Schmölders, Günter
Schmölders, Günter
geb. am 29.09.1903, gest. am 07.11.1991
Die Skepsis gegenüber dem Staat als „wohlwollendem Diktator“, der als Figur große Teile der modernen Volkswirtschaftslehre durchzieht und sie viel vom Marktversagen und weniger vom Staatsversagen sprechen lässt, saß bei Schmölders tief. Er hatte im Zweiten Weltkrieg dem Kreisauer Kreis und den Männern des 20. Juli 1944 (Attentat auf Adolf Hitler) nahegestanden.
Nach dem Krieg gehörte er der Aktionsgemeinschaft Soziale Marktwirtschaft an und war aktives Mitglied der Mont-Pèlerin-Society, einer internationalen Gemeinschaft liberaler Ökonomen. So sah er es denn auch als zutreffende Beschreibung an, dass der Verfasser ihn in einer Ansprache zum 85. Geburtstag als „einen in der Wolle gefärbten Liberalen“ kennzeichnete.
Schmölders betrieb eine lebensnahe
Wirtschaftswissenschaft mit den
Schwerpunkten öffentliche Finanzen
und „das Geld“. Er entwickelte keine
mathematischen Modelle, sondern
die empirische „sozialökonomische
Verhaltensforschung“, auf Basis soziologischer
und sozialpsychologischer
Methoden. Titel wie „Das Irrationale
in der öffentlichen Finanzwirtschaft“
(Hamburg 1960) und „Finanz- und
Steuerpsychologie“ (Hamburg
1970) erarbeiteten entsprechende Ergebnisse
für die Finanzwissenschaft
(als Lehre von der öffentlichen Finanzwirtschaft)
und gingen in die finanzwissenschaftlichen
Hauptwerke
ein: „Finanzpolitik“ (3. Aufl., Berlin,
Heidelberg, New York 1970) und
„Allgemeine Steuerlehre“ (5. Aufl.,
Berlin 1980, diese Auflage zusammen
mit K.-H. Hansmeyer). Mit den gleichen
Methoden ging er Fragen des
Geldes an. Dementsprechend waren
„Psychologie des Geldes“ (Reinbek
bei Hamburg 1966) und „Gutes und
schlechtes Geld“ (Frankfurt/ M. 1968)
Vorarbeiten zu seiner „Geldpolitik“
(2., Aufl. Tübingen, Zürich 1968).
Heute würde man Schmölders in
die Nähe der Neuen Institutionenökonomik
und Public-Choice-Schule
rücken, weil er – für seine Zeit ungewöhnlich
früh – auch die Eigeninteressen
der Beteiligten einbezog („Die
Politiker und die Währung“, Frankfurt/
M. 1959) und den Einfluss der
Parteien und Verbände auf die politische
Willensbildung und damit die
Wirtschaftspolitik berücksichtigte.
Wissenschaftlicher und beruflicher Werdegang
Promotion und Habilitation in Berlin, 1934 Professur in Breslau (Nachfolger von Karl Bräuer), 1940 bis zur Emeritierung 1971 Professur in Köln (Lehrstuhl von Erwin von Beckerath) mit dem von Fritz Karl Mann 1927 gegründeten Finanzwissenschaftlichen Forschungsinstitut, 1965/ 66 Rektor, Ehrendoktor Innsbruck und Gent. Seit Gründung 1950 bis 1975 Mitglied des Wissenschaftlichen Beirats beim Bundesministerium der Finanzen. Seit 1959 ordentliches Mitglied der Akademie der Wissenschaften und der Literatur in Mainz. 1969 Großes Bundesverdienstkreuz. 2003 Symposium im Wissenschaftszentrum Berlin zum 100. Geburtstag.
Literaturhinweise:
- SCHMÖLDERS, G. (1988), Gut durchgekommen? Lebenserinnerungen, Berlin;
- KIRSCH, G. (1993), In memoriam Günter Schmölders. Gedenkrede, Kölner Universitätsreden, Heft 73, Köln;
- ZIMMERMANN, H. (1998), Schmölders, Günter, in: Killy, W./ Vierhaus, R. (Hrsg.), Deutsche Biographische Enzyklopädie, Bd. 9, München, S. 38.