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Workshop

ISC-Workshop “EAST MED and a WORLD in Turmoil“ 17. bis 20. November 2019, Cadenabbia, Italien

Der ISC-Workshop “East Med and a World in Turmoil” fand zwischen dem 17. und 20. November 2019 in Cadenabbia, Italien statt.

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Details

Insgesamt sechs Paneldiskussionen widmeten sich verschiedenen sicherheits- und regionalpolitischen Herausforderungen mit besonderem Fokus auf Themen wie die Nachkriegszeit in Syrien, regionale und globale US-Sanktionen, Stellvertreterkriege, dem Aufstieg Russlands im Nahen Osten und dem östlichen Mittelmeer, Massenflüchtlingsbewegungen im östlichen Mittelmeer und Nordafrika und der steigenden energiepolitischen Polarisierung in der Region.

Walter GLOS, Leiter des KAS-Büros Türkei, und Ercan ÇİTLİOĞLU vom Zentrum für Strategische Studien der Başkent Universität eröffneten den Workshop und unterstrichen dabei seine Wichtigkeit in Zeiten, in denen die Welt sich in Aufruhr befinde. Multilateralismus und Demokratien verbließen und auf der ganzen Welt nehme der Populismus zu. Die Eröffnungsreden hielten der Vize-Präsident der Başkent Universität, Prof. Dr. A. Kadir VAROĞLU, und der Vize-Präsident der Near East University, Dr. Murat TÜZÜNKAN. Prof. Dr. A. VAROĞLU betonte, dass dieser Workshop eine Gelegenheit sei, um Gemeinsamkeiten zu finden und einander sowie die verschiedenen globalen Akteure besser zu verstehen, denn aus der geopolitischen Symmetrie der Welt sei eine Asymmetrie geworden. Dr. TÜZÜNKAN konzentrierte sich auf die jüngsten Erdgasentdeckungen im östlichen Mittelmeer, welche schon bald von noch größerer Bedeutung für die Energieversorgung der Region sein würden. Da die Erdgasvorkommnisse die Spannungen in der Region verstärkten, sollten sie gut verwaltet werden, so dass keine neuen Konflikte auftreten.

Die erste Paneldiskussion trug den Titel “Post-conflict Syria and the New Middle East security architecture. The Shaping of the New Middle East” und wurde moderiert von Dr. Michael TANCHUM vom Truman-Forschungsinstitut zur Förderung des Friedens an der Hebräischen Universität Jerusalem. Prof. em. Dr. Ilter TURAN war einer der ersten Teilnehmer der Diskussion, welcher den Standpunkt vertrat, dass das Ende des Syrienkonflikts noch weit entfernt liege und dass alle internationalen Akteure sich darüber einig seien, dass der IS schwach gehalten werden müsse. Die territoriale Integrität Syriens müsse erhalten und mit internationaler Unterstützung müsse eine Lösung für die verschiedenen Parteien gefunden werden. Diese Lösung müsse die Rückkehr der Flüchtlinge und einen Plan für den Wiederaufbau Syriens beinhalten. David BATASHVILI von der Georgischen Stiftung für Strategische und Internationale Studien (GFSIS) betonte, dass die Gegend sich schnell verändere und die strukturellen Langzeitveränderungen in der Region Auswirkungen auf regionale Konflikte hätten. Dr. Carsten WIELAND, Senior-Expert für inner-syrische Verhandlungen beim Büro des UN-Sonderbeauftragten für Syrien und Fellow am GCSP (Geneva Centre for Security Studies) fügte hinzu, dass die kürzlich begonnenen verfassungsgebenden Gespräche vor allem das Thema Dezentralisierung ansprechen würden. Der zentrale Ursprungskonflikt hinter dem syrischen Bürgerkrieg sei vorüber und jetzt müsse man die Folgekonflikte lösen, um Syrien eine Zukunft zu geben. Die meisten dieser Konflikte würden bilateral gelöst, was ein Netz verschiedener bilateraler Interesse kreiere, wohingegen der UN-Prozess multilateral sei.

