Die Politischen Stiftungen
Einzeltitel
Die »Summe« der Politischen Stiftungen bildet ein Spiegelbild der
gesellschaftlichen
und politischen Grundströmungen in Deutschland und
ergänzt die sehr vielfältige Trägerlandschaft für politische Bildung durch
eine in der Welt einmalige Konstruktion.
Auftrag der Politischen Stiftungen ist es, auf den Prinzipien der freiheitlichen
demokratischen Grundordnung aufbauend und sich den Grundsätzen
der Solidarität, Subsidiarität und gegenseitigen Toleranz verpf lichtet fühlend
zur Gestaltung der Zukunft unseres Gemeinwesens beizutragen. Das
geschieht vor allem mittels außerschulischer politischer Bildung. Ihre Aufgabe
war und ist es, Demokratie zu erklären, für sie zu werben, sie dadurch
dauerhaft zu festigen und ihre Akzeptanz zu fördern sowie die Anfälligkeit
für Ideologien und extremistisches Gedankengut abzubauen. Die Arbeit der
Politischen Stiftungen bewegte sich dabei immer im Spannungsfeld
zwischen
den Erwartungen der Parteien (Parteiakademie zur Professionalisierung
politisch Aktiver) und dem sich im Laufe der Zeit entwickelnden eigenen
Selbstverständnis, welches die Freiheit
der Bildung und die Offenheit
für alle politisch Interessierten als Leitmotiv einschließt. Heute ist Konsens,
dass »die Politischen Stiftungen (…) privatrechtliche
Organisationen
(sind),
die ihre Leistungen unabhängig und eigenverantwortlich
erbringen.«
Die Stiftungen unterscheiden sich in Organisation,
Aufbau und Zielen
nicht wesentlich; sie sind alle bundesweit und im Ausland tätig und verfügen
– zum Teil in unterschiedlicher
Dichte – auch über Strukturen in
den Bundesländern.
Die Politischen Stiftungen und die Parteien
In den ersten Jahren ihrer Tätigkeit
haben die Stiftungen ihre staatsbürgerliche
Bildungsarbeit
vor allem auf Schulungs-
und Bildungsangebote
für
Mitglieder und politischen Nachwuchs der ihnen nahestehenden Parteien
konzentriert. Die Arbeit der Politischen Stiftungen wurde zu dieser Zeit
zum Großteil aus Spenden der Wirtschaft bestritten.
Eine Reihe von Urteilen des Bundesverfassungsgerichtes
hat zur Klärung
der Aufgabenteilung zwischen Politischen Stiftungen und Parteien
geführt. So präzisierte ein Urteil aus dem Jahr 1958, dass die Beteiligung
an Wahlen und die notwendigen Wahlvorbereitungen eine der zentralen
Aufgaben von Parteien ist.6 Ein Bundesverfassungsgerichtsurteil
vom Juli
1966 verbot die Finanzierung politischer Bildungsmaßnahmen
der Parteien
aus öffentlichen
Mitteln, weil eine hinreichend sichere Abgrenzung
zwischen Wahlkampf und allgemeiner Parteiarbeit einerseits und der politischen
Bildungsarbeit
andererseits nicht gegeben gewesen sei. In Folge
dieses Urteils werden den Politischen Stiftungen seit 1967 aus dem Bundeshaushalt
sogenannte Globalmittel zur Finanzierung ihrer Arbeit bereitgestellt.
1986 bekräftigte das Bundesverfassungsgericht
die Entscheidung
von 1966. Zur Begründung führte das Gericht an, dass die Stiftungen ihre
satzungsgemäßen
Aufgaben in hinreichender organisatorischer und personeller
Unabhängigkeit
von den ihnen nahestehenden Parteien erfüllen.
Außerdem verfolgten Parteien und Stiftungen verschiedene, voneinander
abgrenzbare Ziele. Die politische Bildungsarbeit
der Stiftungen habe sich
weitgehend verselbständigt und einen hohen Grad an Offenheit
gewonnen.
Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts
schrieb darüber hinaus Leitlinien
fest, die bis heute Richtschnur für die Arbeit der Politischen Stiftungen
sind. So müssen Stiftungen insbesondere in Wahlkampfzeiten in
besonderer Weise das sogenannte Distanzgebot zu den Parteien beachten.
Hochrangige aktive Parteifunktionäre
sollen nicht gleichzeitig ein herausgehobenes
Amt in Stiftungsorganen
innehaben. Zwischen den Stiftungen
und den ihnen nahestehenden Parteien besteht Parallelität der programmatischen,
weltanschaulichen
Grundausrichtung, nicht aber Identität der
Aufgaben.
1998 haben die Politischen Stiftungen in einer Gemeinsamen Erklärung
ihren Status, ihr Selbstverständnis, ihre Aufgaben sowie die Finanzierungsgrundlagen
definiert, mit denen sie zur Gestaltung der Zukunft des Landes
und des Gemeinwesens beitragen wollen sowie eine Selbstverpf lichtung
zu ihrem öffentlichen
Agieren.
