Asset-Herausgeber

Veranstaltungsberichte

Pressefreiheit und Medienvielfalt im Senegal besteht

Kritischer Journalismus muss sich entwickeln

Seit 1994 wird am 3. Mai der Internationale Tag der Pressefreiheit begangen. Meinungs- und Pressefreiheit sind fundamentale Grundrechte, die wesentliche Bestandteile einer funktionie-renden Demokratie sind. Am 4. Mai 2017 veröffentlichte das Auslandsbüro der Konrad-Adenauer-Stiftung im Senegal gemeinsam mit seinem langjährigen Partner, der Journalistenschule CESTI, die neue Ausgabe der seit 2000 einmal jährlich erscheinenden Publikation „Les Cahiers de l´Alternance“ zum Thema „Medien im Senegal – zwischen Wandel und Zwängen“.

Asset-Herausgeber

Senegal auf Platz 58 der Rangliste Pressefreiheit weltweit

Pressefreiheit ist im Senegal gewährleistet und eine Vielzahl unterschiedlicher Medien ist vorhanden. Nach Angaben der Vereinigung „Reporter ohne Grenzen“ nimmt der Senegal in der Rangliste Pressefreiheit Platz 58 von 180 aufgelisteten Ländern ein. Neben ca. 25 Tageszeitungen gibt es zahlreiche öffentliche und private Fernsehsender, in allen Regionen des Landes sind mehrere lokale Radiostationen ansässig und die Zahl von Onlinenachrichtenportalen steigt kontinuierlich. Journalisten können ihrer Arbeit theoretisch frei nachgehen und unterliegen nur wenigen (jedoch oftmals monetären) Einschränkungen. Derzeit befinden sich im Senegal keine aufgrund ihrer Berufsausübung verurteilten Journalisten in Haft. Nach wie vor heikel ist allerdings die kritische Berichterstattung über religiöse Themen.

Spannungsfeld zwischen Religions- und Pressefreiheit besteht

Das Thema Religion nimmt im medialen Diskurs des Landes eine große Bedeutung ein. Vor allem die vier wichtigsten muslimischen Bruderschaften kommen in der Berichterstattung stark zur Geltung. Dies liegt auch an der politischen und ökonomischen Bedeutung der muslimischen Bruderschaften, die sich selbstbewusst und lautstark zu aktuellen tagespolitischen Themen äußern und sich dabei großer medialer Beachtung gewiss sein können. Porträts muslimischer Autoritäten, Höflichkeitsbesuche senegalesischer Spitzenpolitiker bei muslimischen Würdenträgern und öffentliche Stellung-nahmen der Bruderschaften werden ausgiebig wieder gegeben, allerdings nicht kritisch kommentiert. Eine Einschränkung der Pressefreiheit scheint also im religiösen Kontext durchaus gegeben zu sein. Das Spannungsfeld zwischen Religions- und Meinungs-, bzw. Pressefreiheit ist demnach auch im Senegal gegeben und wird durch eine ausschließlich positive Berichterstattung religiöser – vor allem muslimischer – Themen versucht aufzulösen.

Printmedien bleiben einer Bildungselite vorbehalten

Da nach wie vor etwa 50 Prozent der senegalesischen Bevölkerung Analphabeten sind, bleiben Zeitungen und die seit wenigen Jahren sich im Entstehen befindenden wöchentlich erscheinenden Magazine einer Bildungselite vorbehalten. In entlegenen Regionen des Landes – gerade in Grenzgebieten zu Mali, Guinea und Guinea-Bissau – sind bis heute keine Tageszeitungen zu finden. Der Transportweg ist oftmals schlichtweg zu lang und wird in entlegenen Orten, besonders in der Region Kedougou, durch eine nicht vorhandene Verkehrsinfrastruktur zusätzlich erschwert. Zeitungen kämen also nur zeitverzögert und nicht mehr tagesaktuell an.

Der Verkauf von Printmedien konzentriert sich daher vor allem auf städtische Ballungsgebiete und schließt eine gewisse Bevölkerungsgruppe in der Peripherie des Landes quasi vollständig vom Konsum von Tageszeitungen aus. Die Kosten für Tageszeitungen sind nicht hoch und liegen zwischen 100 und 300 FCFA pro Exemplar (655 FCFA entsprechen 1 Euro), ein Betrag der für zahlreiche Senegalesen dennoch nicht erschwinglich ist – vor allem da die Priorität auf der Sicherung des täglichen Nahrungsmittelbedarfs liegt.

Analphabetenquote bei ca. 50 Prozent – Zeitungen auf Französisch

Hinzu kommt ein sprachliches Problem: Tageszeitungen und Wochenmagazine erscheinen auf Französisch – Kenntnisse der senegalesischen Amtssprache sind allerdings lediglich nach einer erfolgten Schulbildung vorhanden. Die sieben Lokalsprachen des Landes, darunter Wolof als der am stärksten verbreiteten Landessprache, sind im Printbereich na-hezu nicht vertreten.

Regionale Radiostationen berichten in Lokalsprachen

Die landesweit ansässigen Radiostationen bieten ihre Programme und Nachrichtensendungen oft mehrsprachig an – teilweise auf Französisch und in mehreren Lokalsprachen. Da Radiostationen einen weiten Verbreitungsradius haben und unabhängig vom Alphabetisierungsgrad ihrer Hörer konsumierbar sind, nehmen sie gemeinsam mit Fernsehanstalten eine wichtige Funktion zur Informationsvermittlung innerhalb der senegalesischen Gesellschaft ein. Das vorherrschende Problem aller Medienanstalten im Senegal bleibt neben einer professionellen Ausstattung die finanzielle Situation.

