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Expert conference

„Der gesetzgeberische und institutionelle Rahmen für ein unabhängiges Gerichtswesen in Serbien“

Fachgespräch:

Die Fakultät der Rechtswissenschaften der Universität und die Konrad Adenauer Stiftung, beide in Belgrad, organisierten am 29. Mai 2009 das Rundtischgespräch mit dem

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Details

Titel „Der gesetzgeberische und institutionelle Rahmen für ein unabhängiges Gerichtswesen in Serbien“.

Das Ziel dieses Rundtischgesprächs war, eine öffentliche Fachdebatte über die Unabhängigkeit des serbischen Gerichtswesens und die Voraussetzungen für eine richterliche Unabhängigkeit. Experten, Professoren und Richter aus Nis, Belgrad und Novi Sad diskutierten über bestehende rechtliche Lösungen sowie über die rechtlich-politische Realität, in der das heutige serbische Gerichtswesen funktioniert. Es wurden dabei auch vergleichende Erfahrungen und Analysen des Gerichtswesens in Serbien und Deutschland dargestellt. Die Schlussfolgerungen aus dem Fachgespräch werden zusammen mit den Vorträgen der Referenten als Nachschlagewerk für Fachleute, Jurastudenten und politisch Interessierte veröffentlicht.

Seit nunmehr fast neun Jahren befindet sich die serbische Gesellschaft im Prozess der Etablierung des europäischen Wertesystems. Oft fallen Worte wie Demokratie, Rechtsstaat, Freiheit etc., doch ihre Verwirklichung in Serbien ist fraglich. Wie der letzte Fortführungsbericht der Europäischen Kommission vom November 2008 zeigt, wurden bei der Justizreform in Serbien nur mangelhafte Fortschritte erzielt (siehe „Serbia 2008 Progress Report“ der Europäischen Kommission:

http://www.europa.rs/upload/documents/key_documents/2008/serbia_progress_report_en%202008.pdf

Um eine fachliche Debatte zu den aktuellen Fehlentwicklungen im Gerichtswesen und den Möglichkeiten zu deren Überwindung anzuregen, veranstaltete die Konrad Adenauer Stiftung Belgrad zusammen mit der Fakultät der Rechtswissenschaften in Nis dieses eintägige Fachgespräch und lud hierzu Experten, Juraprofessoren, Richter sowie Rechtsexperten aus Deutschland ein. Die für diese Veranstaltung eingesetzten Referenten waren u. a. Die ehemalige Vorsitzende des Obersten Gerichtshofs Serbiens, Frau Vida Petrovic-Skero, sowie Dr. Thomas Meyer, Leiter des GTZ Legal Reform Office in Belgrad, und Prof. Dr. Nevena Petrusic, Dekan der Fakultät der Rechtswissenschaften in Nis. Unter den rund dreißig Teilnehmern befanden sich u. a. die Verfassungsexpertin Frau Prof. Dr. Marijana Pajvancic, ordentliche Juraprofessorin aus Novi Sad, Herr Zoran Krstic, Richter des Landesgerichtes in Nis, einige Anwälte und Studenten der Jurafakultät in Nis. Die Auseinandersetzung mit dieser in der serbischen Öffentlichkeit kaum diskutierten Problematik des unabhängigen Gerichtswesens war für die Medien in Nis ein hoch interessantes Thema, so dass eine ausführliche Berichterstattung vorgenommen wurde.

