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Veranstaltungsberichte

Senegal zwischen den Präsidentschafts- und den Parlamentswahlen. Forum und politische Gespräche.

von Dr. Ute Gierczynski-Bocandé

Stv. KAS Generalsekretär eröffnet Gouvernance Forum in Dakar

Der stv. Generalsekretär der KAS, Dr. Gerhard Wahlers, hat während seines zweitägigen Senegal-Besuchs intensive Gespräche mit den Vertretern der neuen Regierung, der Zivilgesellschaft und der Kirche geführt. Auf dem Programm standen neben dem Gouvernance-Forum Begegnungen mit der Justizministerin, dem Dezentralisierungsminister, dem Nuntius, Parlamentariern, Unternehmern, Medienvertretern, den KAS Stipendiaten und natürlich dem von Andrea Kolb geleiteten KAS-Team Dakar.

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KAS Forum: Senegal zwischen den Wahlen

Die Lage zwischen den Präsidentschafts- und den Parlamentswahlen 2012 nahm die KAS Dakar als Anlass, ein Forum zum Austausch der Ideen zu organisieren. Schon nach der „friedlichen Revolution“ vom 23. Juni 2011, als sich die Bevölkerung gegen ein antidemokratisches Gesetz erhob, hatte die KAS Dakar ein Forum für alle politischen Akteure veranstaltet, um eine Dialogplattform in einer kritischen politischen Situation zu bieten. Am 26. März war der langjährige greise und stark umstrittene Staatschef Abdoulaye Wade abgewählt und als neuer Präsident der ehemalige Premierminister Macky Sall gewählt worden. Am 1. Juli stehen die nächsten Parlamentswahlen an. „Senegal zwischen den Präsidentschaftsund Parlamentswahlen. Herausforderungen und Perspektiven“ war dann auch der Titel des Forums, das der stv. Generalsekretär der KAS mit dem Minister für Hochschulbildung und Forschung, Serigne Mbaye Thiam, eröffnete.

Das Forum bot den Akteuren der politischen, ökonomischen, juristischen und sozialen Sphäre die Möglichkeit, die Herausforderungen und Perspektiven der neuen Ära vorzustellen und zu diskutieren. Minister Serigne Mbaye Thiam, der auch Regierungssprecher ist, erläuterte die Visionen und die pragmatischen Lösungsvorschläge der aktuellen Regierung. Der bekannte Verfassungsrechtler Ismaila Madior Fall stellte die Probleme und Aussichten der senegalesischen Jurisprudenz und Rechtssprechung dar, während die Historikerin Penda Mbow, ebenfalls von der Universität Dakar, auf die sozialen Probleme einging. Der wirtschaftliche Teil wurde von Pape Ibrahima Beye vom KAS Partner Conseil National du Patronat behandelt, der eine detaillierte Liste für Lösungsansätze vorlegte. Die pragmatische und praxisorientierte Ausrichtung der Vorträge wurde von den Diskussionsteilnehmern sehr begrüßt. Nach einer Periode der wirtschaftlichen und sozialen Lethargie liegt es allen Akteuren an einer schnellen Lösungsfindung der Probleme. Sie fordern aber auch eine prinzipielle Neuausrichtung des politischen Handelns mit Hilfe einer Wiederbelebung der traditionellen Werte. Die Entscheidungsträger sollen die nicht ihren eigenen Interessen, sondern denen der Bevölkerung dienen.

Gespräche mit KAS Partner CNP und der Justizministerin

Die Justizministerin, Aminata Touré, ist eine international bekannte Menschenrechtsverfechterin und engagiert sich für eine Humanisierung des senegalesischen Rechtsvollzugs und eine größere Nähe der Justiz zur Bevölkerung. Im Laufe seines Besuchs beim KAS-Partner CNP (Conseil national du Patronat), dem größten und wichtigsten Unternehmerdachverband Senegals, diskutierte Dr. Wahlers mit dem Vorsitzenden Baidy Agne und seinem Team über Hindernisse, aber besonders auch Potentialitäten der senegalesischen Wirtschaft. Die Unterstützung des Privatsektors ist von maßgeblicher Bedeutung, um die immer noch schwache Wirtschaft zu stärken und der Stimme der Unternehmer Gehör zu schaffen, die durch ihre Investitionen und ihr Engagement für einen Wirtschaftsaufschwung stehen.

Neuer Elan in der Dezentralisierungspolitik

Der Dezentralisierungsminister Cheikh Bamba Dieye ist eine Gallionsfigur des Aufstandes vom 23. Juni: der damalige Abgeordnete hatte sich an die Umzäunung der Nationalversammlung anketten lassen, um gegen die Instrumentalisierung des Parlaments durch die Exekutive zu demonstrieren. Auch vom frischgebackenen Minister geht dieser Elan für eine rasche und grundlegende Änderung der Verhältnisse aus: Dieye engagiert sich für eine effektive Dezentralisierungspolitik, im Rahmen derer die Gebietskörperschaften ihre Befugnisse tatsächlich und nicht nur auf dem Papier ausüben und so eine nachhaltige Entwicklung einleiten können.

