The European Union Today - from a German perspective - Foundation Office Japan / Regional Economic Programme Asia (SOPAS)
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Am 10. Juli 2013 hielt der bekannte Staatsrechtler und ehemalige Bundesminister der Verteidigung, Senator für Justiz und Bundesangelegenheiten des Landes Berlin sowie stellv. Fraktionsvoristzender der CDU/CSU und Vorsitzender des Rechtsausschusses im Deutschen Bundestag Prof. Dr. Rupert Schulz eine Gastvorlesung zum Thema Die Europäische Union heute - aus deutscher Sicht an der angesehenen Ritsumeikan Universität in Kyoto.
In seinem Vortrag schilderte Prof. Scholz die Erfolgsgeschichte der Europäischen Union sowie die verschiedenen Stufen und Phasen ihrer bisherigen Entwicklungen. Das bisherige Prinzip von gleichzeitiger Erweiterung und Vertiefung der Integration könne nach seiner Ansicht aber nicht ohne Weiteres fortgesetzt werden. Die aktuellen krisenhaften Herausforderungen erforderten grundlegende Strukturreform und neue Weichenstellungen im europäischen Projekt. Es gehe um die Aufhebung des Widerspruchs zwischen erstrebenswerter 'Demokratieunion' und bestehender 'Exekutivunion'.
Die derzeitige institutionelle Ausgestaltung der EU weise nämlich ein klares Übergewicht der Exekutive auf. Selbst das Wahlsystem des Europäischen Parlaments mit seinen unterschiedlichen nationalen Rechtsgrundlagen und Quotenregelungen widerspreche demokratischen Prinzipien. Dem zentralen Legislativorgan fehle bekanntermaßen außerdem weiterhin ein Initiativrecht bei der europäischen Gesetzgebung und auch eine ausreichende Mitgestaltung bei der Besetzung der Europäischen Kommission bleibe ihm immer noch verwehrt.
Der starke Einfluss der nationalen Regierungen über den Europäischen Rat, den Rat sowie die Nominierung der Kommissionsmitglieder führe zu einem nicht vertretbaren Demokratiedefizit. Diesem müsse auch durch eine tatsächliche Wiederbelebung des Subsidiaritätsprinzips entgegengetreten werden. Eine Rückbesinnung auf die nationalen Unterschiede und das Prinzip von Einheit in Vielfalt sei dringend geboten. Andererseits fordere er eine stärkere Integration im Sinne einer Gemeinsamen Sicherheits- und Außenpolitik (GSAP) bzw. Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (ESVP).
Eine konkrete Reformagenda benannte Prof. Scholz mit folgenden Punkten:
- Das Europäische Parlament müsse das Gesetzgebungsprimat erhalten und nach dem Prinzip "one man, one vote" vom europäischen Wahlvolk bestimmt werden
- Einer übermäßigen Bevorteilung bevölkerungsreicher Mitgliedstaaten sollte sodann mit einer Umwandlung des Rates in ein förderatives Organ nach dem Vorbild des Bundesrats bzw. des US-amerikanischen Senats entgegengewirkt werden: Der erneuerte Rat, in dem jeder einzelne Nationalstaat unabhängig von seiner Größe die gleiche Repräsentation erhält, könne als gleichberechtige zweite Kammer neben dem EU-Parlament fungieren. Die Mitglieder könnten durchaus Mitglieder der nationalen Regierungen sein, sollten aber unbedingt durch eine separate nationale Wahl bestimmt werden.
- Die Europäische Kommission solle als Pendant nationaler Regierungen verstanden und dementsprechend uneigneschränkt durch das Europäische Parlament besetzt und kontrolliert werden.
- Zuletzt sei es wünschenswert eine Personalunion von EU- und Kommissionspräsidentschaft anzustreben. Der Amtsinhaber sollte in einer europaweiten Wahl bestimmt werden.
Im Anschluss an die Gastvorlesung organiserte das Auslandsbüro Japan in Zusammenarbeit mit Prof. Dr. Masahisa Deguchi ein Expertengespräch zwischen Prof. Scholz und einer Gruppe renommierter Rechtswissenschaftler der Ritsumeikan Universtität sowie dem Präsidenten der Vereinigung für Völkerrecht in Japan, Prof. Kimio Yakushiji, zum Thema Verfassungsgerichtsbarkeit zwischen Verfassungsrecht und Politik.