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Eugen Bolz, Briefmarke der Deutschen Post zum 125. Geburtstag. Eugen Bolz, Briefmarke der Deutschen Post zum 125. Geburtstag. © Deutsche Post World Net (design: Susanne Österlee)

Eugen Bolz

Jurist, Staatspräsident Dr. jur. h. c. December 15, 1881 Rottenburg/Neckar January 23, 1945 Berlin-Plötzensee

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Schwerpunkte seiner landespolitischen Tätigkeit waren Initiativen zur Behebung der Not der Zeit und zukunftsweisende Lösungen im Bereich des Verkehrs, der Energieversorgung und der sozialen Absicherung der Bevölkerung. Bolz betrieb eine pragmatische Politik auch mit Blick auf einen „Südweststaat“. 1933 wurde der NS-Gauleiter W. Murr neuer Staatspräsident; Bolz legte sein Landtagsmandat nieder, um sich der Reichspolitik widmen zu können. Nachdem Prälat Ludwig Kaas sich nach Rom abgesetzt hatte, sollte er zum Zentrumsführer gewählt werden, lehnte das aber ab. Nach einem Verhör durch die Politische Polizei in Stuttgart (19. Juni) kam es zu provokativen Ausschreitungen, so dass er in „Schutzhaft“ genommen wurde. Ein Weiterstudium an der TH in Stuttgart wurde ihm verweigert. Im Selbststudium erarbeitete er sich wirtschaftliche und sozialpolitische Fragen. 1935 beteiligte er sich an einem Wirtschaftsunternehmen. 1941 nahm Carl Goerdeler Verbindung mit ihm auf. Bolz war bereit, in einer neuen Reichsregierung das Kultusministerium zu übernehmen. Nach dem Attentat auf Hitler wurde Bolz am 13. August 1944 verhaftet und nach Berlin in das Gefängnis des Reichssicherheitshauptamtes überführt (27. August), dann ins KZ Ravensbrück verlegt. Nach Verhören und Folterungen in der Sicherheitspolizeischule Drögen und in Berlin (Gefängnis Lehrter Straße) wurde Bolz vom Volksgerichtshof am 21. Dezember zum Tode verurteilt. Gnadengesuche und eine Intervention über den Nuntius blieben ohne Erfolg.

Die christliche Politik, die Bolz als Zentrumspolitiker bis 1933 verfolgte, war katholisch-weltanschaulich und von der neuscholastischen Staatslehre und Moral geprägt. In der parlamentarisch auswegslosen Situation der Weimarer Republik forderte er einen „Diktator auf Zeit", der „autoritär führend" und „national" eingestellt, keineswegs aber jenseits von Verfassung und Moral stehen sollte. Für Bolz war Politik in erster Linie Staatsführung und Staatsgestaltung. Er plädierte für eine „Notgemeinschaft der Parteien" unter Einbeziehung der Nationalsozialisten. In der Kanzlerschaft Hitlers sah er die letzte „verfassungsmäßige Alternative". Als Katholik dem Naturrechtsdenken verpflichtet, setzte er auf Autorität. Verfassungsbruch und Revolution erschienen ihm sittlich verwerflich. Mit der Ablehnung des Ermächtigungsgesetzes - in der Fraktion, nicht im Reichstag - signalisierte Bolz eine Wende, die konsequent in den Widerstand führte.

 

Joachim Köhler

Curriculum vitae

  • 1900–1905 Jurastudium in Tübingen, Bonn und Berlin, juristisches Ausbildungsjahr beim Landgericht Ravensburg, in einem Rechtsanwaltsbüro in Stuttgart und bei der Staatsanwaltschaft in Ulm
  • 1909 – nach dem 2. juristischen Examen – volkswirtschaftliche und philosophische Studien in Berlin
  • 1911–1914 Assessor bei der Staatsanwaltschaft und stellvertretender Amtsrichter in Stuttgart
  • 1916-17 Kriegsdienst, unterbrochen durch parlamentarische Sitzungen in Berlin und Stuttgart
  • November 1917 – Januar 1918 Reichsentschädigungsamt in Brüssel
  • 1912–1918 und 1920–1933 Mitglied des Reichstages (Zentrum)
  • 1912–1918 und 1919–1933 MdL Württemberg
  • 1919-20 Mitglied der Verfassunggebenden Landesversammlung in Stuttgart und Mitglied der Deutschen Nationalversammlung
  • 1919–1923 Justizminister
  • 1923–1933 Innenminister
  • 1928–1932 Staatspräsident in Württemberg.

 

Literatur

  • R. Morsey, in: ZGiLB 5 (1985).
  • J. Köhler (Hg.): Christentum und Politik. Dokumente des Widerstands. Zum 40. Jahrestag der Hinrichtung des Zentrumspolitikers und Staatspräsidenten Eugen Bolz am 23.1.1945 (1985).
  • J. Sailer: Eugen Bolz und die Krise des Politischen Katholizismus in der Weimarer Republik (1994).
  • J. Köhler, in: J. Mehlhausen (Hg.), Zeugen des Widerstands (²1998).
  • J. Scholtyseck, in: K.-J. Hummel/C. Strohm (Hg.), Zeugen einer besseren Welt (2000).

 

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