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Expert talk

„Orthodoxes Christentum, Nation, Nationalismus“

Zemun

Das vierte Rundtischgespräch im Rahmen des gemeinsamen Projektes des Christlichen Kulturzentrums und der Konrad-Adenauer-Stiftung „Die Kirche in der Welt – die Welt in der Kirche“ fand am 27. September statt.

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Details

Das Thema lautete „Orthodoxes Christentum, Nation, Nationalismus“.

Referent war der Religionswissenschaftler Prof. Dr. Vasilios N. Makrides, Leiter des Lehrstuhls für Orthodoxes Christentum (Fachrichtung Religionswissenschaft) an der Philosophischen Fakultät der Universität Erfurt.

Das gesamte Projekt ist als eine Rei-henveranstaltung unter dem Titel „Die Kirche in der Welt – die Welt in der Kirche“ konzipiert. In diesem Rahmen finden im Laufe des Jahres 2008 fünf Rundtischgespräche statt, jedes zu ei-nem eigenen Thema. Die Teilnehmer werden zu einem oder zwei Themen wissenschaftliche Arbeiten verfassen, die am Ende der fünften Veranstaltung ins Englische übersetzt und veröffentlicht werden.

In den ehemaligen kommunistischen Ländern, die überwiegend orthodox geprägt sind, ist nach der politischen Wende das Verhältnis zwischen dem orthodoxen Christentum einerseits und der Nation anderseits besonders wichtig geworden. Schon seit Mitte der 80er Jahre entwickelte sich die Beziehung zwischen Religion und Politik neu. Neben Russland, Bulgarien, Rumänien und Griechenland ist dieses Thema auch in Serbien für einen breiteren Kreis der Intellektuellen sehr interessant und in Teilen umstritten. Jedes der erwähnten Länder weist dabei seine eigene Besonderheit in diesem Sinne auf. Demgegenüber spielt diese Diskussion in den katholisch oder evangelisch geprägten Ländern heutzutage keine große Rolle. Die Einzelheiten über diese Verhältnisse einerseits und über Ähnlichkeiten und Unterschiede zwischen den einzelnen orthodoxen Ländern andererseits bildeten das Thema des Vortrages von Prof. Makrides.

Prof. Makrides begann seinen Vortrag mit einer Darstellung vom historischen Kontext der Entstehung einer Nation. In diesem Zusammenhang betonte er, dass im Zuge der westlichen Expansion die Nation und der Nationalismus zu einem universellen Phänomen geworden sind, obwohl bestimmte Gemeinden im religiösen und im traditionellen Sinne anders strukturiert waren, wie z. B. die Umma im Falle der Moslems. Die neu entstandenen Gemeinden befanden sich in einem scharfen Gegensatz zu den traditionellen, was letztendlich zu einer antiwestlichen Stimmung führen konnte. Der Meinung von Prof. Makrides nach sieht der Nationalismus in der Nation die bedeutendste Sozialgemeinde, die nach dem homogenen Nationalstaat strebt. Diese Tendenz bekam einen starken Anstoß seitens der Französischen Revolution und der deutschen Romantik-Bewegung. Im Vortrag wurde auch der Universalismus des Christentums im Mittelalter besprochen, das für die serbische Geschichte auch eine wichtige Zeitperiode war.

Prof. Makrides vertrat in diesem Zusammenhang die Meinung, dass die Nationalisierung im orthodoxen Osten sehr früh begonnen hatte, d.h. schon im Byzantinischen Reich, was mit dem Verhältnis von Kirche und Staat im Osten stark verbunden ist. Er erwähnte auch die Rolle der orthodoxen Ortskirchen bei der Entstehung von Nationalstaaten sowohl im 19. als auch im 20. Jahrhundert. In diesem Zusammenhang erwähnte er die Namen der heutigen orthodoxen Ortskirchen, die eigentlich ekklesiologisch nicht korrekt sind: z.B. Griechische Orthodoxe Kirche statt "die orthodoxe Kirche in Griechenland" usw. Die Globalisierung und das Verhältnis der orthodoxen Ortskirchen zur Politik in den ex-kommunistischen Ländern bildeten auch einen wichtigen Themenkreis im Rahmen des Vortrages sowie das Verhältnis zwischen der Nationalisierung und Säkularisierung. Zwei wichtige Bemerkungen im Vortrag, die man als Schlussfolgerungen betrachten könnte, laufen darauf hinaus, dass die orthodoxen Ortskirchen lernen sollten, wie sie den aktuellen Herausforderungen begegnen könnten und sich auf das „Dealing with the past“ vorbereiten müssten.

Die Diskussion nach dem Vortrag war sehr lebendig, da dieses Thema in der serbischen Öffentlichkeit immer aktuell ist. Unter den Teilnehmern waren auch bekannte serbische Religionssoziologen, Politologen und KAS-Stipendiaten, die politisch sehr engagiert sind.

Die Teilnehmer waren mit der Veranstaltung sehr zufrieden, besonders mit der Teilnah-me von Prof. Makrides. Zugleich waren sie aber enttäuscht darüber, dass die Vertreter der Medien nicht anwesend waren und dar-über, dass Journalisten anscheinend kein Interesse an einem solchen Thema haben. Es ist zu hoffen, dass die Veröffentlichung des entsprechenden Sammelbandes es schaffen wird, ein größeres Interesse der Medien zu erwecken.

Das vierte Treffen findet am 1. November zum Thema „Die Rolle der Religion unter den Jugendlichen auf dem Balkan“ statt.

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Venue

Belgrad, Zemun

Contact

Jelena Jablanov Maksimović

Jelena Jablanov Maksimović bild

Project Coordinator

Jablanov.Maksimovic@kas.de +381 11 3285-210 +381 11 3285-329

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