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Veranstaltungsberichte

Familiäre Lebenswelten und Herausforderungen des Alltags

von Annika von Berg

Reihe „Individuelle Vielfalt und Zusammenhalt – Lebenswelten in unserer Gesellschaft“

Podiumsgespräch

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Zu einer Podiumsdiskussion zum Thema „Familiäre Lebenswelten und Herausforderungen des Alltags“ luden das politische Bildungsforum Thüringen und das Familienzentrum am Anger am 9. Mai 2017 interessierte Bürgerinnen und Bürger ein. Die Veranstaltung fand im Rahmen der Reihe „Individuelle Vielfalt und Zusammenhalt – Lebenswelten in unserer Gesellschaft“ statt. Diesmal galt es vor allem Probleme und Herausforderungen von Familien zu thematisieren.

Zur Begrüßung betonte Maja Eib, Leiterin des politischen Bildungsforums Thüringen, die Weltoffenheit Deutschlands und die damit einhergehende Vielfalt an Lebenswelten. Gleichzeitig fehle es zwischen diesen Lebenswelten jedoch an Bewusstsein für die Lebenswelt der Anderen. Daher war es Ziel der Veranstaltung den Austausch zwischen den Zugehörigen verschiedener Lebenswelten zu fördern und für die Gegenstände und Probleme zu Sensibilisierung, sodass ein besseres gesellschaftliches Verständnis ermöglicht werden kann.

Druck durch Entscheidungen und die Frage nach dem Wiedereinstieg in den Beruf

Mit der Frage durch Moderatorin Ulrike Hähnel (MDR) nach der Wahrnehmung des eigenen Familienalltags wurde schließlich die Diskussion eröffnet. Tina Hummel, Leiterin des FamilienZentrums Anger in Erfurt, verwies hier vor allem auf ihre Erfahrungen aus dem Arbeitsumfeld. Es sei hier ein zunehmender Stressfaktor durch stetigen Entscheidungsdruck bezüglich Gesundheits-und Bildungsfragen festzustellen. Auch der Vater Frank Schönberg schloss sich dieser Wahrnehmung an, während Ramona Schröder, selbst Mutter von fünf Kindern, betonte, dass vor allem in der Partnerschaft Abstriche gemacht werden müssen.

Im Kontext des zunehmenden Druckes erwähnten Schröder und Rico Chmelik, geschiedener Vater einer Tochter, dass es bei der Bewältigung dieser Herausforderung vor allem um Kommunikation und Organisation ginge. Antje Tillmann (MdB), Mutter einer 20jährigen Tochter merkte abschließend an, dass häufig die Frage danach besteht, was das Beste für das Kind sei, und hier Eltern häufig Selbstzweifel bezüglich ihrer Entscheidungen erfahren.

Ähnliche Thematiken spiegelten sich auch in der Frage nach Belastungen wieder. So seien es laut Schröder vor allem die stetigen Entscheidungen, aber auch die teilweise versteckten Kosten, die Belastungen erzeugen. Chmelik führte hier hingegen an, dass auch Probleme im sozialen Umfeld, wie das Zerbrechen von Freundschaften nach dem Scheitern einer Partnerschaft für ihn eine Herausforderung darstellten.

Nach der Frage, ob Beruf und Familie vereinbar seien, beantwortete Tillmann die Frage zunächst aus persönlicher Perspektive. Sie akzeptiere jede elterliche Entscheidung für ein bestimmtes Erziehungsmodell. Diese Akzeptanz müssen sich aber auf der politischen Ebene widerspiegeln, wobei die Politik hier in der Pflicht stehe die jeweiligen Modellentscheidungen zu ermöglichen. Hummel führte in diesem Zusammenhang jedoch deutlich an, dass die Politik diese Pflicht noch nicht erfüllt, sondern eher Druck in Richtung eines früher Wiedereinstiegs und einer Verlagerung der Erziehungsleistung in die Betreuungsstätten generiere.