Das zweite Panel widmete sich der Frage „What could be the implications of US sanctions against Iran, both globally and regionally?” und wurde moderiert von Prof. Dr. Yelda ONGUN, Direktorin des Zentrums für Strategische Studien der Başkent Universität Ankara und Professorin für politische Wissenschaften und internationale Studien.  Prof. Dr. Sami NADER vom Institut für internationale Beziehungen der Universität Saint Joseph in Beirut führte aus, dass Sanktionen ein asymmetrisches Instrument seien, auf welches manche Länder nicht entsprechend antworten könnten. Allerdings würden einige von ihnen Stellvertreterkriege als ein weiteres asymmetrisches Instrument verwenden und damit versuchen die Region zu destabilisieren und so auf die Sanktionen zu reagieren. Man müsse die Konflikte zusammen sehen und könne die militärische nicht von der politischen Seite trennen. Es bedürfe eines Vermittlerlands, einer Nation, die Menschen zusammenbringen könne. Hier komme die EU infrage. Prof. em. Dr. Ilter TURAN berichtete, dass Sanktionen ein Mittel seien, um eine Regierung zu einer Änderung ihrer Politik zu zwingen, und dass Sanktionen nur effektiv seien, wenn sie auch wirklich umgesetzt würden, wofür Konsens und die entsprechenden Mittel von Nöten seien. Außerdem müsse man die Gegenmaßnahmen des sanktionierten Staates im Blick haben. Embargos seien kein symmetrisches Instrument und sie mögen weder der verlässlichste Weg sein, einen Staat abzustrafen, noch möge das Ergebnis das erwünschte sein. Botschafter a.D. Selim KARAOSMANOĞLU sagte, man müsse sich vor Augen führen, dass der Iran größer sei als Deutschland, die Türkei und Frankreich zusammen. Folglich sei ein wasserdichtes Embargo unmöglich und es treffe nur die Zivilgesellschaft und würde schlimmstenfalls der Regierung eine Ausrede für ihre gescheiterte Innenpolitik geben.

Das dritte Panel fand unter dem Titel “Identity Mobilization, Proxy Wars and Alignments: The Saudi-Iran Rivalry and the Future of War and Peace in the Middle East” statt und wurde moderiert von Prof. Dr. Elena ALEKSEENKOVA, Vorsitzende des Zentrums für italienische Studien am Europa-Institut RAS. Botschafter a.D. Selim KARAOSMANOĞLU sagte, dass von 50 großen Konflikten weltweit, jene im Nahen Osten die komplexesten seien, denn sie spielten sich in einer strategisch sehr wichtigen Region ab. Dr. Micha’el TANCHUM führte aus, dass das östliche Mittelmeer dabei sei, der Mittelpunkt der Welt und neuer Allianzen zu werden, welche insbesondere jetzt nach dem Syrienkrieg dabei seien zu entstehen. Der syrische Bürgerkrieg habe die Struktur des Nahen Ostens verändert, neue Konfigurationen erzeugt und neue Akteure ins Spiel gebracht, welche im Grunde alte seien, die sich nur neu verhielten.   

Das letzte Panel des Tages war auf das Thema “The Rise of Russia in the Middle East and Eastern Med - Overview of Russian Interests and the Eurasian perspective” ausgerichtet. Dr. Canan ATILGAN, Vorsitzende des KAS-Regionalprogramms Tunesien, moderierte die Diskussion. Ruslan MAMEDEDOV vom Russian International Affairs Council stellte die These auf, dass die zentrale Herausforderung für die Zukunft für Russland die Frage sei, wie es von einem militärischen zu einem politischen zu einem wirtschaftlichen Ansatz wechseln könne, bei welchem das Hauptelement russischer Außenpolitik seine Energiepolitik im Nahen Osten sei, und er fügte hinzu, dass Russland sein Gasprojekt im Nahen Osten begonnen habe. Prof. Dr. Sait AKŞİT erklärte, dass Russland sich selbst als ein Vermittler präsentiere, welcher in der Region für Stabilität sorge. Die jüngsten Entwicklungen im Nahen Osten gäben Russland die Möglichkeit, den Westen herauszufordern. Das gäbe Russland auch die Möglichkeit, sich selbst zu reformieren zu einer Zeit, in der Geopolitik in der Region wichtiger würde. Prof. Dr. Elena ALEKSEENKOVA schlussfolgerte, dass Russland während der letzten Jahre ein zunehmend wichtiger Akteur in der Region geworden sei. Was dabei überraschend sei, sei, dass Russland es geschafft habe, seine guten Beziehungen zu allen dortigen Parteien aufrecht zu erhalten und mit regionalen Akteuren, wie z.B. der Türkei, kooperiere. Russland sei in der Lage, wirksame und schnelle Entscheidungen zu treffen, was es von Europa oder den USA unterscheide, welche lange Prozedere der Entscheidungsfindung hätten.

Dr. Wolfgang ECKERT, Senior-Vizepräsident der EnBW (Energie Baden-Württemberg AG) hielt eine Keynote-Speech zum Thema „Stabilität ist nicht alles, aber ohne Stabilität ist alles nichts. Wie wirtschaftliche Zusammenarbeit die politischen Spannungen im Nahen Osten lösen könnte“.

