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Grenzerfahrung Rechtssicherheit – ein Praktikant berichtet

Auch in Ghana sind Ghanaer wie auch Ausländer leider nicht immer sicher davor, dass die Behörden sogenannte Bearbeitungsgebühren erheben, die schließlich ins eigene Portemonnaie wandern. Der neue Präsident Akufo- Addo hat diesen Praktiken den Kampf angesagt.

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Als ich Familie und Bekannten vor meiner Abreise von meinem Vorhaben erzählte, für ein Praktikum bei der Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) drei Monate nach Ghana zu gehen, waren die Reaktionen überwiegend skeptisch oder besorgt. Afrika wird oft mit Bildern von Gewalt, Armut und Korruption assoziiert - mal ganz abgesehen davon, dass wir immer die großen Unterschiede zu unseren direkten Nachbarn wie Frankreich betonen, aber im Fall Afrikas einen ganzen Kontinent als kohärente und gleichartige Masse betrachten.

Da vor allem das Fehlen von rechtsstaatlicher Strukturen oft mit ursächlich ist für viele andere der Probleme, liegt ein inhaltlicher Schwerpunkt der Arbeit der KAS in Afrika auch in der Schaffung eben dieser Rechtssicherheit , dem „Schutz des Vertrauens des einzelnen Staatsbürgers in eine durch Rechtsordnung und Rechtspflege garantierte Rechtmäßigkeit der äußeren Erscheinung der ihn umgebenden und ihm begegnenden rechtlich bedeutsamen Verhältnisse und Dinge“ . Vereinfacht gesagt bezeichnet man damit die Erwartung des Einzelnen, dass alles „mit rechten Dingen“ zugeht. Sie ist damit eine wesentliche Folge der Forderung nach Gleichheit und Gerechtigkeit aller Menschen. Für einen Gast eines Landes sollten also die gleichen Gesetze gelten wie für die eigenen Staatsbürger. In den meisten afrikanischen Ländern kann man sich einer solchen gleichberechtigten Behandlung jedoch oft nicht sicher sein, da man vor allem als Europäer schon allein durch die abweichende Hautfarbe Aufmerksamkeit erregt. Diese Erfahrung durfte ich während meiner Zeit in Ghana des Öfteren machen, und das insbesondere im Zusammenhang mit Visaangelegenheiten.

Das begann bereits bei der Einreise am Flughafen: Völlig unabhängig davon, welche Visumsdauer man in Deutschland beantragt und vor allem bezahlt hatte, erhielt man bei der Passkontrolle einen Stempel, den der Einreisebeamte manuell, also willkürlich, um den Zusatz „30 days“ bzw. „60 days“ ergänzt. Man kann sich hier also nicht einmal sicher sein, die gleiche Behandlung zu erfahren wie ein anderer einreisender Gast. Ist man dann bei einem darüber hinausgehenden Aufenthalt dazu gezwungen, sein Visum über das Immigration Office zu verlängern, kann es dort erneut passieren, dass man einen gestaffelten Preis für 60 Tage bezahlt, nach drei Wochen Bearbeitung jedoch seinen Pass abholt und ohne Erklärung nur 30 Tage genehmigt wurden. Eine Erstattung der Differenz ist selbstverständlich ausgeschlossen.

Die größte Willkür ergibt sich wohl aber bei einer Wiedereinreise nach Ghana. Auf der Rückreise von einem Wochenendausflug nach Togo musste ich für Ghana an der Grenze ein neues Einreisevisum beantragen, da ich kein Multi Entry Visum hatte. Der Preis hierfür liegt offiziell bei 150 Dollar (660 GHc). Der zuständige Büroleiter der ghanaischen Grenzbehörde entschied sich jedoch spontan, diesen auf 200 Dollar bzw. 900 GHc festzusetzen. Einwände diesbezüglich wurden überaus unfreundlich abgetan und auf eine Nachfrage, warum die ausgestellte Quittung nur einen Betrag von 660 GHc aufwies, erwähnte er eine „Processing fee“ (Bearbeitungsgebuehr), die nicht offiziell deklariert werden könne. Als er dann noch mit der Annullierung des Visums drohte, musste ich das Büro ohne Handlungsmöglichkeit verlassen. Es gab ja keinen Alternativ-Einreiseort oder -Zeitpunkt und ein annulliertes Visum im Reisepass kann bei anderen findigen Grenzbeamten zu erneuten Schwierigkeiten führen, die dann nur mit einer weiteren „processing fee“ behoben werden können.

In einem rechtssicheren Staat gäbe es Möglichkeiten, gegen eine solche Behandlung auch nachträglich vorzugehen. In Ghana bliebe mir nur eine Beschwerde bei genau derselben Behörde, mit einer falschen Quittung als Nachweis für eine Praxis, die sehr wahrscheinlich allen Beamten des Grenzbüros am Ende des Tages zugutekommt. Die Aussicht auf Erfolg läge also bei null. Niemand beißt die Hand, die einen füttert.

Der amtierende Präsident hat es sich zum Ziel seiner Amtszeit gesetzt solche Vorgänge und Praktiken zu unterbinden, auch um mehr Touristen in dieses schöne und freundliche Land zu locken. Seine Möglichkeiten nachhaltig etwas zu verändern sind jedoch begrenzt, denn Rechtssicherheit beginnt im Kleinen! Nur wenn der Einzelne erkennt, dass er seinen Beitrag dazu leisten muss, damit es am Ende für alle mit rechten Dingen zugeht, kann die Gesellschaft und mit ihr der gesamte Staat ein rechtssicheres Umfeld entwickeln.

Felix Kumpf (Praktikant im KAS-Buero von Januar bis Maerz 2017)

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