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Seminar

„Politik und Verhandlung – wie erzielt man einen politischen Kompromiss?“

Im Hotel „Srbija“ fand vom 7. bis 9. Oktober 2011 die Simulation „Politics and Bargaining: Achieving Political Compromise“ statt als das gemeinsame Projekt der Konrad Adenauer Stiftung und der Eduardo Frei Stiftung.

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Details

An dieser Simulation beteiligten sich 20 Teilnehmer, unter welchen die Vertreter der DS, DSS, URS und SNS sowie die Stipendiaten der Stiftung waren. Die Trainer, die diese Simulation leiteten waren Markus W. Behne und Alexander Burka aus der Organisation Civic Institute for International Education aus Düsseldorf.

Der Workshop „Politics and Bargaining“ war konzipiert als ein interaktives Training und eine Simulation, die den Teilnehmern ermöglicht, die Fertigkeiten und Techniken der Verhandlung kennenzulernen und gleichzeitig auch die Bedeutung der Verhandlung im demokratischen politischen Prozess vorzustellen. Die Grundidee dieser Simulation ist bei den Teilnehmern das Bewusstsein über die Bedeutung zu entwickeln, die dem Verhandlungsprozess im politischen Leben einer demokratischen Gesellschaft zugeschrieben werden soll, die der Definition nach Differenzen akzeptiert und den Teilnehmern gleichzeitig zu ermöglichen die notwendigen Fertigkeiten der erfolgreichen Verhandlung und Kompromisserzielung zu ermöglichen.

Das Training und die Simulation dauerten insgesamt drei Tage und waren in zwei Teile aufgeteilt. Das Training wurde von Herr Henri Bohnet, Leiter der Konrad Adenauer Stiftung eröffnet und danach wandte sich an die Teilnehmer Marnix van Rij, Vorsitzender der Eduardo Frei Foundation. Herr Rij hat in seinem Einführungsvortrag den Teilnehmern auf die Bedeutung der Verhandlung und der Verständigung für das Funktionieren und die Stabilität der demokratischen Gesellschaft hingewiesen mit dem besonderen Hinblick auf Holland, das Land der ausserordentlichen Proportionalität und auf die kürzlichen Ereignisse in Bezug auf die Erzielung der Koalitionsvereinbarungen. Den Worten von Herr Rij zufolge wurde die betonte Vertretenheit vieler unterschiedlicher Gesellschaftsgruppen und Interessen, die vom holländischen politischen System angeregt wird, macht die Verhandlung sehr kompliziert und anspruchsvoll, aber auch notwendig für die Stabilität des politischen Lebens.

Der erste Teil des Trainings, der am ersten Arbeitstag realisiert wurde, war die Vorbereitung für die Simulation. Der Verlauf dieses Teils der Ausbildung war gekennzeichnet durch einige Spiele, die zum Ziel hatten die Teilnehmer in die Simulation einzuführen und ihnen die verschiedenen Aspekte des Verhandlungsprozesses und der Kompromisserzielung näher zu bringen. Durch einige Spiele lernten die Teilnehmer Schritt bei Schritt die Gründe für die Verhandlung und für die Herausforderungen kennen, die mit der Verhandlung Hand in Hand gehen, mit der Vertretung verschiedener Interessen, mit dem Entscheidungsprozess und den Schwierigkeiten bei der Kompromisserzielung.

Besonders wichtig beim Verhandlungsprozess ist der Prozess der Herstellung von Regeln und darauf wurde während der Spiele hingewiesen. Genauso wie die Demokratie eine Form des politischen Systems darstellt, die auf der Selbstverwaltung und der Zustimmung ohne der aufgezwungenen Regeln basiert, so waren auch die Teilnehmer während des größten Teils dieser Spiele nur wenig instruiert während die Mehrzahl der Regeln von ihnen selber gestaltet werden musste. Die Aufgabe, dass sie zunächst selber die Regeln festlegen, zeigte sich als sehr edukativ, weil sie die Teilnehmer zum Nachdenken über die Regeln und Prozeduren des politischen Prozesses anregte, die häufig nicht neutral sind sondern so gestaltet werden können dass sie die Interessen der einflußreichsten Gruppe schützen. Das führte aber zur Verwirrung, so dass bei der Evaluierung am häufigsten gesagt wurde, dass das Konzept der im Voraus festgelegten Regeln dem Endziel besser entsprechen würde.

