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Die Flüchtlings- und Asylpolitik der EU

von Dr. Céline-Agathe Caro, Lucas Schramm

Eine Bestandaufnahme

Die Bilder eines massiven Ansturms von Menschen auf den griechischen Mittelmeerinseln sowie in Ungarn, Kroatien und Slowenien bestimmen seit Wochen die Abendnachrichten. Die Europäische Union (EU) sieht sich einer in ihrem Ausmaß und Tragweite nie dagewesenen Zahl an Flüchtlingen gegenüber, die Politik und Gesellschaft vor gewaltige Herausforderungen stellt.

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Wie so oft in der EU wäre eine schnelle und kohärente Antwort wünschenswert, doch ist diese in einer Union von 28 Mitgliedstaaten mit höchst unterschiedlicher Bevölkerungsgröße, wirtschaftlicher Stärke sowie Einwanderungs- und Asyltraditionen nur schwer möglich.

Nach UN-Angaben flohen zwischen Januar und Oktober 2015 bereits über 700.000 Menschen nach Europa. Sie stammen zumeist aus Syrien, Libyen und Eritrea. Die europäischen Mittelmeer-Anrainerstaaten Griechenland und Italien sowie Ungarn, Kroatien und Slowenien sind von der Flüchtlingskrise am stärksten betroffen. In diesem Zusammenhang legte EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker bereits am 13. Mai 2015 eine Europäische Migrationsagenda vor. Um Griechenland und Italien zu entlasten, sah diese u.a. eine Notfallregelung vor, wonach 40.000 Schutzsuchende auf der Basis eines festen Verteilungsschlüssels den anderen EU-Mitgliedstaaten zugewiesen werden sollten. Dieser Vorschlag jedoch stieß auf den Widerstand osteuropäischer Staaten sowie Großbritanniens, so dass sich die Mitgliedstaaten auf dem EU-Gipfel Ende Juni nur auf einen freiwilligen Mechanismus einigen konnten. Dies führte dazu, dass das Ziel, 40.000 Personen umzuverteilen, vorerst nicht erreicht wurde. Da die Flüchtlingszahlen den Sommer über aber weiter stark anstiegen, schlug Juncker in seiner Rede zur Lage der EU am 9. September 2015 eine zweite Notfallregelung zur Umverteilung von weiteren 120.000 Flüchtlingen aus Griechenland, Italien und Ungarn vor. Auf ihrer außerordentlichen Sitzung am 14. September 2015 konnten die Innen- und Justizminister der EU zwar einen rechtlich bindenden Beschluss zur Verteilung der ersten 40.000 Flüchtlinge fassen, angesichts des Widerstands osteuropäischer Staaten jedoch keine Einigung über die Verteilung der weiteren 120.000 Flüchtlinge erzielen. Eine Entscheidung darüber wurde erst bei einem weiteren Treffen des Ministerrats am 22. September 2015 möglich. Mit qualifizierter Mehrheit (Rumänien, die Slowakei, Tschechien und Ungarn stimmten dagegen, Finnland enthielt sich) einigten sich die Mitgliedstaaten auf ein Quotensystem für die Verteilung dieser 120.000 Menschen. In den darauffolgenden Wochen wurden die ersten Familien umgesiedelt, der Prozess erweist sich aber als sehr mühsam – bis zum 9. November 2015 wurden erst 130 der 160.000 Flüchtlinge umverteilt – u.a. weil die Quotenregelung aus sich selbst heraus nicht bindend ist. EU-Staaten, die sich weigern und damit das europäische Prinzip der Verantwortungsgemeinschaft verletzen, könnten allerdings in der Zukunft mit weniger EU-Geldern rechnen.

Rechtslage und Schwächen im System

In der Diskussion um die Asyl- und Flüchtlingspolitik der EU ist die Unterscheidung zwischen Flüchtlingen und Migranten essentiell. Aktuell rechnet die EU für das Jahr 2015 mit bis zu zwei Millionen Asylanträgen. Dies wären mehr als dreimal so viele wie im Vorjahr (626.000). Anrecht auf Asyl aber genießt nur eine Person, die „aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Überzeugung sich außerhalb des Landes befindet, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzt“. So besagt es die Genfer Flüchtlingskonvention von 1951, die von allen EU-Mitgliedstaaten ratifiziert wurde. Die EU-Verträge sehen für Flüchtlinge und Migranten unterschiedliche Verantwortlichkeiten und Zuständigkeiten vor. Seit dem Amsterdamer Vertrag aus dem Jahr 1997 ist die Flüchtlings- und Asylpolitik auf supranationaler Ebene angelegt, befindet sich also auf dem Weg zur Vergemeinschaftung: „Die Union entwickelt eine gemeinsame Politik im Bereich Asyl, subsidiärer Schutz und vorübergehender Schutz, mit der jedem Drittstaatsangehörigen, der internationalen Schutz benötigt, ein angemessener Status angeboten und die Einhaltung des Grundsatzes der Nicht-Zurückweisung gewährleistet werden soll“ (Art. 78 Abs. 1 Satz 1 AEUV). Die Aufnahme von Migranten – die in erster Linie aus wirtschaftlichen Gründen den Weg nach Europa suchen – hingegen obliegt weiterhin nationaler Regulierung.