Dr. Wahlers lud Minister Dieye und seine Kollegen aus dem Ministerium und Parlament zu einem Deutschlandbesuch ein, um sich eingehend über die Realitäten und Möglichkeiten eines föderalen Staates zu informieren. Dieye reagierte mit großer Freude auf dieses Angebot, das der neuen senegalesischen Regierung maßgebliche Orientierungshilfen für die Umstrukturierung und Neuausrichtung der Dezentralisierungspolitik bietet.

Überlegungen zur Lage in Mali

Am folgenden Tag diskutierte Dr. Wahlers im Laufe eines Frühstücks mit Abgeordneten über die politische und soziale Lage Senegals zwischen den Wahlen. In weiteren Gesprächen mit Experten erfuhr Dr. Wahlers Details über die aktuelle Lage in Mali, wo nach dem Militärputsch in Frühjahr eine Zweiteilung des Landes droht. Die Instrumentalisierung der ohnehin schon separatistisch ausgerichteten Tuareg durch Al Kaida Sahel stellt eine akute Bedrohung des malischen Staates und der Bevölkerung dar. Ein Eingreifen der afrikanischen Staatengemeinschaft und selbst der UNO wird von vielen gewünscht.

Interreligiöser Dialog als Priorität für den Nuntius

Der apostolische Nuntius empfing Dr. Wahlers zu einem Gespräch über die Situation der Christen in Senegal. Monsignore Montemayor ging ausführlich auf das harmonische Zusammenleben der christlichen Minderheit in einem muslimischen Land ein, erwähnte jedoch auch ein Ansteigen extremistischer Tendenzen. Während die senegalesischen Bruderschaften als sozialer Katalysator eine Art Schutzschild gegen religiösen Fanatismus darstellen, treten doch mehr und mehr in arabischen Ländern ausgebildete muslimische Intellektuelle auf die Bildfläche.

Die teilweise extreme Armut mancher Teile der senegalesischen Bevölkerung könnte von islamischen Extremisten ausgenutzt werden, befürchtete der Nuntius. Deshalb seien die Maßnahmen der KAS Senegal zum interreligiösen Dialog von höchster Bedeutung. Der Nuntius bestätigte Dr. Wahlers, dass er die KAS weiterhin in ihren Initiativen unterstützen werde.

Stipendiaten, Journalisten und Debattenkino als Multiplikatoren

Die mehr als 30 aktuellen und mehrere ehemalige Stipendiaten der KAS trafen sich zu einem Abendessen mit Dr. Wahlers. Als ehemaliger KAS Stipendiat ist der stv. Generalsekretär der KAS ein Erfolgsbeispiel. Er ließ sich viel Zeit für die Diskussionen mit den Stipendiaten, die zwei Referate zur aktuellen Lage in Senegal und Mali vorbereitet hatten. Wahlers freute sich über das große Stipendiatenprogramm in Senegal, das Studenten aus verschiedenen afrikanischen Ländern vereint und schon einen Vorgeschmack auf die afrikanische Einheit bietet. Wahlers ermutigte die Stipendiaten, sich als afrikanische Elite verantwortlich und engagiert für die Entwicklung ihrer Länder und vor allem für die maßgeblichen Werte Demokratie, Freiheit und Frieden einzusetzen.

Der deutsche Botschafter, Christian Clages, hatte Dr. Wahlers, Andrea Kolb und mehrere senegalesische Mediendirektoren und - professoren zu einem Mittagessen in die Residenz eingeladen. Mehrere von ihnen hatten vor zwei Jahren an einem KAS Medienprogramm in Deutschland teilgenommen und begrüßten die Rolle der KAS, die – da sie in Senegal nicht parteipolitisch gebunden ist – eine ausgezeichnete Diskussionsplattform für alle Akteure aus Politik, Wirtschaft, Zivilgesellschaft und Medien bietet.

Zum Abschluss seines kurzen, aber mit vielen intensiven Gesprächen gefüllten Dakarbesuchs traf Dr. Wahlers sich mit dem KAS-Team Dakar unter den Mangobäumen des großen Konferenzgartens. Dieser ist für die Veranstaltungsbesucher der KAS Dakar Synonym für den geselligen Austausch und die Fortführung von Diskussionen nach Veranstaltungen. An diesem Donnerstag, kurz vor dem Debattenkino der KAS, nutzte Dr. Wahlers die Gelegenheit, um mit den Mitarbeitern der KAS Dakar über ihre Erfahrungen, Erwartungen und Perspektiven zu diskutieren.

Kurz vor seinem Rückflug musste Dr. Wahlers noch eine letzte Aufgabe in Dakar erfüllen und die Begrüßungsrede des Debattenkinos halten. Dieses Event findet jeden letzten Donnerstag des Monats und führt zahlreiche Zuschauer zusammen, die einen in der Regel afrikanischen Film anschauen und hinterher diskutieren. Wenn Dr. Wahlers betonte, dass diese Veranstaltung gleichzeitig „erfreuen und bilden“ solle, traf er damit den Kern des Debattenkinos und anderer Maßnahmen der KAS Dakar. In der Tat werden verstärkt „weiche“ Methoden politischer Bildung wie Kino, Theater und Comics eingesetzt, die nachgewiesenermaßen eine große Wirkung auf die Bewusstseinsbildung und das Verhalten vor allem junger Menschen haben. Und diese sind die zukünftigen Entscheidungsträger, wie Dr. Wahlers abschließend bekräftigte.

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