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Event Reports

„Wissen ist Macht, Mangel an Wissen ist eine zerstörerische Macht“

Teaching Islam to Jews and Judaism to Muslims in Israel

Obwohl die jüdische und die muslimische Bevölkerung in Israel nebeneinander lebt, wurde bisher von beiden Seiten nur wenig unternommen, um aufeinander zuzugehen, um Ignoranz, Vorurteile und Feindseligkeiten abzubauen. Die beiden Religionen und die mit ihnen verbundenen Kulturen, sollten sich eigentlich für gegenseitigen Respekt und Verständnis einsetzen; allerdings tragen sie häufig zum Gegenteil bei und bewirken nicht selten Entfremdung.

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Deshalb organisierte die Konrad-Adenauer-Stiftung Jerusalem in Zusammenarbeit mit ihrem langjährigen Partner ICCI (Interreligious Coordinating Council in Israel), dem Nehemia Levtzion Center für Islam Studien der Hebräischen Universität und dem Al-Qasimi College eine Veranstaltung zum Thema „Teaching Islam to Jews and Judaism to Muslims in Israel“ um durch Begegnung zwischen jüdischen und muslimischen Lehrern, Professoren und Studenten nach konkreten Problemen in der Bildung zu suchen und Lösungen zu finden.

Das Seminar fand im Konrad-Adenauer-Konferenzzentrum in Jerusalem statt und begann mit einem Workshop, bei dem sich Religionsvertreter und Universitätsangehörige verschiedener Herkunft und Religionen begegneten, miteinander diskutierten und sich näher kennenlernten. Eine große Gruppe von Dozenten und Studenten aus der arabischen Stadt Bakaa El Gharbiye (im „Triangle“-Gebiet und Standort des Al-Qasimi Colleges) nahm dabei äußerst aktiv Teil. Experten verschiedener Bildungseinrichtungen sprachen über die aktuelle Situation im Bildungssystem an Schulen und Universitäten, so wie an nicht öffentlichen Ausbildungseinrichtungen.

Die Berichte von Dr. Shlomo Alon, Leiter der Arabischabteilung im israelischen Erziehungsministerium und von Hani Mousa, dem Verantwortlichen im Erziehungsministerium für Hebräischunterricht an arabischen Schulen, zeigten ein nicht ganz ausgeglichenes Bild was die beiden Schulsysteme in Israel betrifft, was offensichtlich an dem Status der Araber als Minderheit in einem jüdischen Nationalstaat liegt.

Die arabischen Schulen in Israel sind dazu verpflichtet, die hebräische Sprache und Literatur als auch die Bibel zu unterrichten. Hani Mousa meinte, dass es der arabischen Jugend außerdem bewusst sei, dass sie die hebräische Sprache und Kultur lernen und verstehen müssten, um sich in die israelische Gesellschaft und besonders auf dem Arbeitsmarkt zu integrieren. Allerdings müsse man auf die richtige Dosierung achten: Wenn ein arabischer Junge dazu gezwungen sei, zu viel über die jüdische Kultur zu lernen, könne dies bei ihm Widerwillen hervorrufen.

An jüdischen Schulen in Israel dagegen ist die arabische Sprache kein Pflichtfach. Es besteht die Möglichkeit, das Fach „Arabische Welt und Islam“ in der Oberschule für das Abitur zu wählen, jedoch ziehen dies nur wenige Schüler in Betracht. Normalerweise gehören hierzu nur diejenigen, die ihre Arabischkenntnisse später beim Militärdienst nutzen möchten. Deswegen machte Shlomo Alon darauf aufmerksam, dass der Status der arabischen Sprache und Kultur in Israel unbedingt verbessert werden müsse, und zwar auf der Basis von Respekt und auf einer gemeinsamen Ebene.

Die wichtigste gemeinsame Ebene findet Dr. Ron Kronish, Leiter der ICCI in der jüdischen und muslimischen Religion. Die Ansicht, dass die Religion ein Grund für den Nahostkonflikt sei und keine Lösung darstelle, sei seiner Ansicht nach völlig verkehrt. Auch bei den Friedensgesprächen müssten Aspekte der Religionen stärker hinzu gezogen werden. Dafür bedürfe es einer besseren Religionsausbildung für die Führungskräfte in diesem Bereich.

Im Anschluss an die Workshop-Reihe fand ein öffentliches Symposium statt, an welchem sowohl Moslems als auch Juden teilnahmen und gemeinsam die Möglichkeiten diskutierten, wie man es durch Bildung schaffen könne, der jeweils anderen Seite die eigene Religion und Kultur näher zu bringen und somit zu einem gegenseitigen Verständnis beizutragen.

Alle waren sich einig, dass das schwierigste hierbei nicht unbedingt das Lernen sei, sondern das Lehren. Denn sowohl bei der jüdischen als auch der muslimischen Bevölkerung in Israel gebe es Vorurteile, auch bei Lehrern und Professoren. Diese Vorurteile abzubauen, sei wohl die größte Herausforderung vor der das Bildungswesen stehe.

MK Professor Menahem Ben-Sasson, Vorsitzender des Ausschusses für Verfassung, Recht und Justiz, betonte ebenfalls die Gemeinsamkeiten zwischen Islam und Judentum und meinte, dass man anstatt in der Vergangenheit der eigenen Religion zu leben, neue Perspektiven schaffen müsse und die Konzepte des anderen verstehen müsse. Nur durch eine Auseinandersetzung mit der anderen Religion und Kultur könne man auch seine eigene erst richtig verstehen. Stereotypen, die sich seit langer Zeit aufgebaut hätten, könnten dadurch aufgehoben werden. Sowohl auf muslimischer als auch auf israelischer Seite müssten deswegen Lehrpläne an die jeweilige Geschichte angepasst werden.

Professor Khalil Athamina von Al-Qasimi College äußerte seine Meinung, dass der Grund für den Nahost-Konflikt gar nicht religiös sei, sondern ein nationales Problem. Die Religion werde als Instrument zur Durchsetzung nationaler Interessen und zu destruktiven Zwecken missbraucht und somit in ein falsches Licht gerückt. Es sei am wichtigsten, den jungen Leuten so viel wie möglich über die jeweils andere Religion und Kultur beizubringen. Denn, wie Dr. Mahmud Yazbak es formulierte: „Wissen ist Macht und der Mangel an Wissen ist eine zerstörerische Macht“.

Die Veranstaltung wurde nicht nur durch die zahlreichen Teilnehmer zum Erfolg, sondern vor allem durch die rege Diskussion und aktive Teilnahme der Gäste an den Workshops und am Austausch mit anderen. Neue Kontakte wurden geknüpft, andere Sichtweisen erkannt und Erfahrungen ausgetauscht. Denn die direkte Begegnung von Menschen, wie auch Professor Sarah Sviri, Expertin für islamische Studien der Hebrew University, betonte, wäre das beste Instrument, um die Religionen und Kulturen einander näher zu bringen. Israelische Tageszeitungen berichteten in längeren Beiträgen von der Veranstaltung.

Palina Kedem / Hanna Stompe

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