In einer zweiten gemeinsamen Erklärung verständigten sich die Stiftungen
im Jahr 2011 auf die Grundlagen ihres bildungspolitischen
Auftrages, ihrer Bildungsziele
und Aufgabenfelder sowie der Herausforderung,
nachhaltig zu wirken und sich den modernen Erfordernissen nicht zu verschließen.
2 Tätigkeitsfelder der Politischen Stiftungen
Kern der Arbeit der Politischen Stiftungen ist, zur Festigung der Demokratie
mittels politischer Bildung beizutragen. Bundespräsident Roman Herzog
präzisierte dies: »Entscheidend ist die permanente und eigentliche
Aufgabe
der Politischen Stiftungen: die Erziehung zur Demokratie, das heißt nicht
nur belehren, sondern vormachen.« Der Radius des Wirkungskreises
und
die Instrumente zur Umsetzung dieses Auftrages der Stiftungen
haben sich
in den Jahrzehnten seit ihren Gründungen ausgeweitet:
Neben politischer
Bildungsarbeit
im In- und Ausland erarbeiten sie heute Grundlagen politischen
Wirkens und Handelns, fördern den Wissenstransfer
zwischen Wissenschaft,
Politik, Staat und Wirtschaft, fördern wissenschaftlichen
Nachwuchs
durch Stipendien und studienbegleitende Programme, erforschen
und dokumentieren die Geschichte der nahestehenden
politischen Grundströmung,
fördern Kunst und Kultur und tragen zum Aufbau demokratischer,
freiheitlicher
und rechtsstaatlicher
Strukturen im Ausland bei. Viele
der in diesen Arbeitsfeldern gewonnenen Ergebnisse und Erkenntnisse
wirken dabei in die politische Bildungsarbeit
der Stiftungen zurück.
Die Finanzierung der Arbeit erfolgt zum weit größten Teil aus öffentlichen
Mitteln: durch Bund, Länder und EU. Die Stiftungen erhalten
keine Zuwendungen von den Parteien, sondern eine Globalförderung
durch das Bundesinnenministerium; dies sichert die Möglichkeit,
Strukturen
und Personal sowie politische Bildungsmaßnahmen
zu finanzieren.
Andere Ministerien (Auswärtiges Amt, BMZ, BMBF etc.) vergeben projekt-
und aufgabenbezogene Mittel mit klaren Verwendungsvorgaben.
Die Politischen Stiftungen haben sich (selbst)verpf lichtet, über die Verausgabung
der Mittel öffentlich
Rechenschaft abzulegen, unabhängige
Wirtschaftsprüfungsfirmen
zu beauftragen und werden regelmäßig durch
die mittelvergebenden Zuwendungsgeber,
Bundes- und Landesrechungshöfe
sowie das Bundesverwaltungsamt
und Landesbehörden geprüft.
3 Die politische Bildungsarbeit der Stiftungen
Im Urteil des Bundesverfassungsgerichts
von 1986 wird der Bildungsauftrag
folgendermaßen beschrieben: »Stiftungen sollen die Beschäftigung
der Bürger mit politischen Sachverhalten anregen und den Rahmen bieten
für eine – allen interessierten Bürgern zugängliche
– offene Diskussion
politischer Fragen. Dadurch wird das Interesse an einer aktiven Mitgestaltung
des gesellschaftlichen
und politischen Lebens und das dazu notwendige
Rüstzeug vermittelt.« Die Politischen Stiftungen haben daraus
für sich einen dauerhaften Auftrag abgleitet, demokratisches Bewusstsein
und politisches Engagement der Bürgerinnen und Bürger zu fördern.
Denn damit Demokratie lebendig bleibt, muss sich jede Generation
neu
die demokratischen Werte aneignen und das nötige staatsbürgerliche
Wissen
erwerben. Die politische Bildungsarbeit
der Stiftungen zielt auf Wissensvermittlung,
Orientierung, Ermutigung und Befähigung zu zivilgesellschaftlichem
Engagement und politischem Handeln. Es gilt, die
Komplexität gesellschaftlicher
Zusammenhänge durch die Vermittlung
von Wissen, Theoriezusammenhängen und Deutungsmustern
verständlich
zu machen.
Politische Bildung ist – nach dem Verständnis der Politischen Stiftungen
–
Teil des lebensbegleitenden Lernens. Sie ist ein sozialer Prozess, ist Dialog,
Befähigung zur Demokratie, Einübung von Toleranz in der Auseinandersetzung
mit Andersdenkenden und vor allem Motivation
und Qualifizierung
zum politischen Engagement. Die Mündigkeit
der Bürgerinnen
und Bürger ist das Ziel, also ihre eigenständige politische Urteils- und
Handlungskompetenz.
Die Stiftungen sind überzeugt, dass über die individuelle beruf liche
Ausbildung
hinaus der Bürger politisch gebildet sein sollte und soziale
und gesellschaftspolitische Kompetenzen (zum Beispiel Medienkompetenz,
strategische Kompetenz, Wissensmanagement etc.) erlangen muss. In
Letzteren sehen sie eine wichtige Erweiterung der Palette ihrer Bildungsangebote
bei gleichzeitiger Offenheit
für weitere zukunftsfähige Themenfelder
und Formate.