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Eckpunkte für eine gelungene Einwanderungs- und Integrationspolitik

Staatsminister a.D. Armin Laschet beschreibt die deutsch-europäischen Erfahrungen in Washington, DC

Beim Terroranschlag auf die Redaktion von Charlie Hebdo wurde Europa jüngst daran erinnert, wie verwundbar sein Modell einer offenen Gesellschaft ist. Gleichzeitig zeigen die Tragödien auf den Flüchtlingsbooten im Mittelmeer, dass Europa seine Politik gegenüber Flüchtlingen ernsthaft überprüfen muss – hin zu mehr Transparenz und Offenheit.

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Der ehemalige Staatsminister für Integration und jetzige Oppositionsführer im NRW-Landtag Armin Laschet nutzte die erste Station seiner neuntägigen USA-Reise, bei einem Expertengespräch der Konrad-Adenauer-Stiftung und des International Republican Institute in Washington DC seine Sicht der Dinge darzulegen und Eckpunkte einer erfolgversprechenden Migrations- und Integrationspolitik zu skizzieren.

Zu Beginn seiner Rede, die der stellvertretende CDU-Bundesvorsitzende vor Experten aus der US-Regierung und Vertretern Washingtoner Think Tanks mit Expertise in Einwanderungs- und Integrationsfragen hielt, ging Armin Laschet auf die Dringlichkeit ein, diese beiden zwar verschiedenen, aber miteinander verwobenen Themen mit einem vernetzten Ansatz anzugehen.

Er erinnerte daran, dass die EU zwar nach den jüngsten Katastrophen im Mittelmeer auf einem Sondergipfel den Einsatz kurzfristiger Hilfsinstrumente wie mehr Geld für Grenzschutzmissionen beschlossen habe. Ein anderes, und schwieriger umzusetzendes Thema sei aber eine umfassende Antwort, wie die Aufnahme von Flüchtlingen langfristig erfolgreich umgesetzt werden könne. Daran arbeitet Laschet gemeinsam mit hochrangigen Vertretern aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft in einer Expertenkommission der Robert-Bosch-Stiftung zur „Neuausrichtung der Flüchtlingspolitik“. Im Weiteren gehe es dabei natürlich auch um die Frage, was der Maßstab für eine gelungene Einwanderungs- und Integrationspolitik sei.

Den Ausgangspunkt und die Grundlage jeder Integrationspolitik sieht Armin Laschet, der sich in seiner Zeit als Bundestags- und Europaabgeordneter schwerpunktmäßig mit außenpolitischen Fragen befasst hatte, in den europäisch-westlichen Werten. Dazu gehörten auch die Presse- und Meinungsfreiheit, die Anlass und Ziel des Anschlags in Paris gewesen seien. Dem Aufruf „Je suis Charlie“ folgten viele Abwandlungen, die allesamt das Spektrum der westlichen Werte aufgezeigt hätten: Respekt vor dem Leben jedes Menschen, Religionsfreiheit, Meinungsfreiheit, staatliches Gewaltmonopol und viele mehr.

Laschet zog in seiner Rede den Vergleich zwischen der Debatte in Deutschland und derjenigen in den USA. Seiner Beobachtung nach hätte die Diskussion in der deutschen Gesellschaft, wie Integration gelingen kann, nach den Pariser Attentaten und im Zuge der Katastrophen im Mittelmeer zusätzliche Dynamik erhalten. In den USA habe das Thema durchgängig auf der politischen Agenda und werde nicht als Nischenthema abgetan. Er verwies auf das mit Migration und Integration immer verbundene Thema der öffentlichen Sicherheit und verwies zur Veranschaulichung auf das Problem der Salafisten und der „foreign fighters“, die zum Beispiel aus Syrien nach Deutschland zurückkehrten. Hier lägen ernst zu nehmende Gefahren, besonders auch in seinem Heimatland Nordrhein-Westfalen. Doch sei klar, dass die Fragen um Migration und Integration weiterreichten und den sozialen Frieden einer offenen Gesellschaft umfassend berührten.

Gerade Nordrhein-Westfalen, seit vielen Jahrzehnten Kohle- und Stahlstandort mit vielen Beschäftigungsmöglichkeiten für zuwandernde Arbeitnehmer aus dem Ausland, sei immer schon mit Migrationsfragen in Berührung gekommen. Heute hätten rund ein Viertel der 18 Millionen Einwohner in Nordrhein-Westfalen einen Migrationshintergrund, was sogar mehr sei als in einem „klassischen“ Einwanderungsland wie den USA.

Deutschland brauche diese Einwanderer, betonte Laschet. Er unterschied bei seinen Ausführungen zwischen drei Gruppen: Erstens die Hochqualifizierten aus dem Ausland, die in Deutschland eine Tätigkeit ausüben wollen; zweitens die Einwanderer aus anderen EU-Mitgliedsstaaten; und drittens Flüchtlinge und Asylsuchende aus Krisen- und Bürgerkriegsländern. Eine alternde Gesellschaft und der Mangel an Facharbeitern lasse es notwendig erscheinen, Einwanderer mit dem richtigen Ausbildungshintergrund und den passenden Fähigkeiten zu integrieren. Mit den Bildungseinrichtungen müsste diskutiert werden, welche Angebote eingerichtet werden sollten, um Zusatzqualifikationen zu ermöglichen. Selbstverständlich seien Kenntnisse der deutschen Sprache Voraussetzung gelungener Integration. „Integration is not only a task for the society, but is also required of the individual immigrant“, betonte Laschet.

Laschet stellte klar, dass es bei Migration und Integration immer auch um die Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandorts Deutschland und Europa ginge. Die Europäische Union habe richtiger Weise erste Schritte eingeleitet und neben anderen das Instrument der „Blue Card“ implementiert, um Hochqualifizierte anzuwerben. Doch stehe die Anfrage danach nicht im Verhältnis zum Andrang über andere Wege der Zuwanderung und zum Bedarf.

Unsicherheit und Angst in der Bevölkerung vor Überfremdung sieht Laschet als eine Herausforderung für die Politik, der sich vor allem die großen Volksparteien stellen müssten. Er verwies darauf, dass westliche Werte auch von Einwanderern aus Nicht-EU-Staaten angenommen würden. Nach Umfragen hätten etwa 90 Prozent der Muslime in Deutschland eine positive Einstellung zu demokratischen Werten. Ein verstärkter interreligiöser Dialog, an dem sich seit einigen Jahren die Konfessionen beteiligen, würde helfen, stehe aber nicht im Fokus der Frage nach Migration und Integration: Vielmehr als auf religiöse Zugehörigkeiten gehe es mit Blick auf gelingende Integration darum, den persönlichen Aufstieg durch Bildung zu ermöglichen. Die Frage der Staatsbürgerschaft stellt sich für Laschet dabei nach wie vor eher am Ende des Prozesses als an seinem Anfang. Hier unterschieden sich die großen Parteien in Deutschland in ihrer Herangehensweise.

In der Diskussion ging Armin Laschet dann auf konkrete Fragen zum deutschen Einwanderungsrecht, zum Meinungsspektrum der politischen Debatte über Asyl und Flucht in Deutschland und zur Notwendigkeit einer stärker vernetzten europäischen Antwort auf die zunehmende Anzahl von Flüchtlingen ein.

Der Aufenthalt in Washington DC bildete den Auftakt einer neuntägigen Reise Laschets durch die USA zu den Themen Freihandelsabkommen, Digitalisierung und die Zukunft des jüdischen Lebens in Europa.

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