Asset Publisher

Event Reports

Die Glaubwûrdigkeit der Beziehung zwischen Wahrheit und Fiktion

Am 1. Oktober 2015 sprach Professor Michael Braun auf Einladung der Konrad-Adenauer-Stiftung und des Goethe Instituts Washington in seinem Vortrag „Memory Contests: How to Tell Good Stories of 'Bad History' in German Film“ ûber eine besondere Form deutscher Vergangenheitsbewältigung im Spielfilm: das Erzählen fiktiver Geschichten im Rahmen historischer Gegebenheiten.

Asset Publisher

Das Vortragsthema passte zum zeitlichen Kontext, dem 25. Jahrestag der deutschen Wiedervereinigung und dem 70. Jahrestag des Endes des 2. Weltkriegs. Beide Anlässe erinnern an dunkle Kapitel der deutschen Vergangenheit und rufen zur kritischen Auseinandersetzung mit dieser auf. Wie jedoch soll diese Aufarbeitung gestaltete werden – historisch akkurat oder angereichert durch fiktive Elemente?

Professor Braun, der neben seiner Funktion als Leiter des Kulturreferats der Konrad-Adenauer-Stiftung auch zu Themen im Bereich von Literatur, Geschichte, Theater und Film publiziert, konnte sich in seinem Vortrag einem seiner Forschungsschwerpunkte widmen: Erinnerungskultur im Film.

Zur Veranschaulichung seiner Aussagen wählte Braun zwei große Kinoerfolge der letzten Jahre: Quentin Tarantinos Inglorious Bastards und Bryan Singers Operation Walküre - Das Stauffenberg-Attentat. Beide Filme spielen zur Zeit Nazideutschlands und erzählen vom riskanten Unterfangen der Protagonisten, die Naziherrschaft zu sabotieren. Prof. Braun unterstrich dabei die Diskrepanz zwischen Realität und Fiktion mit der Filmemacher gekonnt spielen und experimentieren. Gerade bei Filmen, die sich nah an historische Gegebenheiten orientieren, wird der Zuschauer dazu verleitet, das Gesehene als historisch korrekt wahrzunehmen. Die Grenzen zwischen Realität und Fiktion im Kontext der Vergangenheit sind fließend und deswegen nur schwer trennbar. Durch die gekonnte Analyse filmischer Instrumente und Stilmittel - Kameraeinstellung, Schnitt und Musik – verdeutlichte Professor Braun, anhand von Szenen aus beiden Filmen, wie historische Realität zu erfundener Filmgeschichte wird.

Die Aufarbeitung der Vergangenheit in Literatur, Film und Fernsehen bleibt in Deutschland ein aktuelles Thema, wobei sich der Fokus vom reinen Akzeptieren der Vergangenheit zur Vermittlung dieses ambivalenten Erbes hin verschoben hat. Professor Braun hob hervor, dass vor allem für didaktische Zwecke eine klare Unterscheidung zwischen historischer Dokumentation und fiktivem Historiendrama (memory film) unerlässlich ist. Der Zuschauer muss sich bewusst werden, dass der memory filmrekonstruiert und fiktiv ist. Diese Tatsache verdeutlicht einmal mehr, dass der Verlauf der Geschichte in der Kunst nichts als eine gute Erzählung ist. Deswegen wird in aktuellen Historiendramen dunkle Vergangenheit gerne in Form von guten Geschichten erzählt.

Asset Publisher

comment-portlet

Asset Publisher