Mit dem 1990 geschaffenen und mittlerweile in seiner dritten Fassung bestehenden Dublin-System verfügt die EU über eine Regelung zum Umgang mit Asylsuchenden. Demnach ist derjenige Mitgliedstaat für die Prüfung eines Asylantrags zuständig, in dem der Asylbewerber zuerst europäischen Boden betreten hat. Das im Juni 2013 vollendete und von allen teilnehmenden EU-Staaten ratifizierte Gemeinsame Europäische Asylsystem (GEAS) soll einheitliche Schutzstandards für Flüchtlinge, verkürzte Asylverfahren und einen vereinfachten Zugang zum nationalen Arbeitsmarkt sicherstellen. Auch sollen die bisher stark voneinander abweichenden nationalen Anerkennungsquoten für Flüchtlinge angeglichen werden. Doch nicht zuletzt angesichts der enormen Flüchtlingszahlen im Jahr 2015 klaffen Theorie und Praxis in der EU weit auseinander:

  • Erstens variiert die Aufnahmebereitschaft stark zwischen den EU-Mitgliedstaaten. Deutschland nimmt zurzeit 40 Prozent aller Flüchtlinge in der EU auf. Gemessen an der Einwohnerzahl sind Schweden, Ungarn, Malta, Österreich, Dänemark und Deutschland besonders stark belastet.
  • Zweitens unterscheiden sich die Anerkennungs- und Rückführungsquoten innerhalb der EU trotz zum Teil identischer Herkunftsstaaten und Fluchtursachen erheblich.
  • Drittens sind die Asylstandards innerhalb der EU noch immer sehr unterschiedlich. Zwar sind Flüchtlingsstatus und Mindestleistungen durch EU-Recht vereinheitlicht, doch unterliegt die Umsetzung weiter nationalem Recht.
Darüber hinaus sind angesichts des großen Zustroms und der ungleichen Verteilung von Flüchtlingen drei europäische Regelungen kurzzeitig außer Kraft gesetzt worden: Griechenland, Italien und Ungarn registrieren schon seit Monaten nur noch einen Bruchteil der Asylsuchenden, während sie die restlichen ungehindert nach West- und Nordeuropa weiterreisen lassen. Auch hatte Deutschland bei syrischen Kriegsflüchtlingen aus humanitären Gründen vorübergehend nicht auf die Einhaltung der Dublin-Regelungen bestanden, indem es Syrer, die Deutschland bereits erreicht hatten, nicht wieder in Länder mit EU-Außengrenzen zurückschickte. Zudem setzten Deutschland und Österreich Anfang September das Schengen-Abkommen – welches einen kontrollfreien Grenzübertritt zwischen den teilnehmenden Staaten ermöglicht – zeitweise außer Kraft, um den Zustrom von Flüchtlingen zu verlangsamen und die nationalen Aufnahmeeinrichtungen nicht zu überfordern. Auch andere Länder kündigten Kontrollen an ihren Grenzen an.

