Asset Publisher

Event Reports

Erneute direkte Verhandlungen: Chance oder Fehlschlag?

Mit den neu initiierten direkten Verhandlungen zwischen Israelis und Palästinensern, die am 2. September 2010 in Washington begannen, ist der Nahost-Konflikt wieder in den Mittelpunkt des internationalen Interesses gerückt. Vor allem in Israel beginnt jetzt die Zeit der intensiven Diskussionen und Fragen: Was ist zu tun damit der Friedensprozess gelingt? Und was sind realistische Optionen und Chancen?

Asset Publisher

Zu diesen aktuellen Fragen lud die Konrad-Adenauer-Stiftung Israel gemeinsam mit ihrem Partner IPCRI zu einem Seminar mit dem Thema „Assessing the prospects for the success of direct negotiations” ein. Am 30. August 2010 trafen sich Vertreter aus Politik, Gesellschaft und Militär im Konrad-Adenauer-Konferenzzentrum in Jerusalem, um gemeinsam über die Chancen der Friedensverhandlungen und über die generelle Stimmung innerhalb Israels zu diskutieren.

http://www.kas.de/wf/doc/1485-1442-1-30.jpg

Die Initiative der US-Regierung, nach über einem Jahr wieder beide Seiten an den Verhandlungstischen zurückzubringen, wurde von allen Teilnehmern begrüßt. Diese Initiative wird als positiv gewertet, auch wenn sie nicht zuletzt eng mit der innenpolitischen Situation Obamas und den anstehenden Zwischenwahlen verbunden sein dürfte. Einig waren sich die Teilnehmer, dass ohne amerikanischen Druck die Neuaufnahme von Verhandlungen nicht möglich wäre.

Dieser Druck sei zwar eine notwendige, aber noch keine hinreichende Bedingung für erfolgreiche Verhandlungen. Beide Seiten müssten dazu in der Lage sein, weitreichende Kompromisse einzugehen. Dies scheint jedoch derzeit aus vielen Gründen nicht der Fall zu sein. Zweifel sind nicht nur hinsichtlich der Verhandlungsbereitschaft der Palästinenserführung unter Mahmud Abbas angebracht, die weder ausreichende Unterstützung der eigenen Bevölkerung, noch der arabischen Staaten für Verhandlungen und Kompromisse hat. Zudem stellt die Hamas ein grundsätzliches Problem für die Umsetzung jeglicher Abkommen dar. Eine Einigung mit der Hamas scheint in absehbarer Zeit unrealistisch. Derzeit wird die Hoffnung darauf gesetzt, dass die Hamas sich schließlich einem Verhandlungsergebnis beugt bzw. die Unterstützung der Bevölkerung verliert.

Zweifel wurden aber auch über die israelische Position geäußert. Inwieweit ist Netanjahu fähig zu verhandeln? Und wieweit sind ihm durch seine Koalition die Hände gebunden? Hingewiesen wurde auf die bisherigen Schritte Netanjahus, die aufgrund seines politischen Hintergrundes eher überraschend waren: das Bekenntnis zur Zwei-Staaten-Lösung bei seiner Rede an der Bar Ilan Universität vor einem Jahr, der Beschluss eines vorübergehenden Siedlungsstopps Anfang des Jahres, sowie der umfangreiche Abbau von Checkpoints im Westjordanland nicht zuletzt zur Verbesserung auch der wirtschaftlichen Aktivitäten der Palästinenser. Netanjahu habe zudem seit Monaten auf direkte Verhandlungen gedrungen. Derartige Schritte habe es unter den Vorgängern Netanjahus nicht gegeben. Ist Netanjahu zu einer weiteren Überraschung fähig? Für Netanjahu dürfte vor allem das Problem eines potentiell nuklear bewaffneten Irans, der heute als Hauptbedrohung für Israel gilt, ein wichtiges Element der Überlegungen sein. Kompromisse gegenüber den Palästinensern dürften ihm vor allem die US-Unterstützung gegen den Iran sichern. Hingewiesen wurde auch darauf, dass bisher vor allem Likud-Regierungen in der Lage waren, breite Unterstützung für Kompromisse für einen Friedenschluss zu bekommen. Einig sind sich außerdem alle darin, dass Netanjahu momentan der Einzige sei der für Israel verhandeln könne.

Skeptisch waren alle Teilnehmer, was die Rolle der öffentlichen Meinung betrifft. Derzeit sei die breite öffentliche Meinung auch in Israel zwar grundsätzlich an einem Frieden interessiert, glaubt aber derzeit nicht an die Möglichkeit der Beendigung des Konfliktes in absehbarer Zeit. Dies zu ändern, sei so gut wie nicht möglich. Deshalb könne man derzeit nicht auf die öffentliche Meinung setzen als Mittel, die Politik bei Kompromissen auf dem Weg zu einer Einigung zu unterstützen.

Diskutiert wurde auch die Wahrnehmung Israels in der internationalen Presse. Die negative Stimmung gegenüber Israel verstärke das Gefühl der Isolation und des Nicht-Verstanden-Fühlens. Die Wahrnehmung einer Isolation verhindere jedoch die Bereitschaft, weitere Risiken für ein Verhandlungsergebnis einzugehen.

http://www.kas.de/wf/doc/1484-1442-1-30.jpg

In der Diskussion waren sich alle Teilnehmer darin einig, dass als einer der entscheidenden Faktoren für ein Vorankommen der anstehenden Gespräche eine endgültige Festlegung der Grenzen notwendig sei. Der momentane Status-quo- stelle keine dauerhafte Lösung dar. Auch aus Sicherheitsgründen sei die Festlegung von klaren Grenzen wünschenswert, wobei diese Grenzen verteidigungsfähig sein müssten. Außerdem dürften die Fehler beim Rückzug aus dem Gazastreifen nicht wiederholt werden. Solange die Palästinensische Autonomiebehörde die Sicherheit noch nicht garantieren könne, müssten israelische Sicherheitskräfte weiterhin operieren können. Mit der Regelung der Grenzfrage seien eine Reihe von Problemen zu lösen, nicht zuletzt auch die Frage der Siedlungen und der Bautätigkeit in den Siedlungen. Dies könne die Situation entschärfen und neues Vertrauen ermöglichen.

Julia K. Bindert

Asset Publisher

comment-portlet

Asset Publisher