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Event Reports

Koexistenz in Akko: Ist ein interreligiöser Dialog möglich?

Seit sieben Jahren fördert die KAS in Zusammenarbeit mit dem Programm für Konfliktmanagement an der Universität Bar Ilan eine Workshopreihe mit Studenten, welche die verschiedenen ethnischen, nationalen, religiösen und politischen Gruppen in der israelischen Gesellschaft repräsentieren. Die Abschlussveranstaltung konzentrierte sich in diesem Jahr auf das Thema „gemischte Städte” in Israel, d.h. Städte, deren Bevölkerung aus Juden und Arabern bestehen. In diesen Städten spiegelt sich die Spannung zwischen den verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen im täglichen Leben wider.

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Besondere Betonung lag auf der Stadt Akko, wo im September 2008 während des hohen jüdischen Fastentages Yom Kippur gewalttätige Auseinandersetzungen zwischen den arabischen und jüdischen Bewohnern der Stadt ausbrachen. Zwei zentrale Figuren, die damals entscheidend dazu beitrugen, die angespannte Atmosphäre schnellstmöglich zu beruhigen, waren die zwei Hauptredner der Veranstaltung: der Hauptrabbiner der Stadt Akko, Rabbi Josef Yashar und der Imam der größten Moschee von Akko, Sheikh Samir Assi. Die große war, ob – und inwiefern – der interreligiöse Dialog dazu beitragen kann, Konflikte in den gemischten Städten zu lösen.

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Dr. Ben Mollov, Bar-Ilan Universität stellt die Redner vor: Arik Rudnitzky, Rabbi Yashar und Sheikh Samir

Um den Studenten die Hintergründe besser zu verdeutlichen, präsentierte Arik Rudnitzky, Projektassistent unseres Konrad-Adenauer-Programms für jüdisch-arabische Zusammenarbeit an der Universität Tel-Aviv (in dessen Rahmen dieses Thema auch mehrfach behandelt wurde und als Publikation „Zusammen aber separat: Gemischete Städte in Israel” erschien) die allgemeine Situation in diesen Städten. Meistens leidet die arabische Bevölkerung der „gemischten Städte” an schlechten sozioökonomischen Bedingungen und fühlt sich nicht nur wegen der Unterschiede zwischen Religion und Kultur von ihren jüdischen Nachbarn getrennt, sondern auch von den anderen Arabern, die in den verschiedenen Regionen in Israel meistens zusammen leben. Der Umgang zwischen den arabischen und jüdischen Bewohnern funktioniert einigermaßen gut im alltäglichen Leben, aber unter der Oberfläche bestehen nicht wenig Empfindlichkeiten, die sich sehr leicht entzünden können. Auf der anderen Seite gibt es auch positive Erscheinungen, wie etwa gemeinsame Organisationen und Festivals, welche die Koexistenz in den Vordergrund stellen.

Rabbi Yashar schilderte, wie Akko jahrelang ein Musterbeispiel für Koexistenz in Israel war: Die Bevölkerung genoss respektvolle und gute nachbarschaftliche Verhältnisse und selbst die Vertreter verschiedener Religionen in der Stadt verbrachten Zeit auch außerhalb der Arbeitszeit zusammen. Besonders bewegend war für ihn die gemeinsame jüdisch-arabische Delegation nach Auschwitz.

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Rabbi Yashar, Hauptrabbiner der Stadt Akko

„Aber in der letzten Zeit hat sich etwas verändert” bedauert der Rabbi „und es muss gefragt werden – warum?”. Der Rabbi sieht den Grund dafür, im Einfluss der extremen islamistischen Kräfte in der Welt und ihr Kampf gegen die westliche Kultur. Er glaubt nicht, dass der Grund für den jüdisch-arabischen Konflikt nationalen Charakter trägt, sondern gerade religiösen und kulturellen. „Al-Qaida hat keine territorialen Forderungen in Washington, führt aber trotzdem einen bitteren Kampf gegen die USA” sagte er, um seine Theorie zu untermauern.

Er erzählte, dass der wahre Auslöser für den Ausbruch der Krawalle an Yom Kippur der öffentliche Aufruf eines Muezzins aus einer der Moscheen in der Stadt gewesen war, ein Pogrom gegen die Juden zu initiieren. Trotzdem möchte er glauben, dass es sich nur um wenige radikale Gruppierungen handelt, die nicht für die arabische Bevölkerung von Akko repräsentationsfähig sind. Als höchste Priorität für die Zukunft sieht er die Erziehung zu Koexistenz und zu gegenseitigem Respekt, die schon in den Schulen anfangen muss.

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Sheikh Samir, Imam der Al Jazar Moschee in Akko

Was die Erziehung betrifft, war sich Sheikh Samir mit seinem jüdischen Kollegen einig. Er könne die Meinungen und Ansichten ändern, wenn er die Möglichkeit bekäme, an Schulen mit jüdischen Schülern ständig zu reden. Er erzählte, wie der Rabbi vor arabischen Schülern im Gymnasium gesprochen hatte und wie dieser, nach wochenlanger Vorbereitungsarbeit seinerseits, mit großem Respekt empfangen worden war. Denn nur wenn die Menschen die andere Seite kennen lernen und deren Kultur und Religion repektieren, kann dies zu stabilen und guten Verhältnissen führen. Er zitierte zum Abschluss die berühmte Sufi-Prophetin Rabia El-Adawia, die eines Tages gefragt wurde, wen sie hasst und sie antwortete „Mein Herz ist so voll mit Liebe, dass ich keinen Platz für Hass habe!”

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Studenten der Bar-Ilan Universität in der Diskussion

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