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Veranstaltungsberichte

Parlamentsreform in der Ukraine: Anregungen aus dem deutschen Bundestag

von Moritz Junginger

Von der Tagesordnung zur Kontrollfunktion: Abgeordnete und Mitarbeiter diskutieren Defizite und Reformideen

Das ukrainische Parlament Werchowna Rada ist wichtiger Akteur für die Modernisierung der Ukraine: Reformgesetze müssen vom Parlament verabschiedet werden. Das Parlament hat die Kontrollfunktion gegenüber der Regierung. Doch müssen für eine effizientere, transparentere und unabhängige Arbeit der Abgeordneten vielfach überholte Strukturen und Prozesse im Parlament überarbeitet werden. Für die Reform des ukrainischen Parlamentarismus stellte der Politikwissenschaftler Jan Menzer vor Abgeordneten und ihren Mitarbeitern Anregungen aus dem deutschen Bundestag vor.

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Seit 2014 hat das ukrainische Parlament einige der tiefgreifendsten Reformen verabschiedet, welche die Ukraine seit ihrer Unabhängigkeit vor 25 Jahren gesehen hat. Die Grundlagen für das unabhängige Nationale Antikorruptionsbüro oder die Verfassungsänderungen zur Justizreform wurden in der Werchowna Rada beschlossen. Gleichzeitig kämpfen Abgeordnete damit, ihre Aufgaben erfüllen zu können. Die Tagesordnung wird am Vorabend veröffentlicht, so dass vor den Sitzungen kaum Zeit für die Auseinandersetzung mit Gesetzesvorlagen bleibt. Abgeordnete beklagen die Flut an mangelhaften Gesetzesentwürfen, mit denen sich die Ausschüsse beschäftigen müssen, da jeder Abgeordnete ein Initiativrecht hat. Auch die Kontrollfunktion des Parlaments ist häufig eingeschränkt. Für die Überprüfung der Ausgaben aus dem Verteidigungsbudget stehen dem Parlament beispielsweise nur die Informationen aus „20 Zeilen der Budget-Exceltabelle“ und keine detaillierten Berichte zur Verfügung.

Um Anregungen und Diskussionsgrundlagen für die wichtige Parlamentsreform zu geben, führte die Konrad-Adenauer-Stiftung zusammen mit dem Rada Programm von USAID am 6. Februar 2017 in der Werchowna Rada einen Rundtisch für Abgeordnete und deren Mitarbeiter durch. Dabei stellte Jan Menzer, Politikwissenschaftler und wissenschaftlicher Mitarbeiter des Bundestagsabgeordneten und Vorsitzenden des Geschäftsordnungsausschusses Johann Wadephul, das Handbuch „Zur Arbeit des Deutschen Bundestages“ vor. Dieses ist 2016 in Zusammenarbeit mit Dr. Philipp Austermann, Mitarbeiter in der Bundestagsverwaltung für den Geschäftsordnungsausschuss, entstanden und fand unter anderem bereits bei den Deutsch-Ukrainischen Parlamentarischen Gesprächen in Cadenabbia im Mai 2016 Verwendung.

Der Rundtisch wurde von der stellvertretenden Parlamentsvorsitzende Oksana Syroid der Fraktion Samopomich eröffnet. Sie unterstrich die zwingende Notwendigkeit, dass das Parlament seine Kontrollaufgabe gegenüber der Regierung und über die Verwendung der Haushaltsmittel besser wahrnimmt. Nach den Grußworten von Ihor Kogut, dem Programmdirektor des Rada Programms und Gabriele Baumann, Leiterin des KAS-Büros Ukraine, begann Jan Menzer seinen Vortrag mit einem Vergleich des deutschen Bundestags und des ukrainischen Parlaments. Er verdeutlichte die Rechte und Pflichten des Bundestages aus dem Grundgesetz, berichtete über das Gegenspiel von Regierungsmehrheit und Opposition und die Kontrollinstrumente gegenüber der Bundesregierung vom Haushaltsrecht bis zur kleinen Anfrage. Außerdem ging Herr Menzer in seinem Vortrag auf die parlamentarische Praxis und parlamentarische Assistenzdienste ein. Auf Interesse stieß dabei unter anderem das Beispiel eines wissenschaftlichen Dienstes für Gesetzesentwürfe, den es im Brandenburgischen Landtag gibt. Im Anschluss an die Präsentation fand eine angeregte Diskussion statt. Mehr als 70 Abgeordnete, deren Assistenten, Mitarbeiter aus der Parlamentsverwaltung sowie Vertreter der Zivilgesellschaft nahmen an der Veranstaltung teil.

Das Handbuch ist online auf Deutsch und auf Ukrainisch verfügbar. Mehr Informationen zum „USAID Rada Programm für eine verantwortungsvolle und rechenschaftspflichtige Repräsentierung“, durchgeführt von der Stiftung östliches Europa, finden Sie hier.

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Kontakt

Gabriele Baumann

Gabriele Baumann

Leiterin des Projekts Nordische Länder

gabriele.baumann@kas.de 0046 8 6117000
Einzeltitel
31. Mai 2016
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