Aktuelle Initiativen

Um der angespannten Situation an den EU-Außengrenzen besser Rechnung zu tragen, wurde die EU-Kommission von den Mitgliedstaaten Mitte September damit beauftragt, in den betroffenen Ländern bis Ende 2015 Aufnahmezentren („Hotspots“) zu errichten, in denen Asylsuchende durch EU-Mitarbeiter und die lokalen Behörden registriert werden sollen. Auf dem Sondergipfel der Staats- und Regierungschefs am 23. September wurde zudem entschieden, die Hotspots in Griechenland und Italien bereits im November in Betrieb zu nehmen. Aktuell wird zwischen den Mitgliedstaaten zudem über die konkrete Ausgestaltung dieser Hotspots diskutiert. Griechenland und Italien befürchten, dass diese zu Auffanglagern werden könnten. Andere Mitgliedstaaten, wie z.B. Deutschland, betonen die Bedeutung von Registrierung und Verteilung der Flüchtlinge, die in den Hotspots konzentriert stattfinden sollen. Die Grenzschutzagentur Frontex und das Europäische Unterstützungsbüro für Asylfragen, kurz EASO, sollen des Weiteren ausgebaut werden und zusammen mit der Polizeibehörde Europol die Mitgliedstaaten bei der Registrierung unterstützen. Auf dem EU-Gipfel vom 15. Oktober wurde in diesem Kontext eine Erweiterung der Kompetenzen der Grenzschutzagentur Frontex beschlossen. Diese umfassen zum einen eine Ausweitung der Befugnisse der Agentur: So soll Frontex beispielsweise das Mandat erhalten, selbstständig Rückführungen vorzunehmen. Ferner wurde eine finanzielle und personelle Aufstockung um bis zu 1.000 Personen beschlossen. Die Idee der Schaffung eines gemeinsamen EU-Grenzschutzes und die damit verbundene Souveränitätsabgabe treffen jedoch weiterhin auf die Ablehnung einiger Mitgliedstaaten.

In diesem Zusammenhang wollen die EU-Staaten auch ihre Rückführungspolitik stärken. Bereits in diesen Aufnahmezentren soll zwischen Flüchtlingen und Migranten unterschieden werden, so dass die Menschen, die keine Chance auf Asyl haben, künftig von hier aus in ihre Heimatländer abgeschoben werden können. Momentan liegt die Rückführungsquote in der EU bei 40 Prozent. Die Mitgliedstaaten wollen daher u.a. die Rückführungsabkommen mit Drittstaaten künftig konsequenter umsetzen. Die Menschen, die wiederum einen Asylantrag stellen können, sollen von den Aufnahmezentren aus in die EU verteilt werden.

Aus diesem Grund strebt Kommissionspräsident Juncker auch eine permanente europäische Quotenregelung an. Dies würde bedeuten, dass jeder EU-Mitgliedstaat künftig auf der Basis eines Verteilungsschlüssels zu einer bestimmten Zahl von Asylaufnahmen verpflichtet wird. Dieser Schlüssel soll sich an den vier Faktoren Bevölkerungszahl, Bruttoinlandsprodukt, Arbeitslosenquote und Zahl der bisherigen Asylbewerber orientieren. Bundeskanzlerin Merkel und Frankreichs Präsident Hollande unterstützen einen solchen verbindlichen und permanenten Mechanismus. Doch lehnen momentan osteuropäische Staaten (vor allem Ungarn, Tschechien und die Slowakei) eine europäische Quote als unverhältnismäßig und nicht zielführend ab. Sie verweisen zudem auf fehlende passende ethnische Gemeinschaften in ihren Ländern und auf kaum ausgeprägte Asyltraditionen. Kritiker dieser Regelung merken an, dass eine verbindliche Quote die Präferenzen der Flüchtlinge für bestimmte Zielländer, etwa aufgrund von Sprachkenntnissen oder der individuellen Familiensituation, nicht berücksichtigen würde. Widerstand gegen eine verbindliche Quote kommt auch aus den baltischen Staaten, die auf nationaler Entscheidungshoheit beharren. Großbritannien, Irland und Dänemark ihrerseits müssen sich aufgrund von Ausnahmeregelungen in den Europäischen Verträgen nicht an einer gemeinsamen Quotenregelung beteiligen. In den Schlussfolgerungen der Verhandlungen des Oktobergipfels der Staats- und Regierungschefs konnte nur ein impliziter Verweis auf diese Quotenregelung erzielt werden, da weiterhin eine klare Ablehnung einiger Mitgliedstaaten gegenüber dieser Regelung besteht. Man wolle demnach bei künftigen Diskussionen auf Kommissionsvorschläge zurückkommen, heißt es in diesen Schlussfolgerungen.

Angesichts des Widerstands gegen eine feste und verbindliche Quote sind die Diskussionen diesbezüglich auf EU-Ebene noch lange nicht abgeschlossen. Vor diesem Hintergrund hat die Kommission einen solidarischen europäischen Finanzierungsmechanismus in Erwägung gezogen, über den Mitgliedstaaten mit überdurchschnittlich vielen Asylgesuchen finanziell entlastet werden könnten, während weniger aufnahmebereite Länder Beiträge einzahlen müssten. Auch wurden in Brüssel und in manchen Hauptstädten Sanktionen für die Länder in Erwägung gezogen, die sich einer europäischen Regelung mit finanziellen Kompensationen strikt widersetzen. Sanktionen könnten die Streichung von Mitteln aus den europäischen Struktur- und Kohäsionsfonds oder die Einstellung der Kofinanzierung länderspezifischer Projekte vorsehen. In einer Pressekonferenz am 15. September sprach sich Bundeskanzlerin Merkel allerdings klar gegen solche Drohungen aus und appellierte mit Blick nach Osten an den europäischen Geist. Die osteuropäischen Staaten werden auch regelmäßig daran erinnert, dass sie seit Jahren von EU-Hilfen profitieren und dass die Aufnahme von Flüchtlingen ebenfalls eine Frage der europäischen Verantwortung und Solidarität sei.