Die Idee dieses Teils des Trainings war gerade, dass vor der Simulation selbst die Teilnehmer die einzelnen Herausforderungen des Verhandlungsprozesses kennenlernen und ein Teil dessen ist auch der normative Rahmen der Verhandlung, der so festgelegt werden sollte, dass er allen Akteuren die gleichen Chancen gewährt. Gerade deshalb befanden sich während dieser Spiele die Teilnehmer in der Position derjenigen, die die Regeln in Einklang mit den eigenen Interessen festlegen können und auch in der Position derjenigen, deren Einfluß klein war, so dass sie an einem ungleichberechtigten Spiel teilnehmen mussten. Auf diese Art und Weise konnten die Teilnehmer sehen, dass es für den Verhandlungsprozess und die Kompromisserzielung mit dem offenen Ergebnis notwendig ist das politische System davor demokratisch zu machen und auch dass die Demokratie ein System der Selbstverwaltung ist in welchem die Akteure selbst die optimalen Regeln bestimmen was ein entwickeltes demokratisches Bewusstsein und eine erzielte politische Reife fordert.

Im Laufe des zweiten und dritten Tages des Workshops fand die Simulation als der wichtigste Teil dieser Veranstaltung statt. Die Geschichte lautete, dass in der Stadt Futura, die sich in einem erfundenen zentraleuropäischen Land befindet, die Wahlen für das Lokalparlament stattfanden an welchen 5 Wahllisten Mandate bekamen, die über die Gründung der lokalen Gewalt Verhandlungen zu führen haben. Neben der lokalen Parlamentarier sind weitere interessierten Seiten in dieser Simulation auch die Vertreter verschiedener Interessensgruppen, die sowohl auf die Gestaltung der Machtorgane als auch auf die Gestaltung der konkreten Politik bzw. auf die künftigen Entscheidungen in Bezug auf die Benutzung des Grundstücks der Gemeinde Einfluß auszuüben versuchen. Die Stadt Futura ist eine äußerst heterogene Umgebung in welcher die Interessen vieler unterschiedlicher ethnischer und Religionsgruppen, sowie des großen Kapitals, der Arbeiter und der Bewegung der Grünen gegenseitig konfrontiert sind. Die Komplexität und die Polarisierung des politischen Lebens in der Stadt Futura macht den Verhandlungsprozess notwendig und gleichzeitig auch sehr kompliziert.

Alle Teilnehmer dieser Simulation bekamen Rollen zugeteilt und es wurde ihnen erklärt, dass von ihnen erwartet wird sich mit diesen Rollen zu identifizieren und sich im Laufe der gesamten Simulation konsequent zu benehmen. Die Teilnehmer bekamen so die Rollen der Parlamentarier und der Vertreter von Interessensgruppen und jeder von ihnen bekam auch eine Beschreibung der Standpunkte, die seine Organisation (Partei oder Interessensgruppe) vertritt sowie die Beschreibung der eigenen persönlichen Eigenschaften. Ausser der Beschreibung dieser Rollen, der grundlegenden Instruktionen in Bezug auf den Verlauf der parlamentarischen Arbeit und der Informationen über den Zeitrahmen verlief die Simulation hauptsächlich ohne der zu häufigen Einmischung der Trainer. Die Idee war die Dynamik des Verlaufs der Simulation so viel es möglich ist der Flexibilität und der Initiative der Teilnehmer zu überlassen. Die Mitglieder des lokalen Parlaments und die Vertreter der Interessensgruppen konnten mit ihrem eigenen Gefühl für die Politik sehr schnell eine überschwängliche und angespannte Atmosphäre der Verhandlung und des Lobbyierens schaffen, wobei jeder den Wunsch hatte die eigenen Ziele ihrer Rolle so gut wie möglich zu realisieren. Obwohl die Trainer empfohlen hatten, dass jede Fraktion am besten zunächst die eigenen Standpunkte und die Arbeitsweise definieren sollte um sich erst danach der Suche nach den Koalitionspartnern auf prinzipiellen Grundlagen zu widmen, wollten die Teilnehmer dieser Simulation trotzdem zunächst eine schnelle Koalition gründen auch wenn das eine Unabgestimmtheit der politischen Prioritäten bedeutete.

In ihrer Entschlossenheit ein gutes Ergebnis für sich selbst zu erzielen nahmen die Vertreter aller Parteien so schnell wie möglich die Verhandlungen auf, lobbyierten, erpressten und ließen sich auf den politischen Handel ein. Im Rahmen des politischen Kampfes, der in vielerlei Hinsicht auf das reale politische Leben in Serbien erinnerte und in einem gewißen Maße die Trainer überraschte, die eine friedlichere Atmosphäre erwartet hatten, wurde schneller als erwartet die Koalition zwischen den Grünen, den Sozialdemokraten und der Partei der nationalen Minderheiten erzielt während die Liberalen und die liberale konservative Partei in der Opposition blieben. Trotz der Obstruktionen der Opposition gründeten die drei Listen die lokale Gewalt und stellten das Rahmenagenda der lokalen Politik fest.

