschliche Würde unantastbar ist. Der Dekalog stammt aus der altägyptischen Religion und wurde von allen derzeit bekannten Religionen mehr oder weniger übernommen, es sind die menschlichen Grundwerte, die hier angesprochen werden.

Die vier Arbeitsgruppen am Nachmittag wurden von den vier Vertretern der Religionen geleitet: Rabbiner Maimon, Pater Coly, Issa Laye Thiaw und Abdoul Aziz Kébé. Alle mussten auf die gleichen Fragen antworten: Gibt es heute die Hindernisse beim Dialog? Wenn ja, welches sind sie? Was können wir tun, um sie dauerhaft abzubauen?

Als gravierendste Obstakel wurden in allen Gruppen folgende herausgearbeitet: Unkenntnis der eigenen Religion und jener der anderen; die Instrumentalisierung der Religion von politischen und anderen Interessengruppen; religiöser Fundamentalismus; die Negierung der Gegensätze; die Arroganz gewisser religiöser Würdenträger; Kommunikationsmangel; Intoleranz; Angst; Vorurteile; fehlender Mut, Herausforderungen anzugehen. So sind in Senegal, trotz des immer wieder gelobten und gelebten Dialog zwischen den Religionen, zahlreiche Probleme aufgetreten: vom Verbot, in der Stadt einer religiösen Bruderschaft eine Kirche zu bauen über den Konvertierungszwang bei Eheschließungen zwischen Muslimen und Christen oder bei der Arbeitssuche.

Der Dekan der geisteswissenschaftlichen Fakultät der Universität Dakar betonte in seiner Abschlussrede, dass ein Prinzip für alle Religionsangehörige eine Handlungsrichtlinie sei könne: Behandele die anderen so, wie du behandelt werden möchtest. Diese Maxime sei im individuellen Leben ebenso anwendbar wie im Zusammenleben der Nationen. Die aktuellen globalen Herausforderungen können nur im gemeinsamen Handeln gelöst werden, und die Religionen bieten den dazu notwendigen Wertekatalog.

Der KAS Repräsentant Gehrold und er israelische Botschafter Behar verliehen ihrer Freude Ausdruck, mit der Initiative des interreligiösen Dialogs einen Meilenstein gesetzt zu haben. Allein die Tatsache, dass Menschen so verschiedener Herkunft und mit so unterschiedlichen Hintergründen wie ein Rabbiner aus Jerusalem, eine aus Ruanda vertriebene Journalistin, ein Konfliktmanager aus Burkina Faso ein polnischer Priester ihre existentiellen und spirituellen Beweggründe für den interreligiösen Dialog mitteilten und sich über ihre Erfahrungen und Hoffnungen austauschten, ist als ein Erfolg der Begegnung zu werden. Im nächsten Jahr soll ein weiteres Kolloquium zum Thema organisiert werden, um die hier entstandene Dynamik weiterleben zu lassen.

Ein Observatorium für die interreligiösen Beziehungen in Senegal wurde ebenso angedacht wie die Veröffentlichung von Basistexten des Dialogs, um ihn auch für Sekundarschüler und Studenten zugänglich zu machen.

Die Erfahrung des bereichernden und belebenden Miteinander der Religionen, das konstruktive Kritik ebenso wie wegweisende neue Handlungsrichtlinien für den interreligiösen Dialog beinhaltete, wurde durch das Abschlussgebet gekrönt. Besinnung und Sendung, so formulierten nacheinander die Theologen ihre psalmodierten Gebete. Thiaw sprach ein traditionelles Serer Gebet, dann folgte der gesungene Psalm des Rabbiners, worauf der Pater ein Gebet frei formulierte und mit dem gesungenen Paternoster fortfuhr. Den Abschluss bildete das liturgische muslimische Gebet, das von Kébé vorgetragen wurde. Die Einheit in der Vielfalt, die Verschiedenheit als Basis der Kommunion der Religionen und Völker – so könnte der Beginn einer friedlicheren Welt aussehen.

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