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„Lassen Sie uns diese Gelegenheit nicht verpassen!“

Botschafter der MERCOSUR-Staaten und Abgeordnete der CDU/CSU-Fraktion setzen sich für EU-MERCOSUR ein

Seit fast zwei Jahrzehnten wird über ein Freihandelsabkommen zwischen der EU und dem Wirtschaftsbündnis MERCOSUR (Gemeinsamer Markt des Südens mit den Vollmitgliedern Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay) verhandelt. Ein Abkommen mit dem MERCOSUR hätte angesichts der derzeitigen protektionistisch ausgerichteten Politik der USA nicht nur eine handelspolitische sondern auch eine hohe strategische Bedeutung. Der Wert dieses Handelsabkommens würde das Achtfache des mit Kanada geschlossenen Handelsabkommens CETA und das Vierfache des Volumens des jüngsten Abkommens mit Japan betragen.

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Zu Beginn des Jahres 2018 erschienen die Chancen auf einen Abschluss nach einer neuerlichen Initiative des argentinischen Präsidenten Macri gut, auf Grund von Detailfragen scheint eine Einigung aber wieder in weite Ferne gerückt zu sein. Dies nahm die Konrad-Adenauer-Stiftung zum Anlass, um mit Botschaftern der MERCOSUR-Staaten, dem Arbeitskreis Lateinamerika der CDU/CSU-Fraktion und Beobachtern der Verhandlungen am 26. September bei einem Fachgespräch zu möglichen Impulsen ins Gespräch zu kommen.

Peter Weiß MdB, Leiter des Arbeitskreises Lateinamerika der CDU/CSU-Fraktion, und Stefan Reith, Leiter des Teams Lateinamerika der Konrad-Adenauer-Stiftung, riefen zu Beginn der Veranstaltung zu einer Stärkung der Beziehungen zwischen der EU und Lateinamerika auf. Vor diesem Hintergrund sei das geplante Freihandelsabkommen ein wichtiges Instrument. „Gute Beziehungen muss man pflegen“, leitete Dr. Johann Wadephul MdB, stellvertretender Fraktionsvorsitzender, sein Eingangsstatement im Hinblick auf das Verhältnis der EU und Deutschlands zu Lateinamerika ein. Drei Aspekte der internationalen Beziehungen nannte er derzeit als besonders wichtig: die tiefen und gewachsenen Beziehungen zu den USA, die derzeitige Intensivierung der Beziehungen zu u.a. Japan, Korea, Australien und Lateinamerika und das Verhältnis zu China, das sich formal zu Multilateralismus bekenne, entsprechende Taten aber nicht immer folgen lasse. Wadephul betonte das Interesse der CDU/CSU-Fraktion, die Beziehungen zu Lateinamerika zu vertiefen.

Botschafter Gabriel Bellón, Uruguay, dessen Land die Pro tempore-Präsidentschaft des MERCOSUR innehat, stellte in einem eindrücklichen Vortrag den Verlauf der Verhandlungen zwischen EU und MERCOSUR dar. Die Welt habe sich verändert in den letzten zwanzig Jahren, und davon seien die Verhandlungen, deren Stocken und deren Komplexität mitbestimmt worden. Die EU sei vor zwanzig Jahren eine andere gewesen (weniger Mitglieder, noch keine gemeinsame Währung), ebenso habe sich der globale Kontext geändert. Den Zeitraum der Verhandlungen unterteilte Botschafter Bellón in Phasen der Illusion, des Realismus, des Winterschlafs, der Wiederbelebung, und schließlich des „end game“, letztere Phase habe im Mai 2016 begonnen. Der MERCOSUR habe in den letzten Verhandlungsrunden verbesserte Angebote unterbreitet. Botschafter Bellón betonte die Bedeutung des Abkommens und dass politischer Wille und Flexibilität nötig seien. Er endete mit der Sorge, dass man ansonsten in die Phase „game over“ eintreten könnte.

Botschafter Malaroda, Argentinien, wies auf Äußerungen von Bundeskanzlerin Merkel beim kürzlich stattgefundenen Tag der Deutschen Industrie hin, die auf die Bedeutung von Exporten für die deutsche Wirtschaft hingewiesen und auch das angestrebte Abkommen zwischen MERCOSUR und EU erwähnt habe. Er bat die anwesenden Bundestagsabgeordneten darum, das Abkommen in Deutschland auf parlamentarischer Seite voranzubringen.

Botschafter Vilalva, Brasilien, wies auf die komplexen Verhandlungen hin, die in der Natur von Verhandlungen zwischen Handelsblöcken lägen. In erster Linie ginge es um den Austausch von Agrar- und Industriegütern. 90 % der Fragen seien geklärt. Faire Quoten seien für Rindfleisch, Ethanol, Zucker und Reis nötig. Dem MERCOSUR seien die Verhandlungen sehr wichtig, man erwarte aber auch von der EU-Seite Flexibilität. Auch auf Grund der historischen Beziehungen und gemeinsamer Werte sei dem MERCOSUR das Abkommen wichtig. 60.000 europäische Unternehmen seien in den MERCOSUR-Ländern tätig, inzwischen sei allerdings China zum größten Handelspartner aufgestiegen. Eindringlich rief Botschafter Vilalva dazu auf: „Lassen Sie uns diese Gelegenheit nicht verpassen!“ Auch Botschafter Ojeda, Paraguay, betonte, dass es wichtig sei, die Verhandlungen fortzusetzen. Der Warenaustausch sei für beide Regionen wichtig und sei darüber hinaus von politischer Bedeutung.

Auf die Frage des Abgeordneten Peter Weiß nach einer politischen Lösung antwortete Botschafter Vilalva, dass es an der Zeit sei, die Verhandlungen auf Ministerebene zu heben. Es sei der Moment gekommen, die technischen Fragen zur Seite und die politischen Akteure den Rest verhandeln zu lassen. Politische Ereignisse in den MERCOSUR-Ländern würden auf keinen Fall zu einer Unterbrechung der Verhandlungen führen.

Auch Ignacio Colazzoli, Repräsentant des Europa-Büros der Interamerikanischen Entwicklungsbank, betonte die Bedeutung des geplanten Abkommen und riet dem MERCOSUR zu weiteren Verhandlungen. Der Bundestagsabgeordnete Andreas Nick stellte das geplante Abkommen in einen größeren regionalen Zusammenhang und regte an, auch die Pazifik-Allianz in ein Abkommen einzubeziehen. Alle Teilnehmer waren sich einig, dass das Freihandelsabkommen zwischen EU und MERCOSUR von großer Bedeutung sei und die Verhandlungen so bald wie möglich auf politischer Ebene zum Abschluss gebracht werden sollten.

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Annette Schwarzbauer

Annette Schwarzbauer bild

Leiterin des Auslandsbüros Venezuela

annette.schwarzbauer@kas.de

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