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„Das Internet ist normal geworden“

Trotzdem tut sich der Online-Wahlkampf in Deutschland wegen knapper Ressourcen schwer

Mit dem Internet kann man keine Wahl gewinnen aber durchaus verlieren. Ignorieren sollte man es in Zeiten immer knapper werdender Wahlentscheidungen trotz geringer Wahlkampfressourcen aber auf gar keinen Fall, so die Empfehlung von drei gestandenen Kampagnenmanagern mit insgesamt knapp 70 Jahren Berufserfahrung. „Es geht um jede Stimme in jedem Medium“, so Peter Radunski, früher Senator in Berlin und heute Senior Advisor bei der MSL Group Deutschland.

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Er und Frank Stauss von der Agentur „Butter“ haben über die Bedeutung des „Internets in Wahlkämpfen“ anlässlich der Vorstellung eines gleichnamigen Buchs mit dessen Autor Andreas Jungherr diskutiert.

Wer sich schon länger mit dem Thema beschäftigt, weiß, dass vor jeder Bundestagswahl aufs Neue dem Medium der große Durchbruch prophezeit wird. So auch 2013. Und tatsächlich: Erstmalig scheint das Netz fester Bestandteil des Wahlkampfes zu sein. „Ich bin gespannt, ob die Parteien dieses Mal diese Chance nutzen werden“, so Radunski. Denn auch wenn die Vorteile im Bereich Organisation, Mobilisierung und bei der Erschließung neuer Zielgruppen auf der Hand liegen – der chronische Ressourcenmangel im deutschen Wahlkampf mache eine große Kampagne mit einem 20-köpfigen professionellen Onlineteam unmöglich. Und eine Verschiebung auf Kosten anderer Wahlkampfelemente scheint zumindest derzeit noch ausgeschlossen. So sei das oft verspottete und etwas verstaubt anmutende Plakat trotz hoher Kosten auch weiterhin unverzichtbar. „Durch das Plakat trifft niemand seine Wahlentscheidung. Aber es hat Signalwirkung“, sagt Radunski. Stauss erinnerte an die Entscheidung der SPD, bei einem der letzten Europawahlkämpfe nur noch einige wenige Großplakate aufzustellen. Mit verheerenden Folgen. „Die Menschen vermissten ihren traditionellen Wesselmann an der Ortseinfahrt und dachten, die Partei hat sich aufgegeben. Das schlechte Wahlergebnis war nur die logische Konsequenz.“

Angenehm unaufgeregt, ja fast nüchtern, schätzte Jungherr fünf Jahre nach der viel zu oft zitierten Obama-Online-Kampagne die Rolle des Internets im bundesdeutschen Wahlkampf ein. Zwar werde sich die Dynamik der politischen Debatte durch die Onlinemedien verändern, etwa weil Skandale schneller hochkochen könnten. Insgesamt aber werde das Netz keinen übermäßig großen Einfluss auf die Wahlentscheidung haben. „Das Internet ist normal geworden. Wir haben es daher mit einem Medium zu tun, das genauso gedacht werden sollte wie zum Beispiel ein Plakat“, so Jungherr. Das bedeute, dass jede Botschaft mediengerecht durchdekliniert werden müsse. Stauss warnte davor, sich andernfalls im Netz zu verlieren. Angesichts der Fülle an Informationen versende sich vieles sehr schnell. „Wer seine Hausaufgaben nicht gemacht hat, kann schneller twittern als er redet. Er wird am Ende nicht erfolgreich sein“.

Als überbewertet betrachten die Experten Social Media. Hierbei handele es sich eher um ein „Auffangbecken für Begeisterte“, so Jungherr. Die Inhalte, die die Parteien auf Facebook anbieten würden, seien noch zu sehr dem Verlautbaren verhaftet und motivierten ihn nicht zu „sharen oder liken“. Vielleicht liege aber auch ein grundsätzliches Problem im Umgang mit Politik in Deutschland vor. Wenn der FC Bayern München mehrere Millionen Fans auf Facebook habe, die Bundeskanzlerin hingehen nur einige Hunderttausend, spräche das Bände. Aufpassen müssten Wahlkämpfer auf Social Media aber allemal. Gerade Twitter könne brandgefährlich werden, so Stauss. Wenn man morgens um vier einen unbedachten Kommentar absetze, könne das schon ausreichen, damit man eine Wahl verliere. Insbesondere dann, wenn die Empörung die klassischen Medien erreiche.

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