Der zweite Tag des Workshops begann mit den folgenden Themen: “Managing migration together: Coping with mass refugee movements from the East Med and North Africa. What can the common preventive strategies be? The EU’s approach to Human Security in the EastMed; problems and prospects”. Dr. Umut KOLDAŞ, Vertreter des TRNC in Bahrain, moderierte diese Diskussion. Dr. Nur KÖPRÜLÜ, Vize-Dekanin der Fakultät für Wirtschaft und Verwaltungswissenschaften und Vorsitzende des Instituts für Politikwissenschaft an der Near East University betonte, dass der Arabische Frühling 2011, welcher die meisten arabischen Länder im Nahen Osten und Nordafrika betroffen habe, zu dramatischen Folgen für das syrische Volk geführt habe. Acht Jahre nach Beginn der Umbrüche in Syrien seien die großen Flüchtlingsbewegungen im Mittelmeerraum die größte Flüchtlingskrise und humanitäre Herausforderung der Welt seit Ende des zweiten Weltkriegs. Angesichts der Veränderungen in der internationalen politischen Landschaft könne kein Staat diese neuen Realitäten alleine bewältigen. Botschafter a.D. Namık TAN hielt eine Rede über Migration, welche sich vor allem auf drei Aspekte konzentrierte. Erstens ging TAN die Terminologie zur Definition und Konzeptualisierung von Migration an. Danach gab er einen Überblick über die Auswirkungen der Flüchtlingskrise auf die Türkei und wie das Land die Krise bisher abgewickelt habe. Schließlich sprach er die Implikationen der Flüchtlingskrise für Europa an, wobei er potentielle Aussichten und Strategien für die EU hervorhob. Dr. Carsten WIELAND zog das Fazit, dass die Migrations- und Flüchtlingskrise eine weite Spannbreite an Kurz- und Langzeitherausforderungen präsentiere. Gleichzeitig gebe es verschiedene Typen der Migration. Flüchtlingscommunities seien sehr aktiv in den sozialen Medien und würden sich mit politischen Faktoren in den Gastgeberländern auseinandersetzen. Das mache Migration nicht nur zu einem nationalen Problem, sondern könne auch andere Bedrohungen erzeugen.

Das letzte Panel stellte die Frage: “What could be the Implications of increasing energy and political polarization in the East Med and Middle East, could actual challenges and disputes be turned into opportunities?” und wurde moderiert von Nodar KHASRHILADZE, Gründer des Georgischen Zentrums für Strategische Analyse und ehemaliger stellvertretender Innenminister Georgiens. Ergün OLGUN, ehemaliger präsidentieller Untersekretär der TRNC und ehemaliger Chefverhandlungsführer der UN war der erste Sprecher auf dem Podium. Er kommentierte, dass es nötig sei, dieses Thema von einer länder- und fallspezifischen Perspektive aus anzugehen und es dabei um die Definition der bevorstehenden Herausforderung, der Transformationsdynamiken und des „Gelegenheitsfensters“ ginge. Es sei wichtig, das Zypernproblem und die unilaterale Hydrocarbon-Initiative zu lösen, um die Region politisch zu entspannen, denn sonst würde dies in Instabilität und Polarisierung im östlichen Mittelmeer resultieren. Daher glaube er, dass die aktuelle Herausforderung bezüglich der Energienutzung zu gegebener Zeit neue Möglichkeiten eröffnen könne. Energiepolitische Zusammenarbeit im östlichen Mittelmeer sei ein Muss. Harry TZIMITRAS, Nonresident-Senior-Fellow am Eurasia Center und Global Energy Center, Atlantic Council und Direktor am PRIO Cyprus Centre (the Peace Research Institute Oslo) zeigte auf, dass mehr Realismus von Nöten sei, denn die meisten Diskussionen zu diesem Thema seien wenig pragmatisch. Dringlichkeit sei sehr wichtig bei diesem Prozess, denn er verändere sich sehr schnell. Das östliche Mittelmeer werde der nächste Energie-Hub, der vollkommen mit Gas geflutet sei. Charles ELLINAS, Nonresident-Senior-Fellow am Global Energy Center des Atlantic Council gab eine Präsentation über die Gasentdeckungen im östlichen Mittelmeer und deren Wichtigkeit für die geopolitischen Dynamiken der Region. Der Zweck von Gas im östlichen Mittelmeer müsse sein, regionale Zusammenarbeit zu fördern. 

Bei ihren Abschlussworten untermauerten die Vertreter der Başkent Universität und der KAS Türkei ihren Einsatz für eine Fortsetzung des Workshops und dankten den Teilnehmern für ihre sehr bereichernden Beiträge.

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