Die Simulation endete aber nicht mit der Gründung der Koalition da es notwendig war eine Vereinbarung mit den Vertretern der Interessensgruppen zu erzielen, die interes-siert sind lokale Politiken auf verschiedene Art und Weise zu steuern. Nachdem sie die Vorschläge für die Politik von den Vertretern einiger Interessensgruppen gehört hatten (von den Budisten, Unternehmern, Sportlern...), erarbeiteten die Mitglieder der regierenden Mehrheit ihren eigenen Entwurf der lokalen Politik. Ohne sich von den rigiden und detaillierten Regeln der Simulation eingeschränkt zu fühlen, stellten die Mitglieder der Regierungskoalition die Plattform vor, in welcher sie auf eine kreative Art und Weise versucht haben verschiedene Interessen zu integrieren. Vor der Entscheidung über den Vorschlag der Politik im Parlament wurden Konsultationen mit der Opposition abgehalten. Die Vertreter der Opposition, obwohl konstruktiv im Laufe des Gesprächs, stimmten trotzdem nicht für den Vorschlag um die Stabilität der Regierungskoalition noch einmal auf die Probe zu stellen.

Diese Simulation hatte zum Ziel den Teilnehmern eine Einsicht in die reale politische Situation zu gewähren, die ein Spiel zwischen den unterschiedlichen politischen Akteuren darstellt, die für beschränkte Resourcen kämpfen, und sie für die reale politische Aktion vorzubereiten. Diese Situation, die in jeder Gesellschaft bekannt ist und die den Grundstein des politischen Lebens darstellt versuchen die Gesellschaften der entwickelten Demokratie gerade durch den Verhandlungsprozess zu lösen. Die Trainer wollten den Teilnehmern die realen politischen Probleme durch eine Simulation näherbringen, die weniger durch Regeln und Interventionen der Trainer bestimmt ist, weil sie den Wunsch hatten die jungen Politiker zur Suche nach der optimalen Lösung mit eigenen Kräften anzuregen. Dieses Konzept der Simulation hat zum Ziel den Teilnehmern zu ermöglichen dass sie einsehen dass ein politischer Prozess verschiedene Ergebnisse haben kann und dass er sogar auch einen unkontrollierten Verlauf nehmen kann abhängig von der Fähigkeit, der Fertigkeiten und des guten Willens der beteiligten Akteure.

Die Beteiligung an dieser deregulierten Simulation hatte zum Ziel den Teilnehmern zu ermöglichen tieferes Verständnis für den Entscheidungsprozess und die Art und Weise wie das politische Leben in einer demokratischen Gesellschaft verläuft zu entwickeln, einschließlich der legitimen Handlungen der Interessensgruppen, was ein relativ neues Thema bei uns ist. Eine wichtige Lektion, die die Teilnehmer bei dieser Gelegenheit gelernt haben, bezieht sich gerade auf die Tatsache, dass die Stabilität des politischen Lebens in der demokratischen Gesellschaft, die im Wesentlichen auf der Basis der Selbstverwaltung funktioniert, auf dem Willen der Akteure basiert verschiedene Interessen zu achten und den Kompromiss zu suchen. Bei der abschließenden Diskussion stellten die Trainer fest, dass die Demokratie ein unperfektes System darstellt und dass es gerade die größte Sünde gegenüber der Demokratie wäre zu sagen sie sei perfekt, weil dadurch die Verpflichtung vernachlässigt wird an ihrer Vervollkommnung zu arbeiten.

Die Demokratie hat ihre Mängel, aber der Erfolg der Demokratie ist nur möglich wenn sie als das Ziel gestellt wird, das man anstreben soll und für welches man trotz aller autoritären Tendenzen kämpfen soll und das ist eine wichtige Lektion, die die politischen Eliten in diesen Gesellschaften lernen müssen. Einer der Wege des Kampfes um die Demokratie ist auf jeden Fall die Verbesserung der Fertigkeiten, die für die Beteiligung am demokratischen Prozess notwendig sind und die Arbeit am Verhandlungsgeist ist ganz bestimmt eine von ihnen.

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Veranstaltungsort

Belgrad

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Gordana Pilipović

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