In seiner Rede zur Lage der EU am 9. September 2015 kündigte Juncker außerdem eine gemeinsame EU-Liste sicherer Herkunftsstaaten an. Eine solche EU-Liste soll zunächst Albanien, Bosnien und Herzegowina, den Kosovo, Mazedonien, Montenegro, Serbien und die Türkei umfassen. Außerdem soll in der EU künftig die Regel gelten, dass jeder Staat, dem die EU den Status eines Beitrittskandidaten verliehen hat, automatisch als sicherer Herkunftsstaat zählt. In Deutschland beispielsweise stammten im Zeitraum vom 1. Januar bis 31. August 2015 rund 38 Prozent der Erstanträge auf Asyl von Menschen aus Albanien, dem Kosovo, Serbien und Mazedonien, deren Anerkennungsquote aber liegt bei unter einem Prozent. Eine einheitliche Liste sicherer Herkunftsstaaten würde daher europaweit der notwendigen Unterscheidung von Flüchtlingen und Migranten besser Rechnung tragen, die Asylverfahren beschleunigen und die angespannte Situation in den oftmals überfüllten Erstaufnahmeeinrichtungen entspannen. Bis zum jetzigen Zeitpunkt gibt es jedoch noch keinen Konsens, was eine solche Liste betrifft. Zum Beispiel in Bezug auf die Türkei verweisen Kritiker darauf, dass dieser Schritt nicht zuletzt in Anbetracht des Konflikts mit der kurdischen Minderheit verfrüht wäre.

Um das Problem der unterschiedlichen Asylstandards anzugehen, hat die EU-Kommission im September Vertragsverletzungsverfahren gegen 19 Mitgliedstaaten, die die europäische Gesetzgebung noch nicht vollständig umgesetzt haben, eingeleitet. Im Falle Deutschlands handelt es sich um zwei Richtlinien, deren mangelnde Umsetzung moniert wurde. Das Bundesinnenministerium will sie nun bis Ende 2015 umsetzen.

Als Sofortmaßnahmen zur Unterstützung der Herkunft- und Transitländer einigten sich die EU-Staats- und Regierungschefs am 23. September außerdem auf finanzielle Hilfen, u.a. zur Aufstockung des UN-Welternährungsprogramms und des Regionalen Treuhandfonds für Syrien (Medad-Fonds). Am 14. Oktober hielt die Kommission in ihrem Fortschrittsbericht fest, dass die EU zusätzliche 1,7 Milliarden für diese Fonds bereitstellen werde. Seitens der Mitgliedstaaten fehlen jedoch noch 2,3 Milliarden Euro. Die meisten Mitgliedstaaten sind demnach bisher hinter ihren finanziellen Zusagen zurückgeblieben. Der EU-Gipfel am 15. Oktober brachte erneut die Zusage zu Zahlungen für diese Fonds, doch wieder ohne feste Frist.

Eine verstärkte Zusammenarbeit mit Drittstaaten wurde am 15. Oktober auf dem Gipfel der Staats- und Regierungschefs beschlossen. Ziel ist es, insbesondere mit der Türkei stärker zu kooperieren. Als erster Schritt sicherte die Türkei im Rahmen eines gemeinsamen Aktionsplans Unterstützung bei der Registrierung von Flüchtlingen und der Rückführung abgelehnter Asyl bewerber zu. Als Gegenleistung stellte die EU mehr finanzielle Unterstützung, Visa-Erleichterungen sowie neuen Schwung für die EU-Beitrittsverhandlungen in Aussicht. In diesem Zusammenhang hob Kommissionspräsident Juncker allerdings hervor, dass die Türkei aber nach wie vor alle formalen Kriterien im Verhandlungsprozess erfüllen müsse.

