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Buenos Aires-Briefing

Buenos Aires-Briefing November 2018

Die Konrad-Adenauer-Stiftung e.V. in Argentinien möchte allen Interessierten einen besseren Zugang zu den politischen Ereignissen des Landes ermöglichen. Dafür veröffentlichen wir monatlich ein kurzes Briefing mit den wichtigsten Nachrichten aus dem Land. Die folgende Ausgabe fasst die wichtigsten Ereignisse des Monats November zusammen.

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Verabschiedung des Haushalts, langsame Erholung der Wirtschaft und der 5.000 Peso-Bonus

Die Eingangslage des Monats November war gemäß der Statistikbehörde INDEC gemischt. Während der Export um 1,4 Prozentpunkte stieg, fiel der Import um 18 Punkte. Die sinkenden Importe lassen sich durch die gesunkene Binnennachfrage und höhere Armutsrate als Folge der Währungskrise erklären. Insbesondere betroffen sind Fahrzeuge aller Art, Telefone und Handys, Benzin, Stahl und Eisen. Haupthandelspartner Argentiniens sind Brasilien, USA und China. Mit Deutschland hat Argentinien eine negative Handelsbilanz.

In Anbetracht der innenpolitischen Konflikte aufgrund der galoppierenden Inflation, beschloss die Regierung in Absprache mit den Gewerkschaftsverbänden am 12. November per Dekret einen Bonus von 5.000 Pesos (zirka 120 Euro) für alle Beschäftigten im Privatsektor. Das Ziel dieser Maßnahme ist es die Auswirkungen der Preiserhöhungen zu lindern. Auch die Beschäftigten im öffentlichen Sektor erhalten einen Bonus sowie Kindergeldempfänger und Rentner. Auf diese Weise wurde ein Generalstreik abgewendet, der direkt in die Vorbereitungen des G20-Gipfels gefallen wäre. Viele bereits krisengebeutelte kleine und mittelständische Unternehmen kritisieren dieses Vorgehen, dass sie große Probleme haben, den Bonus so kurzfristig auszuzahlen. Dies betrifft insbesondere die Branchen Textil, Graphik, Möbel und Bau. Auch die halbstaatliche Fluggesellschaft „Aerolíneas Argentinas“ ist von der Wirtschaftskrise getroffen. Daher kam es im Laufe des Montas zu teils unangekündigten Streiks. Allein am 26. November wurden 371 Flüge gestrichen - dies betraf um die 40 000 Passagiere. Eine Aussöhnung mit der Regierung ist derzeit nicht in Sicht.

Hinsichtlich der Ausgangslage für das Haushaltsjahr 2019, erreichte die Regierungsallianz Cambiemos allerdings am frühen Morgen des 15. November mit der Unterstützung eines Teiles der peronistischen Opposition die Verabschiedung des Haushalts im Senat. 45 Senatoren stimmten dafür, 24 dagegen und ein Senator enthielt sich. Der Haushalt war am 23. Oktober 2018 bereits vom Abgeordnetenhaus mit 106 Stimmen des Regierungsbündnisses Cambiemos und 32 Stimmen der Opposition verabschiedet worden. Christine Lagarde, die Chefin des IWF, nahm G20-Gipfel vom 30. November bis 01. Dezember in Buenos Aires teil und lobte hierbei die Bemühungen der Regierung Macri, das Abkommen mit dem IWF zu erfüllen. Ende November, kurz vor dem Gipfel-Treffen, gingen die Kontrollen des IWF bezüglich des Staatshaushaltes und der Erfüllung von finanziellen und monetären Zielen durch die Regierung zu Ende. Nach der Präsentation und Billigung des Berichts, wurden weitere 7,6 Milliarden US-Dollar des 57 Milliarden Kredits bereitgestellt. Im Laufe dieses Jahres zahlte der IWF bereits 27 Milliarden US-Dollar für die Stabilisierung der argentinischen Wirtschaft aus. Die positive Abstimmung des Haushalts war ein Schlüsselelement für eine weitere positive Zusammenarbeit mit dem Organismus. Ziel des Haushaltsgesetzes ist es ein fiskales Gleichgewicht zu finden. Zudem soll eine Preis- und Wechselkursstabilität erreicht werden. Am 26. November überschritt jedoch der US-Dollar die 39-Peso-Marke. Es handelt sich hierbei um die höchsten Wechselkurse seit dem 3. Oktober. Dies lag vor allem an der Ausschüttung von 120 Milliarden argentinischen Pesos aus den LEBAC, der Senkung des Leitzinses und einer höheren Nachfrage. Nichtsdestotrotz befindet sich der Kurs noch zwischen der Zentralbank bestimmten Preisspannen (rund 36 und 46 Pesos), innerhalb derer keine währungspolitischen Maßnahmen getroffen werden.

