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Event Reports

Indirekte Verhandlungen – Sackgasse oder letzter Ausweg?

by Christian J. Deppe
Die seit Mai andauernden indirekten Verhandlungen zwischen Israel und der Palästinensischen Autonomiebehörde haben bislang keine nennenswerten Erfolge gezeitigt. Daher ist es angesichts der wenigen offiziellen Gespräche gerade jetzt besonders wichtig, den Austausch zwischen israelischen und palästinensischen Kollegen zu fördern und direkte Gesprächskanäle weiterhin offen zu halten.

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Dazu brachte die Konrad-Adenauer-Stiftung am 24. und 25. Juni gemeinsam mit ihrem Partner Israel/Palestine Center for Research and Information (IPCRI) israelische und palästinensische Experten aus Medien, Politik und Gesellschaft zu einer Konferenz zusammen, auf der Herausforderungen und Chancen der indirekten Verhandlungen sowie anderweitige Lösungsansätze erwägt und diskutiert wurden.

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Einige Teilnehmer äußerten sich skeptisch über die Erfolgsaussichten von indirekten Verhandlungen. Dagegen vertraten andere die Ansicht, direkte Gespräche würden momentan an der schwierigen Kommunikation zwischen Netanyahu und Abbas scheitern. Daher befürworten sie indirekte Verhandlungen und sehen in ihnen die geeignetere Möglichkeit, Fortschritte zu erzielen. Indirekte Verhandlungen, geführt von einem neutralen Vermittler, sind deshalb vorteilhaft, weil es einen Verhandlungstext als einzigen Referenzpunkt gibt, dessen Gestalt und Wortlaut der Vermittler in Händen hält und dessen Entwicklung maßgeblich unter seiner Kontrolle steht. Die Botschaften, die er der anderen Seite weitergibt, sind somit auch weniger anfällig für Fehlinterpretationen. Aus diesen Gründen sind indirekte Gespräche auch durchaus positiv zu bewerten.

Ein Teilnehmer äußerte überdies die Ansicht, die indirekten Verhandlungen sollten solange wie möglich geführt werden, um sich einer endgültigen Einigung weitestgehend anzunähren. Dennoch sollten Taktik und Strategie nicht miteinander verwechselt werden: Indirekte Gespräche sind nicht Selbstzweck; sie sind vielmehr ein Mittel, um zu direkten Gespräche zu gelangen. So könnte eine endgültige Einigung mittels vorläufiger Übereinkommen erzielt werden, welche die Palästinensische Autonomiebehörde bislang ablehnte.

Bei der Analyse der aktuellen Situation wurde auch die internationale Isolation Israels und die damit einhergehende zunehmende Verschlechterung von Israels Image thematisiert. Zwar spricht sich die israelische Bevölkerung in Umfragen für eine Zwei-Staatenlösung aus, doch kommen keine nennenswerten Impulse aus der Gesellschaft. Da die Zeit jedoch gegen beide, gegen Israel und gegen Palästinenser gleichermaßen arbeitet, müsse nach Ansicht einiger Teilnehmer nun vermehrt Druck von außen kommen, sei es von den USA oder vom Weltsicherheitsrat. Dennoch müsse letztlich eine Einigung aber von Israelis und Palästinensern getroffen werden.

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Gerade in Bezug auf Siedlungsbau sollten die USA daran festhalten, Israel zu einer Fortsetzung des Siedlungsstopps nach dem 26. September 2010 zu bewegen. Weil sowohl Palästinenser als auch die internationale Gemeinschaft die Komplexität der israelischen Sicherheitsbedürfnisse unterschätzen, sollten die USA Netanjahu aber gleichzeitig auch genügend Rückendeckung bzgl. Sicherheitszusagen geben, um ihm mehr Spielraum in den Verhandlungen zu verschaffen. Darüber hinaus solle auch die Arabische Welt ihren Teil dazu beitragen, Anreize zu schaffen, damit indirekte Gespräche möglichst bald zu direkten Gesprächen führen können.

In dem Kurzvortrag eines Sicherheitsexperten wurde darauf aufmerksam gemacht, dass es hinsichtlich des israelischen Sicherheitsbedürfnisses über die physisch/territoriale und militärische Dimension noch zwei weitere, zumeist unbeachtete Aspekte gibt, die aber doch mindestens ebenso wichtig sind: Die politische/internationale Dimension, die besonders aufgrund der zunehmenden Infragestellung der Legitimität Israels als Nationalstaat virulent wird. Und schließlich die psychologische Dimension von Sicherheit, welche sich auf das Gefühl von Sicherheit innerhalb der israelischen Gesellschaft bezieht. Denn obgleich Israel z.Z. nicht wirklich unter ernsthafter militärischer Bedrohung durch konventionelle Waffen steht, gibt es doch eine nicht weniger ernstzunehmende Bedrohung durch terroristische Aktivitäten, der Israel ausgesetzt ist. Dies kann nach Einschätzung einiger Teilnehmer durch keine internationale Truppe – selbst bei robustem Mandat – verhindert werden. Eine solche Truppe könnte – vergleichbar mit dem Friedensabkommen zwischen Israel und Ägypten – nur zwischen zwei Staaten sinnvoll operieren, die sich beide auch unbedingt für Frieden einsetzen. Man solle daher nicht versucht sein, internationale Truppen als die Lösung anzusehen, da sie Terrorismus nicht verhindern könnten.

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Da Extremisten auf beiden Seiten auch mit kleinsten Aktionen den Friedensprozess aufzuhalten vermögen, sollten sich Israel und Palästinensische Autonomiebehörde durch enge Zusammenarbeit zwischen israelischen und palästinensischen Sicherheitskräften auf allen Ebenen dafür einsetzen, extremistische Faktoren zu unterbinden. Wichtig sei in diesem Zusammenhang zu verstehen, dass diejenigen, die den israelischen oder palästinensischen Staat ablehnen, keineswegs die Mehrheit darstellen. Der Sicherheitsaspekt ist für beiden Seiten essentiell und muss in kommenden Verhandlungen und Lösungsansätzen eine zentrale Rolle spielen.

In der Diskussion kam der Vorschlag eines neuen Oslo-Prozesses auf, bei dem zwei oder drei israelische und palästinensische Vertreter, die keine offizielle, wohl aber repräsentative, d.h. ihre Gesellschaft vertretende Funktion haben, zu Verhandlungen zusammentreffen.

Die auf der Konferenz entwickelten Lösungsansätze werden in Form von Papieren und Berichten an die Verhandlungsführer weitergegeben. Die Konrad-Adenauer-Stiftung wird diese Form direkter Gespräche auch künftig fortsetzen, um so zu einem vertieften Dialog beizutragen.

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