In ihrer Eröffnungsrede betonte Frau Aleksandra Popovic aus der KAS Belgrad, dass, obwohl sich die serbische Gesellschaft zwei Ziele - Demokratie und Rechtsstaatlichkeit – zum Ziel gesetzt hat, man den Eindruck bekommt, dass das Thema Gerichtswesen vernachlässigt wird – im Bewusstsein der Bürger und Bürgerinnen, in den Medien. Zu Unrecht, denn die judikative Gewalt ist die Voraussetzung für die Rechtsstaatlichkeit. Bei dieser Gelegenheit erwähnte Frau Popovic kurzgefasste Ergebnisse der Umfrage „Demokratieverständnis in Deutschland“

(siehe /c/document_library/get_file?uuid=a1a05cba-c84b-6805-5552-ffd1cb45cd05&groupId=252038

, die die Konrad Adenauer Stiftung anlässlich des 60. Geburtstages des deutschen Grundgesetzes durchführte, darunter auch die, die für serbische Umstände sehr überraschend oder sogar märchenhaft lauten mag. Zum Beispiel, dass 73 Prozent der Deutschen Stolz auf ihre Verfassung sind. Die Verfassung Serbiens müsse auch materiell mit Leben gefüllt sein, so könnte eine Schlussfolgerung sein, denn erst dadurch werden die Voraussetzungen für eine Gewaltenteilung, besonders für eine unabhängige Justiz, erfüllt.

In ihrer Eröffnungsrede wies Frau Vida Petrovic-Skero, ehemalige Präsidentin darauf hin, dass man über unabhängiges Gerichtswesen in Serbien erst sprechen kann, wenn alle drei Gewalten, Judikative, Exekutive und Legislative untereinander und miteinander adäquat organisert und koordiniert sind. Das serbische Gerichtswesen tut sich mit der Politik schwer, weil das Parlament die Richter für den Hohen Richterrat auswählt. In einem breiteren Zusammenhang könnte es bedeuten, dass der Lustrationsprozess in Serbien kaum durchführbar sein wird.

Das Rundtischgespräch bestand aus drei thematischen Einheiten: 1. Voraussetzungen des unabhängigen Gerichtswesens in Serbien; 2. Sicherstellung eines professionellen und qualitativen Gerichtswesens; 3. Effizienzsteigerung der Gerichtswesens. Nach jedem Referat zu den einzelnen Themenbereichen folgten Diskussionen sowie ein Erfahrungs- und Ideenaustausch zwischen Referenten und Teilnehmern.

Alle Beteiligten waren sich einig, dass es keine einfachen und raschen Lösungen für die ernsten Probleme in der Herstellung des unabhängigen Gerichtswesens gibt. Die Ursachen dieses Problems liegen – zusammengefasst – darin, dass der Staat (im Sinne des führenden politischen Establishments) und nicht die staatlichen Einrichtungen das Monopol über alles besitzen, dass Gesetze sehr oft abgändert, nicht aber wenigstens so oft auch umgesetzt werden, dass es keine verfassungsmäßigen Voraussetzungen für ein unabhängiges Gerichtswesen gibt, sowie dass Richter nur über funktionelle und über keine volle Immunität (etwa wie Abgeordnete und Mitglieder des Parlaments) verfügen.

Die Teilnehmer selber fanden dieses Fachgespräch als eine ermutigende Veranstaltung, bei der die seriösen Probleme und Stolpersteine auf dem Weg zum unabhängigen Gerichtswesen in Serbien angesprochen und erläutert wurden. Lokale und regionale Medien haben dieses Fachgespräch mit einer umfangreichen Berichterstattung begleitet.

Da sich die Stellung des unabhängigen Gerichtswesens als Schwachstelle im politischen und rechtlichen System Serbiens erwiesen hat, empfiehlt es sich, dass die KAS Belgrad weiterhin solche Fachgespräche veranstaltet. Eine weitere Aufgabe wäre es auch, den politischen Dialog im Zusammenhang Politik-Gerichtswesen zu fördern und demzufolge zu solchen Debatten auch politische Entscheidungsträger einzuladen, was bereits zu den Hauptaktivitäten der Konrad Adenauer Stiftung gehört.

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Belgrad

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Aleksandra Popović

Aleksandra Popović bild

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Aleksandra.Popovic@kas.de +381 11 4024-163 +381 11 4024-163