In der dritten Novemberwoche kam es zum ersten Mal seit 2016 zu Preissenkungen: Die Lebenshaltungskosten sanken um 0,1 Prozent. Auch in der ersten und zweiten Woche erreichte die Inflation nur ein geringes Niveau von 0,5 und 0,6 Prozent. Grund dafür ist die Stabilisierung der zukünftigen Inflationserwartungen, der Preisrückgang des Benzins, der zeitweise Rückgang des US-Dollar-Wechselkurses und die Erwartung auf ein baldiges Ende der Rezession. Um weitere Preissenkungen zu erwirken, wird beispielsweise die Krankenversicherung PAMI, die für Rentner zuständig ist, keine Zwischenvermittler mehr beim Kauf von Medikamenten haben, teilte Präsident Macri am Morgen des 6. Novembers mit. Ziel der Reform ist es, den Wettbewerb zu stimulieren und so den Rentnern ein besseres Angebot zu bieten sowie die Medikamentenpreise innerhalb der kommenden drei Monate zu reduzieren. Zudem soll das von den Pharmaziekammern kontrollierte Unternehmen Farmalink durch das unabhängige FarmaPami ersetzt werden.

Laut einer Studie der Universität Torcuato di Tella ist trotz der Bemühungen der amtierenden Regierung das Vertrauen der Argentinier in ihre Wirtschaft stark eingebrochen, so stark wie seit der Wirtschaftskrise von 2002 nicht mehr. Während im November 2017 noch 51 Prozent in die Wirtschaft vertrauten, sind es im November dieses Jahres nur noch 32,1 Prozent.

G20-Gipfel in Buenos Aires

Erstaunlich ruhig verlief das G20-Gipfeltreffen vom 30. November bis 01. Dezember in Buenos Aires. Zentrale Themen waren der Welthandel, Transparenz im Finanz- und Steuerbereich und der Klimawandel. Diese und andere Herausforderungen wurden auch in den zahlreichen bilateralen Gesprächen fokussiert. Die argentinische Regierung unterzeichnete am Rande des Gipfels Kooperationsvereinbarungen mit China und Russland. Der Mord an dem Journalisten Khashoggi, die Krise in zwischen Russland und der Ukraine und auch drohende Zölle auf Autos wurden jedoch ausgeklammert. Besonders relevant waren das Thema des Handelsstreits zwischen China und den USA, welcher die Wirtschaft weltweit beeinflusst, sowie die Reform der Welthandelsorganisation WTO. Bundeskanzlerin Merkel traf aufgrund einer Flugzeugpanne einen Tag später ein als geplant und wurde aufgrund ihrer Bemühungen umso herzlicher empfangen. Hervorzuheben ist, dass alle Staats- und Regierungschefs an der Konferenz teilnahmen und sich auf eine Abschlusserklärung einigten, in der sich auch einige der Politikempfehlungen der Dialogforen widerspiegeln.