Konkrete Probleme als Ansatz für Verbesserungen

Hummel nannte hier vor allem die Problematik durch den Wegfall des Betreuungsgeldes an, denn das Folgemodell des Elterngeldes erzeuge eben jenen zuvor kritisierten Druck des frühen Widereinstieges. Gleichzeitig betonte sie aber auch, dass der allgemeine Stress einer schnellen und möglichst erfolgreichen Lebensplanung auch von der Gesellschaft selbst erzeugt werde. Zusätzlich dazu, so Schönberg, sei auch die mangelnde Ermöglichung bestimmter Erziehungsmodelle ein Problem. Im Zusammenhang der Lebensplanung plädierten Hummel und auch Chmelik daher für ein Umdenken hin zu einer Entschleunigung der Lebensplanung. Tillmann führte hier ebenfalls an, dass mehr Gelassenheit notwendig sei, dass diese aktuell jedoch nicht gegeben ist liege nicht an der Politik, sondern am Arbeitsmarkt der nach zunehmender Höherqualifizierung verlange, aber auch am Erwartungsdruck, den Eltern selbst generieren. Dabei sei zu betonen, dass fehlender Druck nicht als fehlende Förderung zu verstehen sei.

Der Wunsch nach einer Entlastung des Drucks spiegelte sich auch in den Antworten der Diskussionsteilnehmer nach deren Vision für die Zukunft ihrer Kinder wieder. So hofften sie auf ein allgemeines Umdenken der Gesellschaft, sodass sozialer Druck reduziert wird, aber auch auf den Ausbau von Bildungsalternativen um hier Stress zu reduzieren. Aus politischer Perspektive, sollten vor allem Entwicklungen in der finanziellen Unterstützung vorangetrieben werden. Gerade Familien mit dem berühmten „Euro zuviel“, das heißt diejenigen, die nicht vom Familienpaket profitieren, sollen hier durch kostenlose Freibeträge, die Erhöhung des Kinderfreibetrags und des Kindergeldes unterstützt werden.

Ähnliche Wünsche spiegelten sich auch in der anschließenden Publikumsdiskussion wieder. So wird hier unter anderem die Unplanbarkeit des Wiedereinstiegs in den Beruf aufgrund des mangelnden Angebots und eher kurzfristigen Auslegung von Krippen- und KiTa-Plätzen kritisiert. Hier liege jedoch, so Tillmann, ein Teil des Problems auch bei den Eltern, denn diese müssten das Problem kommunizieren um Reaktionen zu generieren.

Als weiterer Diskussionsschwerpunkt ergab sich in der Publikumsdiskussion auch die gleichzeitige Betreuung von älteren Generationen und die Erziehung von Kindern. Hier wird vor allem Kompetenzzentren und Pflegeversicherungen der Vorwurf gemacht sich aus der Verantwortung zu ziehen.

Abschließend kommentierte auch Moderatorin Ulrike Hähnel, Mutter von 6 Kindern und berufstätig, dass Familien vor allem Mut gemacht werden muss. Kritisierte aber auch, dass Großfamilie, als aus der ‚Norm‘ fallendes Familienkonzept, bei Vergünstigungen häufig nicht bedacht werden. Tillmann erwiderte hier, dass die Politik darauf reagieren muss, erinnerte aber auch die partizipatorische und kommunikative Pflicht der Familien und führte somit den wichtigen Punkt an, der sich auf in der Bewältigung des Alltags von Familien und dem miteinander verschiedener Lebenswelten wiederspiegelt: Kommunikation und Dialog ermöglichen erste Wege hin zur Konfliktlösung.

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Kontakt

Maja Eib

Maja Eib bild

Landesbeauftragte und Leiterin Politisches Bildungsforum Thüringen

maja.eib@kas.de +49 (0) 361 65491-0 +49 (0) 361 65491-11

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