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Notas de acontecimientos

„Ein schwieriger Partner“

Kompaktseminar über Chancen und Grenzen der Zusammenarbeit mit der Türkei

Stipendiaten und Türkei-Experten diskutierten in Berlin die aktuelle Lage der deutsch-türkischen Beziehungen.

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Täglich schafft sie es wieder in die Nachrichten und fast jeder Bundesbürger scheint eine Meinung zu ihrem Präsidenten zu haben: die Türkei. In den vergangenen Jahren wurde aus dem Lieblingsziel vieler deutscher Urlauber ein politischer Akteur, der für Deutschland, aber auch Europa ein nicht immer einfacher Partner ist. Deshalb widmete sich jetzt ein Kompaktseminar der Begabtenförderung der Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) für Stipendiatinnen und Stipendiaten dem Land zwischen Europa und Asien: „Die Türkei - ein schwieriger Partner – Wie kann Zusammenarbeit wieder gelingen?“

Keine Vorurteile, bitte

Zu Beginn der intensiven Seminartage forderte Seminarleiter Dr. Marcus Nicolini, man wolle in diesen Tagen vorurteilsfrei gegenüber der Partei des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan miteinander diskutieren und konstruktive Lösungsszenarien in den Fokus rücken – der Appell des Leiters der Journalistenförderung der KAS an eine ideologiefreie Debatte wurde zur ungeschriebenen Überschrift der kommenden Tage.

Vielschichtige Türkei

Die mehrheitlich türkischstämmigen Referenten hatten sich aus ganz Deutschland auf den Weg nach Berlin gemacht. Dr. Colin Dürkop, ehemaliger Auslandsbüroleiter der KAS in der Türkei, begleitete das Seminar über die gesamte Zeit hinweg, und auch viele andere der Vortragenden debattierten nach ihren Panels weiter mit den Stipendiaten. Das Thema birgt Redebedarf. Viele Stipendiaten waren bereits mit einem fundierten Türkei-Wissen angereist, hatten beispielsweise ein Auslandssemester in Istanbul verbracht oder türkische Vorfahren. Dennoch vermochte es jeder Vortrag, ein weiteres Puzzleteil zu ihrem Türkei-Bild zuzusteuern – das Land am Bosporus mit seinen fast 80 Millionen Einwohnern ist vielschichtig und es zu verstehen eine Lebensaufgabe.

Baha Güngör, Journalist und ehemaliger Türkei-Redaktionsleiter der Deutschen Welle in Bonn, berichtete aus seinen Erfahrungen, die sich im Buch „Atatürks wütende Enkel“ niedergeschlagen haben. Dirk Tröndle, Geschäftsführer der Türkischen Gemeinde Hamburg, bemühte sich um eine differenzierte Einordnung der religiösen Strömungen innerhalb der Türkei – vom Religionsverständnis im Laizismus Atatürkscher Prägung über religiöse Orden bis hin zum Verhältnis von Sunniten und Schiiten.

Türken und Deutschtürken zwischen Integration, Identitätssuche und türkischer Einflussnahme

Da die Türkei durch drei Millionen türkeistämmige Bürger in Deutschland auch mit der deutschen Bevölkerung fest verwoben ist, widmete sich ein Block des Seminars auch der Lage in Deutschland: „Türken und Deutschtürken zwischen Integration, Identitätssuche und türkischer Einflussnahme“. Dr. Ahmet Ünalan von der Universität Duisburg-Essen, ehemals selbst Stipendiat der KAS, präsentierte eine soziologische Verortung der deutsch-türkischen Identität und überlegte gemeinsam mit den Stipendiaten, wie eine „Mehridentität“ entstehen könne.

Neben einer religiösen, geschichtlichen und soziologischen Einordnung der Türkei thematisierte das Seminar auch den Umgang mit der Türkei in politischer und wirtschaftlicher Hinsicht. Wie soll die EU mit dem Land umgehen, wie pflegt man die deutschen Beziehungen zu Ankara und wofür braucht Europa die Regionalmacht Türkei im internationalen Kontext auch in sicherheitspolitischen Zusammenhängen? Diese Fragen diskutierte die Seminarrunde unter anderem mit Dr. Günter Seufert von der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP), dem Unternehmensgeschäftsführer Oktay Erciyaz und Suat Bakir von der Deutsch-Türkischen Wirtschaftsvereinigung sowie mit dem Türkeiberichterstatter der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Dr. Andreas Nick MdB (CDU).

Köpfe durcheinander denken

Referent Dr. Hüseyin Bağcı, renommierter Professor für internationale Beziehungen an der Technischen Universität Ankara und während seiner Studienzeit in Deutschland selbst KAS-Stipendiat, war zur Diskussion aus der Türkei angereist. Als türkischer Wissenschaftler mahnte er, man müsse „die Köpfe durcheinander denken“ und das Land sowohl aus der Vogelperspektive betrachten, aber eben auch „aus dem Aquarium der Türkei heraus“. Genau das tat er in seinem Vortrag, in welchem er auch immer wieder vor allem die türkische Perspektive auf den EU-Beitrittsprozess durchblitzen ließ: „Europa ist ein Bündel von Ideen, daher müssen wir uns die wichtige Frage stellen: Welches Europa denken wir und welches Europa stellen sich die Türken vor?“ Die Türkei sei eine „demokratische Gesellschaft mit Schwierigkeiten“, so Bağcı.

Aus dem Blickwinkel geopolitischer Sicherheitsüberlegungen plädierte der deutsche Brigadegeneral a.D. Armin Staigis für pragmatische Lösungen im Umgang mit der Türkei und dafür, keine Brücken zur Türkei abzubrechen. Es müsse verhindert werden, dass sich die sog. „Euroasianisten“, die den Blick Richtung China und Russland richteten, durchsetzten und die Türkei nach Peking und Moskau abdrifte. Gleichzeitig müsse die Zivilgesellschaft in der Türkei gestärkt werden.

Die Frage unterschiedlicher türkischer und europäischer Werte wurde vor allem aufgeworfen, als Baha Güngör sowie Arif Şentürk vom deutsch-türkischen Online-Magazin „Almanya Bülteni“ über die Lage der Journalisten in der Türkei und über den türkischen Journalismus in Deutschland referierten. Baha Güngör brachte sein Journalismusverständnis mit einem Statement aus seinem eigenen Berufsleben auf den Punkt: „Wir sind doch nicht dafür da, den Staat zu unterstützen – der Staat soll uns unterstützen!“

Mit den Referenten aus Deutschland und der Türkei brachte das Seminar in drei Tagen eine Vielzahl von Perspektiven in den Seminarraum, sodass letztlich vor allem eines deutlich wurde: Das Land am Bosporus ist so vielschichtig wie die Sichtweisen seiner Betrachter.

Konstanze Nastarowitz ist Stipendiatin der Journalistischen Nachwuchsförderung (JONA) der Konrad-Adenauer-Stiftung

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erscheinungsort

Berlin Deutschland