Um die Sicherheit der Staatsoberhäupter der G20 und ihrer Delegationen – insgesamt rund 10 000 Personen - zu gewährleisten, traf die Sicherheitsministerin Patricia Bullrich (PRO) zahlreiche Vorkehrungen. Rund 22.400 argentinische Polizeibeamten aus unterschiedlichen Einheiten sowie 3.500 internationale Leibwächter sorgten für einen reibungslosen Ablauf. Einige Hauptverkehrsadern der Stadt waren daher bereits ab dem 29. November nachmittags gesperrt. Von Donnerstagnachmittag bis Samstagnacht war der gesamte Flugverkehr der nationalen Flughäfen Aeroparque Jorge Newbery und El Palomar gesperrt, der Flughafen Ezeiza funktionierte normal. Ebenso kam der Zug- und Fernbusverkehr vom Hauptbahnhof Retiro komplett zum Erliegen. Sämtliche Nahverkehrszüge und U-Bahnen funktionierten am Freitag und Samstag nicht. Die Stadtbusse waren in Betrieb, wurden jedoch streckenweise umgeleitet. Auch die Schiffsverbindungen nach Uruguay waren teilweise unterbrochen. Um größere Unannehmlichkeiten für die Bevölkerung zu verhindern, wurde der 30. November zum Feiertag in der Stadt Buenos Aires erklärt. Zudem hatte die Polizei im Vorfeld Häuser linksextremer Aktivisten durchsucht und zahlreiche Materialien zum Bombenbau beschlagnahmt. All diesen Sicherheitsvorkehrungen sei Dank konnten Ausschreitungen und Attentate vorgebeugt und abgewendet werden. Ausführliche Informationen zum G20-Gipfel sind hier zu finden: https://www.kas.de/web/argentinien/laenderberichte/detail/-/content/argentinien-zwischen-g20-gipfel-und-wirtschaftskrise

Die lateinamerikanische Linke, die momentan kaum Regierungen mehr stellt, trug am 19. und 20. November einen Gegengipfel in Buenos Aires aus. Sie wollte sich somit gegen die „neoliberale und kapitalistische Finanzkooperationen der G20-Staaten“ stellen. Es nahmen unter anderem Cristina Fernández de Kirchner, die ehemalige brasilianische Präsidentin Dilma Roussef und der bolivianische Vizepräsident Álvaro García Linera teil. Das Interesse an der Veranstaltung war sehr hoch: Mehr als 50 000 Personen wollten teilnehmen, obwohl es nur 10 000 Plätze gab. In der Eröffnungsrede des Forums forderte Cristina Fernández de Kirchner dazu auf eine soziale, zivile, patriotische und sektorenübergreifende Front zu bilden, die unter der neoliberalen Politik leiden und der weder links noch rechts sein dürfe. Fernández de Kirchner bestritt, dass es sich bei der Konferenz um einen Gegengipfel zum G20 handele, sondern betonte, dass sie ein politischer Raum für Ideen und wirtschaftliche und sowie soziale Perspektiven darstellte. Sie sprach mit einem versöhnlichen Ton, um keine weiteren Spaltungen in ihrer eventuellen Wählerschaft auszulösen. Auch die Katholische Kirche schloss sie mit ein.

Fund des ARA San Juan sorgt für Spannungen

Das 2017 verschollene U-Boot „ARA San Juan“ wurde am 17. November 2018 nach einem Jahr gefunden. Das U-Boot, welches mit einer 44-köpfigen Crew bemannt war, wurde in 800 Meter Tiefe, mehr als 600 Kilometer von dem Ort, an dem das Signal abbrach 2017, entdeckt. Bei der Suche halfen verschiedene Länder mit Booten und Flugzeugen, unter anderem auch Großbritannien, die Vereinigten Staaten von Amerika, Russland, China und einige südamerikanische Länder. Die Bemühungen der internationalen Gemeinschaft waren jedoch erfolglos. Der Fall ist nach wie vor nicht aufgeklärt. Die Identifizierung des Wracks durch die Unterwasserdrohnen der Firma Ocean Infinity erbrachten neue Erkenntnisse. Die Ermittler gehen davon aus, dass das U-Boot implodierte. Angehörige der vermissten Crew fordern eine Bergung des Wracks, um Gewissheit über die Geschehnisse zu bekommen. Verteidigungsminister Oscar Aguad teilte jedoch mit, dass es sich als äußerst schwierig gestalten wird, die Teile des U-Boots zu bergen. Nicht nur die hohen Bergungskosten stellen dabei ein Problem dar, sondern die technischen Schwierigkeiten in diesen Tiefen der Gewässer spielen eine Rolle. Die 67 Millionen Foto- und Videodateien, die die Drohne beim Fund des U-Boots machte, wurden von der Richterin Marta Yañez in Buenos Aires zu Ermittlungszwecken abgeholt. Die Fotos und Videos sollen als Beweismaterial gelten, um aufzuklären, was passiert ist und ob das Unglück hätte verhindert werden können.

 

Lea Kessler, Miriam Glund und Olaf Jacob

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