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Présentations & compte-rendus

Kultur, Identität und Entwicklung

Bassari-Studenten organisieren 48 Stunden Reflexion und Aktion

„Loin de la terre Bassari, on n’a rien oublié.“ (dt.: Auch weit weg vom Bassariland haben wir nichts vergessen.) kommentiert Kaly Samuel Boubane, Vizepräsident der Nationalen Vereinigung der Bassari-Schüler- und Studenten (ANEEB), als eine Gruppe junger Bassari-Studenten in einem Konferenzraum der Universität Dakar einen der traditionellen Tänze der Bassari darbietet. Dieser Satz fasst wohl ganz gut zusammen, worum es im Großen und Ganzen ging an den beiden Kulturtagen, zu denen ANEEB und die Konrad-Adenauer-Stiftung Freunde und Interessierte eingeladen hatten. Ein Bericht von Eva Ommert

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Kultur, Identität und Entwicklung

Bassari-Studenten organisieren 48 Stunden Reflexion und Aktion

Ein Bericht von Eva Ommert

„Loin de la terre Bassari, on n’a rien oublié.“ (dt.: Auch weit weg vom Bassariland haben wir nichts vergessen.) kommentiert Kaly Samuel Boubane, Vizepräsident der Association Nationale des Elèves et Etudiants Bassari (ANEEB, Nationale Vereinigung der Bassari-Schüler- und Studenten), als eine Gruppe junger Bassari-Studenten in einem Konferenzraum der Universität Dakar einen der traditionellen Tänze der Bassari darbietet. Dieser Satz fasst wohl ganz gut zusammen, worum es im Großen und Ganzen ging an den beiden Kulturtagen, zu denen ANEEB und die Konrad-Adenauer-Stiftung Freunde und Interessierte eingeladen hatten.

Wie der Titel der Veranstaltung schon sagt („Verwurzelung und Zeugnis zur Erhaltung der Bassari-Kultur“) sollte zum einen über Möglichkeiten des Erhalts dieser Kultur diskutiert werden. Zum anderen sollten aber auch das Dasein und Schwierigkeiten der Bassari, die außerhalb ihrer Heimatregion leben, sowie Kernprobleme dieser Region, die sich im Südosten des Senegals befindet, thematisiert werden.

Diese Veranstaltung greift damit eine Prob-lematik auf, die sicherlich für viele Men-schen im Senegal, in Afrika im Allgemeinen und im Grunde weltweit eine gelebte Realität darstellt. Im Zuge der sogenannten Urbanisierung wandern viele Menschen nicht nur einfach vom Land ab in die Stadt, sondern auch in gewisser Weise von einer Kultur in eine andere. In der Stadt treffen sie dabei auf eine Lebensweise, die zum einen von der westlichen stark beeinflusst ist, die zum anderen jedoch auch durch ein Zusammentreffen der diversen Kulturen des Senegals charakterisiert ist, wobei der Einfluss der zahlenmäßig größten Ethnie, der Wolof, mit Sicherheit dominant ist. In der Gesellschaft ihrer Eltern aufgewachsen und zu einem gewissen Grade sozialisiert, sind sie nun mit Elementen anderer Kulturen konfrontiert.

Dabei lassen sie natürlich weder die eine kulturelle Identität gänzlich hinter sich, noch bleiben sie vollkommen unbeeinflusst von der anderen. Sie besitzen nun schlicht-weg mehrere Identitäten und so tragen zum Prozess der Bildung einer senegalesischen Kultur bzw. Identität bei. Dabei stellt sich nun jedoch die Frage, in welchem Maße Elemente der lokalen Kulturen in der Reali-tät tatsächlich einfließen. Dies führt schließ-lich zu der nicht unbegründeten Befürchtung vieler Menschen, ihre kulturellen Wurzeln möglicherweise mit der Zeit zu verlieren.

Unter anderem aus diesem Grund wurde die ANEEB 2005 von anfänglich 10 Studenten gegründet, heute zählt sie mehr als 200 Mitglieder. Zu ihren Zielen und Aktivitäten gehört der Empfang und Unterstützung neuer Schulabsolventen an der Universität, die Organisation von Ferienkursen, die wirt-schaftliche Entwicklung des Bassarilandes, die Förderung intellektueller Bassari und eben der Erhalt der Bassarikultur.

Die Kulturtage der ANEEB boten ihren Mit-gliedern und anderen Interessierten die Möglichkeit, die eingangs genannten The-men zu diskutieren, Erfahrungen und Mei-nungen auszutauschen sowie gemeinsam über die Rolle und Möglichkeiten der ANEEB zu reflektieren.

So wurde über Probleme der Anerkennung der Bassari seitens ihrer Mitbürger berichtet. Die Existenz dieser Ethnie sei vielen Senegalesen nicht bekannt, was häufig zu Diskriminierungen der Bassari führt, wenn es z.B. um die Ausstellung von Papieren geht. Da die Namen ungewöhnlich sind werden sie für Ausländer gehalten. Für viele Bassari ist dies eine frustrierende Erfahrung, teilen sie doch eine senegalesische Identität und sind patriotisch. Auch kam es während der vergangenen Wahlen zu erheblichen Problemen – viele Bassari in den ländlichen Regionen sind nicht registriert und stehen somit auch nicht auf den Wahllisten.