Am 25. Oktober tagte ein EU-Sondergipfel, auf dem acht EU-Länder sowie die Balkanstaaten Serbien, Mazedonien und Albanien sich auf einen 17-Punkte-Plan einigten. Unter anderem wurden 100.000 Aufnahmeplätze entlang der Balkanroute und 400 Grenzschützer für Slowenien beschlossen.

Perspektiven

Über diese konkreten, kurzfristen Maßnahmen hinaus wollen die Staats- und Regierungschefs zusätzliche Ressourcen mobilisieren, um Flüchtlinge im Nicht-EU-Ausland zu unterstützen und ihnen verstärkt sichere und legale Zugangswege nach Europa zu ermöglichen. Dies soll in den nächsten Jahren über den Aufbau funktionierender Asyl- und Integrationssysteme erfolgen. Ein gutes Beispiel in diesem Zusammenhang ist das erste Registrierungslager auf dem afrikanischen Kontinent, das bis Ende des Jahres im Niger eröffnet werden und Asylsuchenden die gefährliche und teure Überfahrt nach Europa ersparen soll.

Die größte Herausforderung für die Zukunft wird sicherlich die Bekämpfung der Fluchtursachen sein. Ein wichtiger Ansatz angesichts von 60 Millionen Flüchtlingen weltweit – davon 40 Millionen allein auf dem afrikanischen Kontinent – ist dementsprechend der Nothilfe-Treuhandfonds der EU für Afrika. Dieser wurde Anfang September 2015 von der Kommission geschaffen und soll 1,8 Mrd. Euro zur Bekämpfung der Krisen auf dem Kontinent bereitstellen. Mitte November fand in diesem Zusammenhang ein Gipfeltreffen zu Migrationsfragen in Valetta auf Malta statt. Themen dieses Gipfels waren unter anderem: Die Bekämpfung von Fluchtursachen und Schleuserkriminalität, eine verbesserte Kooperation in Rückführungsfragen sowie die politische Stabilisierung und wirtschaftliche Entwicklung Afrikas.

Perspektivisch soll auch die Kooperation zwischen den EU-Ländern und den westlichen Balkanstaaten intensiviert werden, um den Menschen vor Ort mehr Perspektiven aufzuzeigen und die Zahl der Auswanderungsversuche in der Region zu senken.

Beim EU-Sondergipfel am 23. September kündigten die EU-Staaten zudem eine engere Kooperation mit Libyen sowie weitere Anstrengungen an, um den Konflikt in Syrien zu beenden. Während des Oktobergipfels bekräftigten die Staats- und Regierungschefs noch einmal die Notwendigkeit dieser Anstrengungen.

Fazit

Die EU befindet sich erst am Anfang eines Prozesses zum Aufbau einer umfassenden europäischen Asylpolitik. Der Grundstein dieser Politik, das Dublin-Verfahren, ist in den letzten Monaten außer Kontrolle geraten und soll jetzt komplett überdacht werden. Der Aufbau von „Hotspots“ an den EU-Außengrenzen ist ein erster konkreter Schritt auf diesem Weg. Die Verteilung der Flüchtlinge muss allerdings effektiver werden, nicht zuletzt durch die Kooperation der Mitgliedstaaten. Ein weiterer Schritt wäre die konsequentere Einhaltung aller gemeinsamen Asyl- und Migrationsregeln durch die Mitgliedstaaten, um den Zusammenhalt und die Glaubwürdigkeit der EU zu stärken. Damit dies funktioniert, müssten sich aber auch die Asylbewerber an feste Regeln halten und z.B. akzeptieren, zunächst in dem ihnen zugewiesenen Land zu verbleiben, ehe sie innerhalb der EU volle Freizügigkeit genießen. Die Diskussion über die Aufnahmekapazität und die Integrationsfähigkeit der EU muss in diesem Zusammenhang konstruktiv geführt werden. Ob ein verbindlicher und permanenter Quotenmechanismus durchgesetzt werden kann, ist noch schwer abzuschätzen. Sicher ist aber auf jeden Fall, dass in den nächsten Monaten noch mehr Flüchtlinge Schutz in Europa suchen werden und dass die EU darauf besser vorbereitet sein muss. Die Kommission hat neun Milliarden Euro aus dem Mehrjährigen Finanzrahmen der EU (insgesamt 960 Milliarden für die Jahre 2014-2020) umgeleitet, um der Flüchtlingskrise zu begegnen. Die Qualität des gemeinsamen Engagements innerhalb und außerhalb der EU wird in diesem Kontext eine entscheidende Rolle spielen, was von allen Mitgliedstaaten Verantwortung und Ausdauer verlangt.

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Konrad-Adenauer-Stiftung e.V.

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Berlin Deutschland