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Event Reports

Indirekte Verhandlungen: Ein Weg zum Erfolg?

Die Frage der Erfolgsaussichten der indirekten Verhandlungen und wie man sie unterstützen kann – auch wirtschaftlich – beschäftigte Experten aus Politik, Wissenschaft, Wirtschaft und Medien. Die Konrad-Adenauer-Stiftung und ihr Partner IPCRI (Israel/Palestine Center for Research and Information) brachten vom 14.–15. Mai vierzig israelische und palästinensische Kollegen in Jerusalem zusammen, um teils im Plenum, teils in Arbeitsgruppen die jüngsten politischen und wirtschaftlichen Entwicklungen zu diskutieren.

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Auch wenn auf offizieller Ebene nur indirekt verhandelt wird, so gehört es zu den Prioritäten der Konrad-Adenauer-Stiftung, direkte Kanäle offen zu halten. Selbst aus Gaza konnte die Einreiseerlaubnis für zwei Mitglieder der Wirtschaftsgruppe erreicht werden; deren Informationen und Einschätzungen aus erster Hand waren für alle Beteiligten ein großer Gewinn.

Inwieweit indirekte Verhandlungen der beste Weg zu einem Friedensvertrag sind, gingen die Meinungen der Teilnehmer auseinander. Fest steht, dass dies aufgrund des völligen Vertrauensverlustes momentan der einzig gangbare Weg ist. Dr. Gershon Baskin ging in seinem Einführungsvortrag auf seine im April in Washington gewonnenen Eindrücke im Außenministerium, im Weißen Haus und im Pentagon ein, sowie auf die Vorteile von indirekten Verhandlungen. Dr. Baskin nahm die amerikanische Administration als sehr entschlossen wahr, u.a. auch gestärkt durch ihre Erfolge im Gesundheitswesen und gewann den Eindruck, dass sie bereit sei, entsprechend starken Druck auf die Parteien auszuüben. Um eine Diskreditierung der amerikanischen außenpolitischen Stärke zu vermeiden und insbesondere im Hinblick auf die bevorstehenden Zwischenwahlen im November werde Präsident Obama versuchen, die Verhandlungen als Erfolg zu verbuchen. Fraglich ist, welchen Weg er einschlagen wird, wie etwa einen eigenen Friedensplan vorzulegen. Als Vorteil der indirekten Verhandlungen wurde angeführt, dass der Vermittler eine starke Position habe und eine Einigung ausformulieren könne, wie es damals in Camp David I der Fall war.

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Die politische Arbeitsgruppe in einer separaten Sitzung

Schwerpunkt der Diskussionen war u.a. die Frage, wie man die indirekten Verhandlungen unterstützen könne und welche Optionen bei einem Scheitern offen stünden. Es bestand weitgehend Einigkeit, dass eine stärkere Miteinbeziehung Europas notwendig sei. Die Nahostfrage werde auch für Europa aufgrund seiner steigenden Einwandererzahlen immer wichtiger. Darüber hinaus wurde auch für eine stärkere Einbeziehung der arabischen Staaten plädiert. Ein Misserfolg der Verhandlungen würde in jedem Fall den radikalen Lagern auf beiden Seiten in die Hände spielen.

Was den Inhalt der Verhandlungen betreffe, werde die Hauptpriorität Israels bei der Sicherheit liegen; für die Palästinenser hätten die Grenzfragen höchste Priorität, wobei man dann direkt zur Jerusalemfrage käme und dann zur Flüchtlingsfrage. Sehr gelobt wurde der Fayyad-Plan, welcher unabhängig von Fortschritten in Verhandlungen mit Israel die notwendigen Grundlagen für einen palästinensischen Staat schaffen solle. Fayyad könne bereits große Erfolge, wie etwa die verbesserte Sicherheitslage im Westjordanland verbuchen. Bei der Frage, ob den Palästinensern damit gedient sei, wenn sie von der Europäischen Union die Anerkennung ihres Staates verlangen, teilten sich die Meinungen. Weitgehend Einigung bestand darin, dass eine dritte Intifada zurzeit nicht zu erwarten sei, da dies den Interessen der palästinensischen Regierung entgegen liefe. Ein Teilnehmer berichtete von einem persönlichen Gespräch mit Ministerpräsident Salam Fayyad, in welchem er diesen befragte, welches seiner Meinung nach die wichtigsten Maßnahmen von Seiten der Israelis zur Unterstützung seiner Arbeit seien. Danach schätze dieser es als oberste Priorität ein, dass israelische Sicherheitskräfte nicht mehr nach Mitternacht in palästinensische Ortschaften präsent seien, sowie ein großflächigerer Einsatz von palästinensischen Sicherheitskräften auch in den Gebieten B und C möglich sei (nach den Osloer Verträgen unterstehen die Gebiet B der Sicherheitshoheit Israels – die administrative Zuständigkeit liegt bei den Palästinensern – und Gebiete C gehören ganz dem Zuständigkeitsbereich des israelischen Verteidigungsministerium an).

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Palästinensischer Journalist: „Die europäische Rolle wird wichtiger”

In der Wirtschaftsgruppe wurde u.a. die im Bau befindliche neue palästinensische Stadt Rawabi nördlich von Ramallah vorgestellt und diskutiert. Noch seien nicht alle bürokratischen Hindernisse überwunden; etwa die Frage der Zufahrtsstraßen, welche durch C Gebiete führen müssen, müsste noch geregelt werden. Israelische Teilnehmer berichteten von ihren Erfahrungen mit dem Bau der Stadt Modi’in, welche ebenfalls völlig neu konstruiert wurde. Ein Teilnehmer bemängelte die Tatsache, dass kein Krankenhaus geplant sei. Dies sei eine Gelegenheit, ein dringendes Problem zu lösen sowie optimales Mittel zur Aufbringung von Hilfsgeldern. Heftige Diskussionen entbrannten zum palästinensischen Boykottaufruf für Siedlerprodukte. Größtenteils wurde dies als gerechtfertigtes Mittel zum friedlichen Widerstand gesehen. Der Direktor für Außenhandel und internationale Beziehungen im Industriellenverband warnte vor den negativen Auswirkungen, die auf israelischer Seite bei denen hervorgerufen würden, die sich für einen reibungslosen Handel mit den Palästinensern einsetzten. Er befürchtete insbesondere einen generellen Boykott israelischer Produkte.

Zur Situation in Gaza merkte ein dort ansässiger Geschäftsmann an: „Es gibt keine humanitäre Krise in Gaza.” Durch den von der Hamas kontrollierten Schmuggel durch die Tunnel nach Ägypten seien alle Güter im Gazastreifen erhältlich. Seiner Meinung nach profitiere die Hamas von der israelischen Blockade nur, da die „Tunnelzölle” an die Hamas gingen.

Im abschließenden Plenum wies Dr. Baskin nochmals darauf hin, dass man permanent in direkten Kontakt mit den Verhandlungsführern stehe und die Teilnehmer nicht nur auf der Konferenz die Gelegenheit nutzen sollten, ihre Botschaften und Einschätzungen weiterzugeben. Die Teilnehmer betonten den persönlichen Gewinn, den sie durch dieses Treffen für ihre Arbeit erzielt hätten und werden den Dialog fortsetzen. Die Konrad-Adenauer-Stiftung wird ihren Teil dazu beitragen, dass diese direkten Gespräche weiterhin stattfinden können.

Katja Tsafrir

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