In diesem Zusammenhang wurde gemein-sam überlegt, wie das friedliche Zusammenleben der verschiedenen Ethnien, welches im Senegal ja vergleichsweise gut funktioniert, noch verbessert werden kann und welchen Beitrag die Kultur der Bassari zur Bildung der nationalen Identität leisten kann und soll. So wurde z.B. festgestellt, dass die auf nationaler politischer Ebene viel debattierte Gendergleichheit in der Bassarikultur seit langem fest verankert und gelebte Rea-lität ist. Als Lösung für diesen Mangel an Anerkennung wurde ein vermehrtes Enga-gement der Bassari in Politik und Zivilgesellschaft gefordert.

Immer wieder wurde der Bezug zu den kulturellen Wurzeln der jungen Bassari, die in Dakar leben, diskutiert. Insbesondere jene, die in der Hauptstadt geboren sind, sprechen häufig nicht oder nur sehr wenig die Sprache der Bassari (Oniyan), die anderen praktizieren sie nur selten. Auch die Traditionen und Bräuche der Kultur sind vielen nur noch wenig vertraut. Selbstverständlich spielt hierbei auch die geographische Distanz zum Land der Bassari, welches sich rund 700 km entfernt von der Hauptstadt befindet, eine nicht zu vernachlässigende Rolle. Es wurde sich gefragt, wie die kulturellen Traditionen möglicherweise an die Lebensrealitäten der jungen Bassari angepasst, wie sie „mit der Moderne kompatibel gemacht werden könnten“, wie Nestor Bianquinch, Vorsitzender der ANEEB, treffend formuliert. Jedoch sind die Antworten auf diese komplexe Frage nicht leicht zu finden und es wurde an jeden Einzelnen appelliert, sich darüber Gedanken zu machen und einen Beitrag zu leisten. Als Beispiel sei hier der Vorschlag gegeben, den Zeitpunkt für die Initiationsriten so zu wählen, dass er mit den Stundenplänen in Universität und Schule in Dakar in Einklang zu bringen ist.

Vor kurzem wurde die Kultur der Bassari zudem von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt. Dabei scheint diese Kultur dank ihrer Originalität ironischer Weise über die Landesgrenzen hinaus bekannter zu sein, als bei manchem Mitbürger. Mit dieser Ernennung werden in der Zukunft vermutlich viele Veränderungen einhergehen. Die Regi-on wird wohl einen deutlichen Anstieg des Tourismus, der bisher nur wenig ausgeprägt ist, erleben. Dies könnte eine Möglichkeit sein, die wirtschaftliche Entwicklung dieser Region, die oftmals als von der Regierung vernachlässigt bezeichnet wird, voranzutrei-ben. Wie der Direktor des Institut Fondamental d’Afrique Noire (IFAN), Amadou Bocoum, berichtete, wird bereits an dem Bau von Unterkünften und Museen gearbeitet. Diese Öffnung der Region sollte jedoch behutsam betrieben werden, denn der Tourismus kann auch durchaus negative Auswirkungen auf den Fortbestand der Kultur haben.

Insgesamt wurden die Diskussionen von ständigen Appellen begleitet, sowohl seitens der Studenten selbst als auch der anderen Teilnehmer, sich den Wert ihrer Kultur bewusst zu machen sowie sich für ihren Erhalt einzusetzen. Wie könnte dies praktisch aussehen? „Geht zu Euren Eltern und Großeltern, schreibt deren Erzählungen und Mythen auf!“, fordert Ute Bocandé von der KAS. Außerdem sollten die Jungen an den Riten im Bassariland teilnehmen und vor allen Dingen ihre Sprache vermehrt sprechen und pflegen. Nicht zuletzt wurde von den aktiven Mitgliedern der ANEEB auch ein stärkeres Engagement von allen in der gemeinsamen Vereinigung verlangt. Man ist sich darüber einig, bereits viel erreicht zu haben, sich jedoch nicht auf diesen Lorbeeren auszuruhen zu wollen und weiter an der Umsetzung der Ziele zu arbeiten.

Letztendlich liegt es tatsächlich in den Händen der Jungen, ob und in welcher Art und Weise die Kultur ihrer Vorfahren in der Zukunft fortbestehen wird und man kann nur hoffen, dass sich möglichst viele von ihnen dafür einsetzen werden. Die Konrad-Adenauer-Stiftung wird auch weiterhin ANEEB als Partner aktiv unterstützen und so hoffentlich einen Beitrag zu dem Erhalt der Bassarikultur leisten.

Vielleicht kann es gemeinsam gelingen, die weite Distanz zum Bassariland zumindest gefühlt etwas kleiner zu machen.

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