Angemessene Bezahlung qualifizierter Journalisten schwierig

Letztere ist im Hinblick auf eine adäquate Bezahlung des journalistischen Personals tatsächlich gravierend, da der Verdienst für Journalisten im Senegal gerade zum Lebensunterhalt ausreicht. Das Einstiegsgehalt eines Journalisten bei einer angesehenen und etablierten Medienanstalt beträgt ca. 200 000 FCFA (300 Euro) pro Monat, bei lokalen Redaktionen deutlich weniger. Die Mehrzahl der Journalisten ist ohnehin freischaffend und versucht irgendwie über die Runden zu kommen. Gleichzeitig betont Staatspräsident Macky Sall, dass allein 2017 staatliche Ausgaben in Höhe von 700 Mio. FCFA für die Verbesserung der Pressearbeit im Senegal zur Verfügung gestellt würden und sich Journalisten im Senegal nicht zu beschweren hätten.

Gefällige Berichterstattung wird erkauft

Dennoch führt die schlechte Bezahlung von Journalisten zu einem unumgänglichen Qualitätsverlust des senegalesischen Journalismus. Mehr und mehr Journalisten berichten unkritisch, subjektiv oder tendenziös. Dabei nehmen die von vielen internationalen Organisationen bezahlten „Per Diem“ für Journalisten eine entscheidende Negativrolle ein. Es ist keine Seltenheit, dass Journalisten am Ende von Veranstaltungen einen Umschlag mit bis zu 15 000 FCFA erhalten, um sie für ihre vermeintlichen Transportkosten zu entschädigen. Tatsächlich handelt es sich dabei oftmals um eine versteckte Gabe für ihre Anwesenheit und die anschließende wohlwollende Berichterstattung über eine Veranstaltung oder Publikation. Eine objektive und kritische Berichterstattung wird dabei behindert – wer würde schon freiwillig seine erneute Einladung zur „Berichterstattung“ mit der Aussicht auf einen erneuten Umschlag im Anschluss an die Veranstaltung riskieren?

Beruhigend ist neuerdings hingegen die Thematisierung dieser indirekten Bezahlung von gefälliger Berichterstattung durch senegalesische Journalisten selbst. Durch eine angemessene Bezahlung für objektiven, informativen und kritischen Journalismus könnte gewährleistet werden, dass Journalisten auch tatsächlich ihrer Berufsbezeichnung gerecht werden und somit ab- und ausgewogen berichten.

Investigativer und kritischer Journalismus besteht kaum

Ähnliche Tendenzen sind in der Berichterstattung über Regierungsvorhaben zu erkennen. Zahlreiche Medien übernehmen wörtlich Pressemitteilungen von Regierungsstellen und hinterfragen nur zögerlich Vorhaben, Durchführung und Ergebnisse bestimmter Maßnahmen. Ein investigativer Journalismus der seinen Namen verdient, ist de facto nicht vorhanden. Auch dies ist eine Folge mangelnder finanzieller Ressourcen innerhalb der Medienhäuser.

Kritischer Journalismus gehört zur Demokratie

Obschon Meinungs- und Pressefreiheit im Senegal gewährleistet sind und zahlreiche Medien im Print-, Radio-, Fernseh- und Onlinebereich existieren, bestehen zahlreiche Herausforderungen für die senegalesische Medienlandschaft: Entscheidend bleibt die Ausbildung hin zum kritischen Journalismus. Eine ausgewogene und unabhängige Be-richterstattung setzt eine ordentliche Bezahlung von gut ausgebildeten Journalisten voraus. Dadurch kann verhindert werden, dass Journalisten durch die Bezahlung für eine gefällige Berichterstattung ihren Verdienst aufbessern.

Berichterstattung in Lokalsprechen wichtig – gerade in Radio und Fernsehen

Radio- und Fernsehstationen bleiben im Senegal zur Informationsvermittlung be-sonders wichtig. Da Tageszeitungen in ländlichen Regionen nahezu nicht erhältlich sind und eine große Bevölkerungsgruppe Analphabeten sind, stellen Radio- und Fernsehsendungen – vor allem in Lokalsprachen – wichtige Stützen zur Informationsvermittlung und Bildungsarbeit dar.

Das Auslandsbüro der Konrad-Adenauer-Stiftung im Senegal arbeitet bereits seit Jahren mit der Journalistenschule CESTI zusammen und unterstützt das Institut bei der Ausbildung zukünftiger Journalisten. Das CESTI ist eine der angesehensten Journalistenschulen im frankophonen Afrika und hat seit seiner Gründung 1965 bereits zahlreiche renommierte Absolventen hervorgebracht. Ferner arbeitet die Stiftung im Senegal mit der senegalesischen Presseagentur APS sowie zahlreichen regionalen Radiostationen zusammen, um Journalisten vor Ort für eine kritische und ausgewogene Berichterstattung zu sensibilisieren.

Asset-Herausgeber

Kontakt

Dr. Thomas Volk

Portrait

Leiter des Auslandsbüros Israel

thomas.volk@kas.de

comment-portlet

Asset-Herausgeber

Asset-Herausgeber